Lichtspiele: Surrealismus-Remix

«Wrong» ist ein absolut schräger Film. Weil man ihn gerne zwei Mal sieht, bieten wir: eine Freikarte!

Immer ein bisschen skurril: Das Leben von Dolph Springer (Jack Plotnick). (Bild: © Praesens Film AG)

«Wrong» ist ein absolut schräger Film. Weil man ihn gerne zwei Mal sieht, bieten wir: eine Freikarte!

Als Musiker Oizo ist Quentin Dupieux ein Hasardeur. Er drückt die Random-Taste und legt los. Ähnlich geht er beim Filmen vor. In «Rubber» liess er die Polizei einen Killer-Pneu suchen. Kein Wunder, schlug der Killer-Pneu zurück. In «Wrong» lässt nun Dupieux einen Mann mit seinem gekidnappten Hund telepathieren. Das klingt wieder nach einem surrealen Plot. Bei Dupieux’ Filmen folgen wir aber immer auch dem Zufall. Er liebt das Verwirrspiel. Das macht ihn zu einem der derzeit aussergewöhnlichsten Filmer.

Ein verdammt realistischer Traum?

Punkt 7.60 Uhr beginnt Dolph Springers Tag. Ausser, dass die Zeit seltsam anmutet, ist alles wie sonst. Gut, der Hund ist weg. Klar, der Nachbar ist irgendwie schräg drauf. Oha, im Büro herrscht Platzregen! Spätestens als die Arbeitskollegen Dolph darauf hinweisen, dass er seit drei Monaten entlassen ist und eigentlich nicht mehr in dem verregneten Büro sitzen müsste,  haben wir begriffen – aber was? Ist das Dolphs Traum? Wenn es ein Traum ist, dann ein verdammt realistischer. Dolphs Gärtner findet in Dolphs Pizza einen Zettel der Pizza-Dienst-Telefonistin, die dem Empfänger ein amoureuses Date vorschlägt, geht hin, macht mit ihr ein Kind (welches Dolph bald als der verlorene Hund angeboten wird?).

Ein Film wie ein Gemälde von Dalí

Dupieux spielt mit Hinweisen. Er spiegelt die Schlüsse. Als der Gärtner am Ende rückwärts an den Strand läuft und das Kind ihm den Flaschenhals reicht, mit der die Mutter umgebracht wird, scheint auch das wahr­schein­lich: Dolphs Frau hat ihn mit dem Gärtner betrogen, worauf er erst sie umbringt und dann ihn. Dupieux ist immer schräg, immer hochpräzise und selten fassbar. Wie ein Gemälde von Dalí zeigt er Wirklichkeit so lange tiefen­scharf, bis wir in eine höhere Wirklichkeit gleiten.

Mir hat selten ein Film so gefallen wie dieser. Und doch will ich Ihnen nicht sagen, warum. Noch, was ich für eine Geschichte darin sehe. Lieber wäre mir, Sie erzählen die Geschichte, die Sie darin sehen. Ich mache eine Wette, dass hier nicht zwei Menschen den gleichen Film sehen werden wie ich. Machen wir den Versuch! Wenn Sie den Film ein zweites Mal sehen wollen, erhalten Sie an der Kasse der Kult-Kinos eine Freikarte. Gegen Vorweisen Ihrer Geschichte. Also: Schreiben Sie online als Kommentar zu diesem Artikel Ihre Version in ein paar Sätzen auf. Ausdrucken – und dann: auf ein zweites Mal!

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 21.09.12

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