Während der Feiertage dominieren in Basel die Farben Schwarz-Rot: das Tango-Festival.
Tango zu Ostern ist in Basel zur Institution geworden. Viele Adepten des argentinischen Tanzes sperren ihren Terminkalender zu den Frühlingsfeiertagen rechzeitig, denn das OsterTango-Festival hat hier stets Priorität. Von Gründonnerstag bis Ostermontag wird das Genre als Lebensgefühl, als eigenes Universum zelebriert: Tanzkurse, Milonga- und Tango-Nächte mit mehr als einem Dutzend DJs, choreografierte Shows, Mode, Film, ein Tango-Café und Konzerte fächern sich in den Tagesprogrammen auf, die sich vom späten Morgen durchgängig bis zum Sonnenaufgang erstrecken. Ein kleiner Ausschnitt aus dem Angebot, das sich vom Volkshaus über die «Mitte» bis zum Schauspielhaus und Kino Camera wie ein – um in den Tangofarben zu bleiben – schwarz-rotes Band windet, zeigt, dass die Tangoschule Basel als Veranstalter auch in der Ausgabe 2012 ein glückliches Händchen bewiesen hat.
Da präsentiert sich die Show «Tango Generations» als ein getanztes Spiegelbild der Beziehungen zwischen Mann und Frau, ohne die üblichen Klischees – so versprechen die Veranstalter –, die dem Genre oft aus dem Bordell- und Gaunermilieu anhaften. Zugleich verhandelt diese Revue mit drei Tanzpaaren die Konflikte der Generationen, ihre Auseinandersetzungen mit den Neuerungen im Tango. Dass es den Tango vom Rio de la Plata in alle Welt verschlagen hat, führt das russische Solo Tango Orchestra vor, ein Quartett, das mit seinen Interpretationen von Piazzolla, den Klassikern der alten Garde und gelegentlichen slawischen Einsprengseln schnell den Weg an die Weltspitze gefunden hat.
Eine ausführliche Vorstellung ist schliesslich der herausragende diesjährige Konzert-Act wert, mit dem das OsterTango-Festival seine zeitgenössische Ader zeigt: Die Formation Electrocutango kommt aus Norwegen und zeigt, wie stark sich der Tango in Skandinavien eingenistet hat. Im Gegensatz zu vielen Kollegen in diesem jungen Tangoableger dominiert beim Quintett um Sverre Indris Joner nicht das Programming, sondern die Luftigkeit, die Improvisation, das Handwerkliche. Elektronik ist hier nur als bereicherndes Element, als Zulieferer gedacht, Piano, Bandoneon, Geige und Bass spielen in diesem gezähmten «Cybertango» weiterhin die Hauptrollen neben den schaufelnden und knarrenden Beats.
Die sanften Modernisierungen der Männer aus dem Norden werden bis auf die Südhalbkugel, etwa vom Poeten Horacio Ferrer, geschätzt, und auch in der Academia Nacional del Tango von Buenos Aires war ihre Performance schon zu erleben. «Adrenalina» heisst das neue Programm von Electrocutango mit Inspirationen von Pugliese bis Piazzolla, das so spannend ist, dass niemand sitzen bleiben dürfte. Das ist gut so: Zu Tango soll getanzt werden.
OsterTango 2012. Komplettes Festival-Programm im Internet.
Electrocutango: Fr, 6. April, ab 21.30 Uhr, Volkshaus, Rebgasse 14.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 06.04.12