«L’Origine du monde» kommt in die Fondation Beyeler

Mit einer Ausstellung von Werken des weniger bekannten Symbolisten Odilon Redon startet die Fondation Beyeler in ein Jahr, das mit schillernden Namen (Gerhard Richter) und einer der Ikonen der frühen Moderne («L’Origine du monde» von Gustave Courbet) wohl für neue Publikumsrekorde sorgen dürfte.

Eine Ikone der frühen Moderne: «L'Origine du monde» von Gustave Courbet

Mit einer Ausstellung von Werken des weniger bekannten Symbolisten Odilon Redon startet die Fondation Beyeler in ein Jahr, das mit schillernden Namen (Gerhard Richter) und einer der Ikonen der frühen Moderne («L’Origine du monde» von Gustave Courbet) wohl für neue Publikumsrekorde sorgen dürfte.

Jawohl, es kommt: Gustave Courbets 46 mal 55 Zentimeter kleines Meisterwerk mit dem schönen und vieldeutigen Titel «L’Origine du monde» («Der Ursprung der Welt»). Dies alleine ist als kleine Sensation zu werten, denn das Pariser Musée d’Orsay verleiht dieses Bild, über das so viel geschrieben wurde wie über fast kein anderes Werk, eigentlich nie. Oder nur in ganz grossen Ausnahmefällen.

Das Bild, das 1866 als Auftragswerk für einen türkischen Diplomaten entstand und erst 1988 erstmals öffentlich ausgestellt wurde, ist eine der grossen Ikonen der frühen Moderne. Und eines der wohl bekanntesten Bilder schlechthin. Denn auch Menschen, denen der Name Courbet wenig oder nichts sagt, auch Leute, die nie ins Museum gehen, kennen den ausgesprochen expliziten Ausschnitt eines nackten weiblichen Torsos mit den unzweideutig geöffneten Schenkeln.

Sorge über den ausufernden Kunstmarkt

Sam Keller, Direktor der Fondation Beyeler, wird diese Eingangszeilen vielleicht nicht gerne lesen. Zumindest, wenn man von seinen Ausführungen über die aktuelle Rezeptionspraxis in der Kunstwelt ausgeht. So gab er sich besorgt über eine Medienwelt, die mehr auf Sensationen und oberflächliche Schlagzeilen aus ist, statt mit qualifizierter Kritik zu punkten. Er sprach überdies die Gefahr an, dass der ausufernde Markt die Kunst zum Unterhaltungsspiel von Millionären degradiere. (Solches aus dem Munde des ehemaligen langjährigen Leiters der Kunstmesse Art zu vernehmen, erscheint nun aber auch etwas seltsam.)

Aber vielleicht freut sich Sam Keller auch ein bisschen. Denn man weist in der Fondation Beyeler ja immer wieder sehr gerne darauf hin, dass das schöne und bedeutende Haus in Riehen das erfolgreichste Kunstmuseum der Schweiz ist. Das war es nach Aussage der Verantwortlichen auch im vergangenen Jahr, obschon die Besucherzahl von 334’500 ein Minus von rund 34’000 gegenüber dem Vorjahr bedeutete. Ein Minus allerdings, das aufgrund des Ausstellungsprogramms budgetiert war, wie der Kaufmännische Direktor James Koch an der Jahresmedienkonferenz sagte.

Ein Jahr mit Blockbuster

Die Prognosen dürften, auch wenn dies nicht gesagt wurde, für dieses Jahr deutlich nach oben geschraubt worden sein. Denn nicht nur Courbet – und hier wollen wir doch noch betonen, dass neben «L’Orgine du monde» ab dem 7. September 2014 noch 50 bis 60 weitere Meisterwerke des bedeutenden Malers zu sehen sein werden – steht noch ein weiterer ausgesprochen anziehender Name auf dem Programm. Der des berühmten zeitgenössischen deutschen Künstlers Gerhard Richter (*1932).

«Als anerkanntermassen wichtigster Künstler der Gegenwart» bezeichnete Sam Keller den Künstler, der vor allem durch seine fotorealistischen Gemälde mit der unverwechselbar verwischten Unschärfe einen hohen Bekanntheitsgrad erlangte. Richter, das wird die Ausstellung vom 18. Mai bis 7. September 2014 zeigen, hat aber auch zahlreiche weitere Ausdrucksformen und Techniken der Gegenwartskunst mit grosser Meisterschaft erprobt und verwirklicht.

Spannende Entdeckungen

Soviel zu den Blockbustern, die wohl für lange Besucherschlangen vor den Toren sorgen werden. Die Fondation Beyeler bleibt aber auch 2014 ihrer Devise treu, neben populären auch weniger bekannte Namen zu präsentieren, also quasi zu Entdeckungsreisen einzuladen.

Dazu gehört der 1959 geborene britische Maler Peter Doig, dem ab 23. November eine Sonderausstellung gewidmet ist. Kurator Ulf Küster pries diesen Künstler, der sich durch figurative Malerei auszeichnet, per Videobotschaft (er absolviert aktuell einen Gastauftritt in Washington) als Künstler an, der auf «höchst progressive Weise konservativ» sei. Zu sehen sein werden grossformatige Gemälde, die oftmals namenlose Landschaften zeigen – Szenerien, die man laut Küster als «Sehnsuchtsbilder», aber auch als unheilvolle Zeichen empfinden kann.

Beginn mit Odilon Redon 

Gespannt darf man auch auf den Gastauftritt von Daros Latinamerica vom 21. Februar bis 27. April 2014 im Untergeschoss der Fondation Beyeler sein. Die Zürcher Stiftung, die seit kurzem ein grosses Kunstzentrum in Rio de Janeiro betreibt, vereinigt eine der international bedeutendsten Sammlungen von Gegenwartskunst aus Lateinamerika. In einer konzentrierter Ausstellung werden unterschiedliche Werke von renommierten Gegenwartskünstlerinnen und -künstlern aus Argentinien, Brasilien, Mexiko, Kolumbien und Kuba zu sehen sein.

Aber das sind – wie auch noch eine weitere kleine Alexander Calder-Schau und das Projekt «14 Rooms» mit lebendigen Skulpturen – alles Zukunftsprojekte. Den Beginn des Ausstellungsjahrs 2014 markiert die Sonderausstellung mit zahlreichen Werken von Odilon Redon (1840-1916). Es ist eine Ausstellung, die trotz einiger düsterer Werke laut Keller ein schönes «Gegenmittel gegen den nass-grau-kalten Winter» ist. Odilon hat in der Kunstgeschichte vor allem als Künstler-Künstler, also als Vorbild für viele wichtige Exponenten der Moderne, einen wichtigen Platz. Die TagesWoche wird am Wochenende mit einer ausführlichen Besprechung näher auf die Ausstellung eingehen.

 

Viele Gratiseintritte
334’508 Besucherinnen und Besucher zählte die Fondation Beyeler 2013, um ganz genau zu sein. Das sind 34’194 weniger als im Jahr zuvor, aber noch immer mehr als alle anderen Kunstmuseen in der Schweiz.
Mit 147’332 war die Ausstellung mit dem Spätwerk von Ferdinand Hodler erwartungsgemäss die erfolgreichste Position. Mit 51’495 vermochte das etwas sperrige Werk von Thomas Schütte um einiges weniger Menschen anzulocken. Die Zahl von 105’290 Besucherinnen und Besucher für die auf einen Raum und ein Werk beschränkte Schau «Maurizio Cattelan. Kaputt», ist mit Vorsicht zu geniessen. Denn die zeitgleiche Ausstellung mit Werken von Max Ernst (108’691 Besucherinnen und Besucher) dürfte das erfolgreichere Zugpferd gewesen sein.
Auffällig ist die mit 45’773 Besucherinnen und Besuchern relativ hohe Zahl an Gratiseintritten. Dies vor dem Hintergrund, dass die Fondation Beyeler laut einem Artikel der «Basler Zeitung» keine Freude an allfälligen Gratiseintritten in die staatlichen Museen hat.
Das liegt sicherlich daran, dass der Anteil der Eintrittsgelder mit 4,4 Millionen Franken an den Gesamteinnahmen vergleichsweise hoch ist. Zum Vergleich: Mit Sponsoring und anderen Zuwendungen wurde 2013 ein Ertrag von 5,1 Millionen Franken generiert, über staatliche Subventionen und Beiträge flossen knapp 3,3 Millionen Franken in die Fondation. Das verbleibende und nicht genannte Defizit wurde durch die Beyeler-Stiftung und die Hansjörg Wyss Foundation getragen.

 

 

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