Panini war gestern

Zum dritten Mal erscheint das Sticker-Sammelalbum vom alternativen Fussballmagazin «tschutti heftli». Die Macher setzen auf Kunst statt Kommerz. Sie sind dabei so kreativ, dass selbst die Schweizer Nati Platz findet.

Kunst statt Kommerz: Die Macher des «tschutti heftli» setzen sich gegen die Kommerzialisierung ihres Lieblingssportes ein.

Zum dritten Mal erscheint das Sticker-Sammelalbum vom alternativen Fussballmagazin «tschutti heftli». Die Macher setzen auf Kunst statt Kommerz. Sie sind dabei so kreativ, dass selbst die Schweizer Nati Platz findet.

Kleben, sammeln, tauschen – pünktlich vor grossen Turnieren verfallen Fussballfans dem Panini-Fieber. Vollkommen egal ist dabei, dass die Fussballer immer mit der gleichen ausdruckslosen Miene vom Sticker grüssen. Dass dies nicht so sein muss, beweist das alternative Fussballmagazin «tschutti heftli» aus Luzern. Bereits zum dritten Mal erscheint ihr Sammelalbum mit künstlerisch gestalteten Stickern.

35 Künstler verwandelten Spieler, Schiedsrichter und Stadien in 310 Kunstwerke: Robert Lewandowski wurde prompt zum Stadtplan, Ilker Casillas zur Krake und die griechischen Kicker kämpfen mit dem Pleitegeier. Das Heft ist ein Mix aus Portraits, Comics und Karikaturen. Das Beste ist allerdings, dass die «tschutti hefli»-Macher auch die Schweizer Nationalmannschaft mit ins Blatt genommen haben: Shaqiri und Co. gehen auf den Stickern baden – genau so wie in der EM-Qualifikation. Mit einem Augenzwinkern zu verstehen sind auch die Rubriken «Spielerfrauen» und «Stars, die fehlen».

Die Künstler arbeiten unentgeltlich. Sie kriegen nur Ruhm, Ehre und die Chance, entdeckt zu werden. Während die Stadien, Schiedsrichter und die übrigen Rubriken von bisherigen Künstlern entworfen wurden, gestalteten die Teams bewusst 17 neue Künstler, sagt Silvan Glanzmann, Mitgründer des Vereins «tschutti heftli». Die Idee, ein alternatives Sammelalbum herauszugeben, entstand 2008, als das kulturelle Rahmenprogramm zur Schweizer Euro gestrichen wurde. «Darauf mussten wir reagieren», sagt Glanzmann.  

Kampf gegen Kommerzialisierung

Sowohl das drei Mal im Jahr erscheinende Magazin als auch das Sammelalbum von «tschutti heftli» sind als Kontrapunkt zur Kommerzialisierung «ihres Lieblingssportes» gedacht, sagen die Macher. Wie schon bei vergangenen Ausgaben gehen von jedem verkauften Sticker-Päckchen mindestens fünf Rappen an das Projekt Viva con Acqua Schweiz, welches sich für die Verbesserung der Trinkwasserversorgung in Entwicklungsländern einsetzt. Mit einem allfälligen Gewinn aus dem Sticker-Verkauf wollen Glanzmann und Kollegen ihr Magazin subventionieren und künftige Sammelhefte finanzieren – und die kosten.

Das Projekt ist so erfolgreich, dass die Macher von Turnier zu Turnier die Auflage vergrössern. Mischten sie am Anfang noch die Auflage von 1000 Kleber pro Motiv von Hand für die Päckchen, sind in diesem Jahr zwei Millionen Sticker gedruckt worden, und an Handarbeit ist nicht mehr zu denken. Erstmals werden die Kleber auch in Deutschland vertrieben. Verkaufsstelle ist dabei unter anderem – wie könnte es anders sein – der FC St. Pauli. Den Kampf gegen den Kommerz kennt der Kiez-Club genau.

Die «tschutti heftli»-Bilder sind ab dem 14. April erhältlich. Ein Päckchen kostet einen Franken und enthält zehn Bilder. Das Sammelalbum gibt für drei Franken an ausgewählten Verkaufsstellen oder es kann auf der Homepage bestellt werden. Die Sammelhefte haben eine begrenzte Auflage von 6000 Stück. Wie bei Panini-Stickern gibt es auch für die Kunst-Bilder regelmässige Tauschbörsen, wo, erfährt man auf der Webseite von «tschutti heftli».

 

Artikelgeschichte

Der Autor kennt die Herausgeber vom «tschutti heftli» und hat bei der Ausgabe «Fussball und Politik» mitgeschrieben.

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