Mit Futter neue Besucher anlocken

Die Museen in Basel wollen neue Besucher anlocken. Um die Hemmschwelle abzubauen, setzen sie auf einen Urtrieb: den Hunger.

Über den Magen zum Herz: Museen wollen mit kulinarischen Angeboten neues Publikum anlocken. (Bild: Nils Fisch)

Die Museen in Basel wollen neue Besucher anlocken. Um die Hemmschwelle abzubauen, setzen sie auf einen Urtrieb: den Hunger.

Diversifizieren die Museen in Basel und setzen neuerdings auf Kulinarik? Wer die Neuerungsmeldungen der Museen in den vergangenen Wochen beobachtete, kam nicht um den Eindruck herum: Das Historische Museum bietet ein Picknick im Garten des Hauses zum Kirschgarten an, das Antikenmuseum lädt ab sofort zum sonntäglichen Brunch, und das Spielzeug Welten Museum preist neuerdings in Kinospots ihr Take-Away-Angebot über Mittag an.

Was nach einem netten Rahmen für Kulturhungrige klingt, zielt auf mehr als nur neue kulinarische Erfahrungen ab: «Wir wollen neue Publikumskreise erschliessen», sagt Wolfgang Giese, Verwaltungsleiter beim Antikenmuseum. Essen sei dabei nicht nur ein probates, sondern auch ein erprobtes Mittel: «Wir haben gute Erfahrungen mit dem Bistro gemacht, nach dessen Ausbau können wir das Angebot nun erweitern», begründet Giese den Brunch.

Hemmschwelle senken

Über den Magen ans Herz der Besucher zu gelangen – dieses Rezept scheint sich im Kampf um mehr Besucher zu etablieren. Ein Bistro gehört inzwischen zu einem Museum wie eine Ausstellung. Und auch spezielle Kulinarikevents sind schon seit längerem bekannt, wenn man an die Kunstdiners und -frühstücke der Fondation Beyelerdenkt. Das Naturhistorische Museum setzt seit September 2011 mit «After Hours – Chillen im Museum» auf einen Barbetrieb. «Nebst dem Ausstellungsbesuch lädt eine nicht ganz alltägliche Bar, betrieben von der Cargo Bar Basel, zum Verweilen ein», warb das Museum. Neu scheint allerdings der offene Charakter der Angebote: im Vordergrund stehen nicht bereits Kulturinteressierte, sondern die breite, hungrige Masse. 

In der Medienmitteilung des Antikenmuseum wird etwa der schöne Innenhof angepriesen und das Frühstücksbuffet, über die aktuelle Ausstellung kein Wort. Und auch das Historische Museum Basel lobt das Erlebnis eines Picknicks «zwischen blühenden Rosen» im Garten des Hauses zum Kirschgarten – dass es dort aber weit mehr zu sehen gibt, wird gar nicht erwähnt. Man braucht keinen Doktortitel in Kulturvermittlung, um den Gedanken dahinter zu durchschauen: Wer kommt und geniesst, der wird vom Angebot schon überzeugt werden. 

Denn dem Kunst- und Kulturerlebnis steht aus Sicht der Museen vor allem eines im Weg: die Hemmschwelle. Eingefleischte Kunstliebhaber kommen sowieso, unabhängig vom Angebot jenseits der Kultur. Neues – und vor allem jüngeres Publikum – braucht aber offensichtlich einen Reiz. Und wie der Verwaltungsleiter des Antikenmuseums sagt, funktioniert das gerade bei den Leuten um die 40 Jahre gut. «Wir hatten zahlreiche Besucher, die erst das Bistro nutzten, aber später für die Ausstellungen zurückgekommen sind.»

Was in Luxemburg funktioniert, geht auch in Basel

Dass solche kulinarische Angebote zu einem richtigen Hype werden können, hat die Direktorin des Historischen Museums (HMB) bereits in Luxemburg erlebt. Im Interview mit der TagesWoche verriet Marie-Paule Jungblut im vergangenen August das Rezept: Eine Picknickzone im Park des städtischen Kunstmuseums. «Das ist vielleicht nicht unbedingt das richtige Rezept für das Haus zum Kirschgarten, aber es gibt anderes, was man machen könnte», sagte sie damals noch. Inzwischen bietet das HMB selbst Picknicks an – und das mit ordentlichem Erfolg. 

«Alleine am Dienstag haben 15 Personen einen Korb für die Mittagspause bestellt», sagt Natalie Kaden von der Suppenbar «So’up». Noch mehr Besucher könnten das Angebot über den Mittag pro Tag gar nicht in Anspruch nehmen. Die Suppenbar betreibt nicht nur das Bistro in der Barfüsserkirche, sondern stellt auch die Körbe für das HMB zusammen. War der Start wegen des durchzogenen Wetters im Mai noch bescheiden, gingen im Juni bereits zwischen 60 und 65 Körbe weg. «Der Juli ist auch ganz gut, angesichts der Tatsache, dass Ferien sind», sagt Kaden.

Die Museen locken neues Publikum nicht nur zum Selbstzweck an, Basel-Stadt hat zumindest den staatlichen unter ihnen auch den Auftrag dazu gegeben. Im Kulturleitbild steht, dass das «Kulturpublikum von morgen zu sichern» ist. Einerseits durch Kulturvermittlung, andererseits aber auch durch die Öffnung der Museen für die breite Bevölkerung.

Kindergeburtstag im Museum

Diesen Auftrag fast wörtlich zu nehmen, scheint das Historische Museum Basel: Nebst dem Picknick-Angebot lancierte das HMB seit der Leitung von Jungblut auch zwei weitere Happenings für das ganz junge und das digital–affine Publikum.

Seit dem 1. Mai können Kinder ihren Geburtstag im Haus zum Kirschgarten feiern – immer passend zum Motto der aktuellen Ausstellung. Bis Ende August ist noch die Sonderausstellung «Scheich Ibrahims Traum» zu sehen, und das Programm entsprechend geprägt vom Orient: Orientalische Gerüche raten, sich in Turban, Asbe und Gesichtsschleier hüllen oder Arabisch lernen. Dass das die Kinder auf spielerische Art an Geschichte heranführt und Spass macht, kann man sich gut vorstellen. Auch bei der nächsten Ausstellung wird dies sicher der Fall sein: Ab November lautet das Thema der Sonderausstellung in der Barfüsserkirche «Echte Burgen – Falsche Ritter?».

Das digital-affine Publikum lockt das HMB mit Twitter-Events in seine Häuser. Was man sich darunter vorzustellen hat, lässt sich am besten online unter dem Hashtag #tweening mitverfolgen und sogar einbinden, wie das folgende Storify–Dokument des letzten Tweevenings vor der Sommerpause zeigt:

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