Im Zeremonientempo kriechen erste Schwaden den Mittelgang hinunter Richtung Altar. Bald bricht sich das Weiss an den Holzbänken, die sich dem bedächtigen Fluss in den Weg stellen. Wirbel und Wolkenspiele ranken um die Wellenbrecher, bis das Sitzgehölz nur noch eine Nebelbank ist.
So leicht und luftig sie ist: Die weisse Walze ist nicht zu stoppen – weder vom Putzpersonal, das während der Performance irritiert das Kirchenschiff betritt, noch von der Abendsonne, deren Strahlen für wunderbare Lichteffekte sorgen.
Nach einer Stunde hat der weisse Spuk das neogotische Gemäuer von Basels höchster Kirche bis unter die Kanzel gefüllt. Sogar der Altar ist nur noch eine diffuse Kontur im Nebelmeer, erkennbar nur am Licht des Mischpultes der Soundinstallation, die das Bedrohliche des weissen Raumeroberers mit wogenden Klängen unterstreicht.
Ein, zwei Zirren züngeln zwar Richtung Kanzel und Balkon, wo Besucher das schaurig schöne Spektakel verfolgen können. Die finale Eroberung von Basels höchstem Kirchenraum wird jedoch abgewehrt von Heizstrahlern, welche die obere Luftschicht erwärmen, damit überhaupt ein Nebelmeer entstehen kann.
Das exakte Temperaturverhältnis zum kalten Nebel kennen Georg Birkner und Christoph Moerikofer nicht. Die beiden Initianten der Installation haben einfach so lange probiert, bis es funktionierte, und staunen nun jeden Abend aufs Neue, was genau passiert.
Reine Wissenschaft würde dem Nebelmeer seinen mystischen Nimbus rauben. Die Rationalität hat die Matthäuskirche sowieso schon entvölkert. Nun kann das Publikum den prächtigen Raum bis Samstag neu erleben.
Nebelmeer – Eine Installation in der Matthäuskirche: Donnerstag und Freitag, 18.30–22 Uhr, Samstag 10–18 Uhr.