Nach ihnen die Ratlosigkeit

Sie sind eine eingespielte Gruppe, haben ein breites Spektrum – von Riffrock über Psychedelik bis Mitklatsch-Pop. Und nach langer Zeit gastierten sie wieder mal in der Schweiz: Spoon. So richtig vermochten uns die Texaner in der Basler Kaserne nicht ins Herz zu treffen.

Britt Daniel wirft sich in Pose. Doch so präzis er singt und spielt, richtige Euphorie entfacht er nicht. (Bild: Alexander Preobrajenski)

Sie sind eine eingespielte Gruppe, haben ein breites Spektrum – von Riff-Rock über Psychedelik bis Mitklatsch-Pop. Und nach langer Zeit gastierten sie wieder mal in der Schweiz: Spoon. So richtig vermochten uns die Texaner in der Basler Kaserne nicht ins Herz zu treffen.

Jetzt steht dieser Mann seit über 20 Jahren mit seiner Band Spoon auf der Bühne – und wirkt noch immer beneidenswert jungenhaft. Keine Frage: Von Britt Daniels juveniler Ausstrahlung können sich einige Rockmusiker eine Gurkenscheibe abschneiden.

Ob es am Klima der sonnigen Südstaaten liegt? Steht diese Jugendlichkeit doch einigen US-Exponenten, die in den 90er-Jahren ihre Rockkarriere lancierten, heute noch ins Gesicht geschrieben: Beck Hansen etwa, oder Joey Burns.

Verglichen mit Calexico, Beck oder auch Cake sind Spoon in Europa allerdings bis heute in einer Nische steckengeblieben. Es fehlt ihnen an Songs, die es ins Tagesprogramm der Radiosender geschafft haben. Und an Kontinuität, was die Pflege der ausserkontinentalen Fanbasis angeht. Umso gespannter darf man daher auf ihr Schweizer Gastspiel sein – das erste seit Jahren. Dies, nachdem die Band aus Austin, Texas, mit «They Want My Soul» ein wirklich feines Album veröffentlicht hat.

Dass Morrissey sein Konzert an der Baloise Session absagen musste, kommt Spoon zugute. Gleich mehrere Besucher erzählen uns, dass sie ihr Abendprogramm von der Messe in die Reithalle verlegt haben. So stehen also einige Hundert Menschen in der Reithalle der Kaserne, und obschon der grosse Raum von den Veranstaltern akustisch klug verkleinert worden ist (mit einem Vorhang, der schluckt), will die Klangmischung nicht begeistern. Ist die Halftime-Nummer «Knock Knock Knock» noch ein bewusst verhaltener Opener, um allesamt auf Betriebstemperatur hochzufahren, so vermag der folgende Riff-Rock «Rent I Pay» nicht dasselbe Fieber wie in der Studioversion zu erzeugen.

Vom Riff-Rock zum Dreampop

Spoon erinnern darin an die Stones, aber auch an deren Epigonen Primal Scream. Der Vergleich mit den Briten geht uns durch den Kopf, weil Spoon wie Scream ein vergleichbar breites Stil-Spektrum aufweisen: Hier der rhythmus- und gitarrenbetonte Riff-Rock, da trippige, psychedelische Nummern mit Synthieeinsatz. Ein besonders schönes Beispiel für Spoons Weiterentwicklung Richtung souligem Dreampop kredenzen sie uns zur Konzerthälfte: «Inside Out».

Doch so pointiert wie in der Live-Radioshow kommt dieses Stück – wie so viele an diesem Abend – nicht beim Konzertpublikum an. Dabei spielt das Quintett präzis und tight, an ihm selber liegt es nicht, eher am Klang, der Front of House die Halle füllt. Zu wenig «in your face» die Gitarren und der Leadgesang von Britt Daniel, zu wenig trocken die Grooves.

So wie die Band begeben auch wir uns auf Wanderung. Vorne klingt es hörbar besser als in der Mitte oder auf Höhe des Mischpults. Offenbar empfinden viele Zuhörer gleich: Sie wippen mit, warten aber auch darauf, dass da mehr passiert mit ihnen.

Es bleibt gut, das Konzert, steigert sich aber nie zu einer sensationellen Erfahrung. Am eindringlichsten sind jene Songs, in denen der Gesang tatsächlich im Bandsound aufgehen soll, jene Songs, die einen spacigen Schuss Psychedelik verlangen – wobei diese  domestiziert ausgespielt wird. Man hält sich ans Popformat.

Wenn der Soundmann die Regler ruhen lässt

Veritable Euphorie lösen Spoon mit den 20 Songs nicht aus, auch wenn sie das mit einigen hinzugemischten Handclaps und Dance-Synthie-Ostinati durchaus herausfordern. Woran liegt es?

Eine grosse Schuld schieben wir dem Soundmann unter die Regler, der ebendiese viel zu wenig stark in die den Songs entsprechenden Positionen bringt. So fehlt verglichen mit den Studioversionen eine zwingende Eindringlichkeit, klingt vieles schneidender, greller, zugleich druckloser.

Es kommt selten vor bei Konzerten, dass man am Ende irgendwie ratlos ist. Fein war er, der Zugabeblock, ratlos bleibt er aber, der Eindruck. Ratlos, weil die Lieder live nicht so richtig ans Herz wachsen konnten, weil bei aller Sympathie, bei allem Einsatz, ein ungreifbarer Vorhang die Musik und uns auf Distanz hielt.

Kollege Aschwanden bringt seine Erkenntnis danach so auf den Punkt: «Spoon ist eine Band, die man bewundert, aber keine, die man bejubelt.» Wohl wahr.
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Die Setliste des Basler Konzerts kann man hier nachhören.

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