Wer schon immer seine Ideen ans Volk bringen wollte, aber nicht wusste wie, der findet vielleicht im Buch «Das Guerillakunst-Kit» eine Antwort. Aber nur vielleicht.
Bücher, auf deren ersten Seite ein Haftungsausschluss steht, sind eher selten. Denn was kann so ein Buch auch ausrichten? Keri Smith jedoch verzichtet nicht darauf: «Weder der Verleger noch ich sind für Handlungen verantwortlich, die aus der Lektüre dieses Buchs resultieren. (Du bist also auf dich allein gestellt.)»
Klingt gefährlich. Wir lesen trotzdem.
Der Titel des Buches lautet «Das Guerillakunst-Kit». Der erste Untertitel: «Alles, was du brauchst, um deine Botschaft in die Welt zu bringen». Der zweite Untertitel: «Zum Spass, Gemeinnutz und zur Weltherrschaft». So weit, so gut. Nach all den Diskussionen, die im Nachgang der Ereignisse während der Art Basel geführt wurden, macht uns das neugierig.
Doch was versteht die Autorin überhaupt unter Guerilla-Kunst? Sie klärt uns gleich selber auf. «Dem Klischee nach ist das Schaffen eines Guerillakünstlers radikal und er befindet sich ständig auf der Flucht vor dem Gesetz. Zum Zwecke dieser Ausführungen möchte ich diesen Begriff gern erweitern und Guerillakunst als jegliche Art von anonymer Kunst (insbesondere Graffiti, Schilder, Performance, Ergänzungen und Dekoration) begreifen, die an öffentlichen Plätzen installiert, aufgeführt oder angebracht wird, mit dem alleinigen Ziel, die Welt in kreativer und zum Nachdenken anregender Weise zu beeinflussen.»
Darf ich das?
Nach weiteren Ausführungen zu den Ursprüngen der Guerillakunst kommt dann auch die unvermeidliche Frage nach der «Guerilla-Etikette» beziehungsweise der Legalität solcher Werke. Sie «vertrete zwar durchaus kontroverse Ansichten», schreibt Smith, doch sie fasse sich kurz. Und so verweist sie darauf, dass man grundsätzlich Privatgebäude und -besitz meiden solle. Sie wolle die Umgebung bereichern mit ihrer Arbeit – im vollen Bewusstsein, dass alles vollkommen subjektiv sei. So erklärt sie sich auch, warum manche Leser ihr Tun als «illegal» einstufen könnten.
Sie fragt trotzdem: «Von einem gesellschaftlichen Gesichtspunkt werfe ich jedoch die Frage auf, warum es als vollkommen akzeptabel gilt, dass wir dauerhaft der Werbung (auf Reklametafeln, an Bushaltestellen, in öffentlichen Toiletten etc.) ausgesetzt werden, im Gegensatz dazu eine persönliche Ausdrucksform (ohne irgendwelche Verkaufsabsichten) jedoch als ‹illegal› eingestuft wird.» Die lapidare Antwort läge wohl auf der Hand: Weil sie den Platz, den sie dafür braucht, nicht bezahlt. Aber egal, weiter gehts.
Und wie geht das?
Auf den restlichen Seiten des Buches folgen nun Tipps und Ideen für angehende Guerillakünstler und -künstlerinnen. Das beginnt bei der passenden Ausrüstung (Werkzeugkasten, Kleister, Farbe, Pinsel, Handschuhe, unauffällige Kleidung, dunkle bei Nacht) und geht weiter mit «Dingen, vor denen du auf der Hut sein solltest» (Überwachungskameras, Schilder mit der Aufschrift «Plakate ankleben verboten», Polizei). Schliesslich kommen die «ersten Schritte»: Wie stelle ich eine Schablone her? Wie einen Stempel? Einen Aufkleber? Oder eine Samenbombe?
Es folgen Übungen vom Kreide-Zitat über versteckte Glückskekszettel und Gutscheinplakate bis hin zu Strick-Tags (mhm, genau solche, die vor nicht allzu langer Zeit halb Basel bunter machten). Die verwendeten Materialien sind meist ganz simple Alltagsgegenstände: Bleistifte, Papier, Klebstoff. Oder Post-Its, die sich vor allem zur Verschönerungs-Guerilla-Taktik im Büro anwenden lassen (siehe Selbstversuch im Bild).
Am Schluss folgen für die Kunst-Faulen dann sogar noch Vorlagen. Zum Kopieren oder Ausschneiden. Und spätestens da fragen wir uns: Wie Guerilla kann Kunst sein, wenn sie aus Vorlagen entsteht…?
Egal, Spass hatten wir beim Durchblättern trotzdem. Ganz legal. Und ungefährlich. Versprochen.
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Keri Smith: «Das Guerillakunst-Kit». Edition Michael Fischer GmbH, 2013. ISBN 978-3-86355-171-1.