Nina Hagen schlägt mit Jesus um sich

Nina Hagen, die Grand Dame des deutschen Punk, lud ins Grand Casino Basel ein. Und präsentierte in der Amüsierhölle ihr gottgefälliges Werk.

Immer noch auf dem Jesus-Trip: Nina Hagen, die Grande Dame des Punk. (Bild: Muriel Steiner)

Nina Hagen, die Grand Dame des deutschen Punk, lud ins Grand Casino Basel ein. Und präsentierte in der Amüsierhölle ihr gottgefälliges Werk.

Das Wichtigste gleich vornweg: Nina Hagen ist immer noch auf ihrem Jesus-Trip. Mit akustischer Gitarre in der Hand und der Bibel im Kopf singt sie das «süsse Lied der Errettung» und vom «himmlischen Vater, der ihr Gebet erhören soll». Auch zweifelhafte Lieder wie «We shall overcome» und «Rivers of Babylon» werden von Frau Hagen und ihrer vierköpfigen Männerband dem Publikum um die Ohren gehauen.

Die Punk-Missionarin

Wenn man die Augen schliesst und Nina Hagens imposante Erscheinung mit viel Schminke und wildem Haarschopf ausblendet, könnte man meinen, man sei im Gottesdienst einer schwarzen Gemeinde in Amerika gelandet, wo man sich mittels Gospel dem «Lord» näherbringt. Aber eigentlich spielen Hagen und Band doch eher gute alte Countrymusik mit Jesuseinschlag. Oder nein, oft klingt es auch, wenn die Gitarristen mal doch zur elektrischen Gitarre greifen, nach Christenrock. Ach, jedenfalls geht es an diesem Abend sehr «holy» zu und her.

Zwischen den Liedern hat Frau Hagen aber auch was zu sagen. So klagt sie gegen die menschenunwürdigen Zustände in deutschen Flüchtlingsheimen und macht auf kommende Demonstrationen auf der ganzen Welt aufmerksam. Fan scheint sie, neben Jesus, von zwei bereits toten Herren zu sein: Aus Martin Luther Kings Buch rezitiert sie mit Vorliebe, und auch Bertolt Brecht, so sagt sie, habe als seine Lieblingslektüre, und das musste ja kommen, die Bibel angegeben.

Nina spielt keine alten Songs

Einen Brecht-Text gibt Nina Hagen auch musikalisch zum Besten. Nur mit Klavierbegleitung. Und das steht ihr gut. Diese klassische Klaviermelodie in Kombination mit Ninas Hang zur theatralischen Schaustellerei lassen einen Bilder von Stummfilmen aus dem jungen 20. Jahrhundert sehen. 

Die ganzen zwei Stunden hindurch hört man immer wieder eine Frau aus dem Publikum rufen: «Nina, spiel einen alten Song!» Oh ja, bitte, Frau Hagen, tun sie das. Tut sie aber nicht. Wahrscheinlich weiss die Exzentrikerin aus leidvoller Erfahrung, dass wenn sie dieser Bitte nachkäme, ein Chor von Wünschen alter Songs anschwellen würde. Und damit wäre ein Teufelskreis losgetreten, aus dem nicht einmal mehr der liebe Gott seine Anhängerin befreien könnte.

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