Lichtspiele: Tipp, tipp, hurra!

In «Populaire» brütet ein ehrgeiziger Stadthahn ein verschrecktes Landei aus.

Zuckersüsse Emanzipation: Rose an der Schreibmaschine. (Bild: © JMH Productions)

In «Populaire» brütet ein ehrgeiziger Stadthahn ein verschrecktes Landei aus.

Rose will weg vom dörflichen Herd in die – Stadt. Dort locken am Ende der Fünfzigerjahre die Stellen. Als Tippmamsell. Rose verlässt den Spezereienladen ihres Vaters und stürzt sich in den Wettbewerb der städtischen Fräuleins. Sie schafft es, eine Stelle zu kriegen. Als Rose im Cabinet von Louis Echard antritt, ahnt sie nicht, was ihr bevorsteht. Nur die Besten setzen sich im Modeberuf durch.

Louis, ihr Chef, ist ein spröder Mann, der tut, was Männer halt am Besten können: der Beste sein wollen. Als Ewigzweiter nimmt nun Louis das Frauenschicksal der Rose in die Hand und will aus ihr die Beste machen. Im Schnelltippen. Er trainiert sie. Er fordert sie. Er fördert sie. Und liefert ein unzimperliches Emanzipationsmodell.

Kitschiges Zeitbild

Mit charmanter Ironie präsentiert Régis Roinsard in «Populaire» seinen Kino­erstling. Ihm gelingt gleich auf Anhieb ein durchgestylt kitschiges Zeitbild des Schreibmaschinenzeitalters. Entlang einer verschämten Liebesgeschichte sammelt er die Indizien für einen Aufbruch und schafft gleichzeitig den Ausblick auf die damals bevorstehende Emanzipation. Roin­sard liefert nicht nur farblich abgestimmten Zeitgeist, sondern auch liebevolle Verweise auf heute.

Dass ihm dabei ein exzellentes Schauspielerinnen-Ensemble und mit Guillaume Schiffmann («The Artist») auch einer der renommiertesten Kameramänner Frankreichs zur Seite stand, ist ein Zeichen für die Stärke der französischen Filmindustrie. Roinsard und sein Team schenken den Frankophilen eine naiv-romantische Liebesgeschichte, die sich leicht unbeholfen bei Vorgängerinnen wie «Amélie de Montmartre» einreihen kann.

Wer immer das vertraute Klappern einer «Hermes Baby» vermisst, hat Gelegenheit, hier einiges nachzuholen. Selbst das Gefühl, man müsse wieder mal das Farbband wechseln, setzt wohltuend ein, ehe man sich an den Look der Fünfzigerjahre-Farben gewöhnt hat.

  • Der Film läuft u.a. in Basel im Eldorado.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 10.05.13

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