Das Museum für Gegenwartskunst zeigt eine der bisher umfassendsten Ausstellungen der britischen Künstlerin Hilary Lloyd. Diese überrascht mit an sich statischen Video-Installationen, die mit bewegten Bildern Ruhe in den Räumen einkehren lassen.
Es sei schon lange ihr Wunsch gewesen, in den Räumlichkeiten des Museums für Gegenwartskunst auszustellen, sagt sie: Die Realisierung dieses Wunsches ist der Künstlerin Hilary Lloyd nun gelungen. Ihre Werke sollen aber nicht nur im Museum einen Platz finden, sondern mit den Räumen wirken.
Vor über zehn Jahren war Lloyd Gast der Stiftung Laurenz-Haus in Basel. Letztes Jahr war sie für den «Turner-Prize» nominiert. Nun ist sie anlässlich der bislang umfassendesten Ausstellung, welche die Werke der britischen Künstlerin im Museum für Gegenwartskunst zeigt, an die Stadt am Rhein zurückgekehrt. Damals, als sie hier arbeitete, begann ihre Liebe zum Museum für Gegenwartskunst und dessen Räume. Gefragt, warum sie so gerne mit den Räumlichkeiten hier habe arbeiten wollen, was ihre Faszination gewesen sei, antwortet sie schlicht: «The light».
Bewegtes Licht in den Räumen
Es gefiel ihr, wie dieses Licht das Parterre mit dem ersten Stock verbindet, wie es eine Leichtigkeit in den Bau bringt, durch die Fenster einfällt und sich im Verlaufe des Tages verändert. Bewegt. Diese zwei Interessen, Licht und Bewegung, ziehen sich wie zwei Konstanten durch die Ausstellung.
Konstant und konsequent ist auch die Umsetzung ihrer Video-Installationen: Immer in Paaren treten Stahlstangen auf, an denen Monitore mit Filmen von Lloyd zu sehen sind. Von diesen Stahlstangen hat es viele unter den rund 14 Video-Installationen, die gezeigt werden. Statisch und robust führen sie durch die ganze Höhe des Museumbaus im ersten Raum, die schwarzen Kabel der Beamer und DVD-Apparate wurden akribisch und in gerader Lininenführung an den Decken verlegt. Die Strukturen des Raums wurden so aufgenommen, die Fenster, Metallverstrebungen, die Neigung der Böden und Gänge, die Winkel der Wände – all das diente Lloyd als Inspiration.
Zarte Farben der Erinnerung
Anders als bei Videoprojektionen zu erwarten, findet sich der Besucher nicht in etlichen Blackboxes, sondern in luftigen, lichten Räumen wieder. Die Flächen der Monitore harmonieren mit den Wänden, Böden, Decken und Zwischenwänden – sie sind mit den Flächen der Räume zu einer einzigen Choreografie verwoben. In Kombination mit dem gezeigten Filmmaterial, das Lloyd mit analoger Kamera filmt und oft durch Bewegungen der Kameraführung und das Nebeneinander- und Übereinanderstellen von mehreren Monitoren und Filmstrips dynamisiert, bekommen die Werke tänzerischen, malerischen Charakter. Bewegt und absurderweise beruhigend wirken die Werke «Moon», «Shirt» oder «Building». Nichts lenkt ab, jeder Bewegungsimpuls kommt zu seinem Ziel und wird gerahmt durch die Statik der Monitore und ihre präzise Platzierung im Raum.
Irgendwie zart bleiben die Farben in der Erinnerung haften, trotz des schwarzen elektronischen Equipments: Weiss, geblendet oder gebleicht von der Sonne sind die Filmsequenzen mit abgefilmten Bildern aus Magazinen, Gebäuden, dem Mond, so dass man die ganze Technik und die «Maschinen» wie Beamer, Lautsprecher, Kamera, DVD-Player, mit welchen die Werke realisiert werden, vergisst.
Letzte Lichtstrahlen am Horizont
In früheren Arbeiten beschäftigte sich Lloyd mit der Inszenierung von Menschen, der Gesellschaft, der Repräsentation, in der jeder von uns – ob er will oder nicht – bis zu einem gewissen Grade ideologisch konstituiert wird. In ihren Fokus rückte sie Handwerker, DJs, Skater und Clubbesucher. Das Kameraauge, das unser Bild einfängt, es «konserviert» in der Zeit, ist keinesfalls neutral – Ausschnitt, Pose, Mimik, Kleidung, Lichtverhältnisse – das alles lässt sich bestimmen, manipulieren, verstärken, übertreiben. Als Subjekt befindet man sich ständig im Fadenkreuz der einen (vermeintlich) repräsentierenden Darstellung.
In Basel war ursprünglich eine Art Überblicksausstellung der letzten zehn bis fünfzehn Jahre geplant – doch jetzt datiert das älteste Werk in der Ausstellung von 2007, ansonsten sind alle Arbeiten in den letzten zwei Jahren oder extra für die Ausstellung entstanden. Menschliche Körper (die Beine der Künstlerin selbst in «Thighs») oder Bilder von Menschen (wie in der Arbeit «Man») sind nur noch fragmentarisch in den Werken anzutreffen. Aber auch in diesen Werken herrscht eine Subtilität, nichts ist übertrieben oder zu forciert. Jede Filmsequenz befindet sich an ihrem Ort, aber sie bleibt nicht reglos, weder motivisch noch auf der Ebene des Materials, des belichteten Films. Wie die letzten Lichtstrahlen am Horizont, die sich jeden Abend neu formieren.
- Die Ausstellung dauert vom 12. Mai – 16. September 2012, Di-So, 11.00 – 18.00 Uhr.