Bei Kaya Yanars Komödie «Agent Ranjid» hat man viel Zeit, um über Humor nachzudenken.
Die Welt muss gerettet werden. So denkt heute jedes Kind. Normalerweise geht dieser Auftrag an die fähigsten Agenten. Doch diesmal ist keiner da. Da bleibt dem türkischen Geheimdienst nichts anderes, als den Job der (k)indischen Putzkraft anzudrehen. Der hat eigentlich Gescheiteres zu tun. Seine Kuh hat nämlich Verdauungsbeschwerden und furzt sehr ausführlich. Wer nun denkt, das kann ja heiter werden, hat recht. Das hält man über eine Stunde lang nur mit viel Humor aus. Den hat zwar Kaya Yanar auch. Bloss, welchen?
Humor zielt darauf ab, die Kontrollfunktionen im Denken auszuschalten, damit wir befreit lachen können. Lachen wirkt deshalb so entpflichtend, weil das Hirn hierfür kurz aussetzt (bei manchen setzt es allerdings umso schmerzhafter wieder mit Denken ein). Je nach Alter nennt man das Lernprozess oder auch Verblödung.
Dies sollte man im Auge behalten, wenn man Kaya Yanar («Was guckst du?!») zuschaut und – anstatt ins Lachen – ins Denken kommt. Immerhin findet man dann Zeit, sich folgende Fragen zu stellen: In welchem Alter habe ich
a) mich von Menschen, die über solche Witze lachen, angezogen gefühlt?
b) über solche Witze herzlich gelacht?
c) sie freudig selber erzählt?
d) mich beim Lachen bereits geschämt?
e) mich verdrückt, wenn jemand solche Witze gemacht hat?
f) solche Witze doof gefunden, ohne es zu äussern?
g) mir das Lachen darüber verboten?
Wenn Sie Agent Ranjid mit Ihrem siebenjährigen Kind besuchen wollen, müssen Sie sich keine Sorgen machen: Es wird sich wohl von a) bis d) gut unterhalten. Allerdings wird Ihr Kind während des Films 83 Minuten älter. Seien Sie also auf der Hut. Es kann sein, dass es am Ende schon zu alt ist, um noch kindisch sein zu wollen. Wenn nicht, macht es auch nichts: Manche Kinder wollen ohnehin nie erwachsen werden – genauso wie manche Erwachsene: Die kann Agent Ranjid retten.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 16.11.12