Lichtspiele: Fast verpasst

«Searching for Sugar Man» erzählt, wie man ein Star wird, ohne davon zu wissen.

Ich bin ein Star, nur weiss ichs nicht: Sixto Rodriguez. (Bild: © Cineworks)

«Searching for Sugar Man» erzählt, wie man ein Star wird, ohne davon zu wissen.

Selbst die Namen von Chart-Musikern, von denen wir keine einzige Melodie summen können, noch auch nur eine einzige ihrer Zeilen sagen wollen, entgehen uns selten. Doch dann taucht einer auf, der ist sogar sich selbst fast entgangen. Nur durch eine Schwarzpressung (!) ist er ausgerechnet im Südafrika der Apartheid zum Mega­star der jungen weissen Opposition geworden – 1971. Wer kennt ihn heute?

Es ist eine Geschichte so recht für die ­Weihnachtstage: Wer sie erfinden wollte, könnte sich in die Reihe der grossen Musikfilme über Kultstars reihen. Doch die Geschichte von Sixto Rodriguez musste sich keiner einfallen lassen. Die Wirklichkeit steuerte die Legenden um einen der Grossen höchstpersönlich bei. Diese Geschichte handelt nicht von einem gloriosen Aufstieg. Sondern davon, wie einer in den 1970er-Jahren zum Megastar wird und selber nichts davon weiss. Er lebt statt­dessen – irgendwo am Rande einer US-Industriestadt – als Bauarbeiter ein ein­faches Leben, während ihn in Südafrika Millionen kennen und verehren. Da ihn dort nie jemand live gesehen hat, hält sich in Kapstadt das Gerücht, er habe sich bei einem seiner Konzertflops vor dem Pub­likum erschossen, so hartnäckig, dass ­keiner seiner Fans weiter danach fragt.

Wie ein Krimi

Vierzig Jahre dauerte es, ehe jemand das Geheimnis lüften wollte. Der schwe­dische Dokumentarist Malik Bendjelloul hat es getan und legt uns diese Ungeheuerlichkeit vor. Spannend wie ein Krimi. Selten durften wir einem derart uneitlen Künstler auf die Spur kommen wie in ­«Searching for Sugar Man». Bendjelloul lässt uns einen Künstler entdecken, den die Millionenindustrie nie vereinnahmen konnte, und gewährt ganz nebenbei Einblick in ein Stück südafrikanischer Geschichte.

Doch seien Sie gewarnt: Gehen Sie ins Kino, wenn die Plattenläden offen sind. Sie werden nach dem Film unweigerlich das Bedürfnis verspüren, eine CD zu kaufen. Oder wenigstens sollten Sie sich schon einmal auf einen Download vorbereiten.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 21.12.12

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