Rockförderverein: Eine Ära geht zu Ende

Dänu Siegrist hat die Geschäftsstelle verlassen, gestern trat mit Präsident Poto Wegener ein weiterer Pionier der regionalen Popförderung zurück. Zum Abschied konnte er noch eine Neuerung bekanntgeben: Es wird ein Preis für arrivierte Musiker ins Leben gerufen.

Erfolgreicher Musiker Dänu Siegrist. (Bild: Matthias Willi)

Dänu Siegrist hat die Geschäftsstelle verlassen, jetzt trat mit Präsident Poto Wegener ein weiterer Pionier der regionalen Popförderung zurück. Zum Abschied konnte er noch eine Neuerung bekanntgeben: Es wird ein Preis für arrivierte Musiker ins Leben gerufen.

Poto Wegener schien es eilig zu haben: Die Mitgliederversammlung des RFV (formerly known as Rockförderverein der Region Basel) wurde am Dienstag Abend mit einer musikerüblichen kleinen Verspätung eröffnet. Der Präsident holte diese wie ein Schnellzug wieder ein, indem er die Traktanden in zügigem Tempo über die Bühne der Fahrbar Münchenstein brachte.

Den anwesenden Mitgliedern (darunter auch einige Frauen, immerhin!) schien das recht zu sein, sie stellten weder die Arbeit des Vorstands noch jene der Geschäftsstelle infrage. Es läuft ja auch gut, betonte Geschäftsführer Tobit Schäfer und wies auf Steigerungen hin, in der Mitgliederzahl (366) aber auch bei den Einnahmen (dank zunehmendem Erfolg im Fundraising).

Courant normal, machte es den Anschein. Wären da nicht zwei Mutationen, die durchaus bemerkenswert sind.

Wie ein Berner Hippie in Basel ankam

So schied im Herbst 2013 mit Dänu Siegrist ein Gründervater des RFV aus der Geschäftsstelle aus. Über die Hintergründe wurde und wird in gegenseitigem Einvernehmen geschwiegen, was unsereiner respektiert. Aber es soll nachdrücklich festgehalten werden, wie wichtig die Lobbyarbeit des Berners in Basel war: 1981 liess sich Dänu Siegrist hier nieder (die Liebe!), nachdem ihn zuvor schon zahlreiche Gastspiele immer wieder ins Atlantis geführt hatten.

Als Gitarrist und Sänger von Span und Polo’s Schmetterding gehörte er zu den Pionieren des Mundartrock, vor 20 Jahren erweiterte er seinen Pionierstatus um jenen eines Lobbyisten. Siegrist gab dem Rockförderverein beider Basel ein Gesicht, das man durch seine musikalischen Erfolge auch aus der Hitparade kannte. Er arbeitete zunächst ehrenamtlich im Vorstand, übernahm 1996 ein 40-Prozent-Pensum in der Geschäftsstelle (damals noch im Sommercasino) und trug dazu bei, dass aus der Kulturpauschale ein Vertrag und eine Subventionierung erwuchsen. Im Laufe der Jahre wurde letztere von der Politik noch erhöht (über 600’000 Franken). Zeichen der Akzeptanz, dass auch Musikgenres der Popkultur Fördermittel verdient haben.

Geschäftsführer Tobit Schäfer hob in seinem Jahresrückblick 2013 besonders die historische Ausstellung pop@basel im HMB Museum für Musik sowie das trinationale New-Talent-Festival «Tri-bune» hervor, um damit auch seinen langjährigen Bürokollegen Siegrist zu loben, der bei beiden Projekten bis zuletzt engagiert dabei war. Mit Siegrist verschwindet nun der einzige aktive Musiker aus der Geschäftsstelle des RFV. Ab August wird eine Auszubildende Platz nehmen.

Ramon Vaca wird neuer Präsident

Wie Siegrist war auch Poto Wegener in die Gründung des Rockfördervereins eng involviert. Einst bewegter Achtziger, heute Doktor der Jurisprudenz und Direktor der Swissperform, war er dazwischen auch ambitionierter und erfolgreicher Musiker (Trashcats, Failures), der massgeblich zur Gründung und Etablierung des RFV und damit der Szene insgesamt beitrug. Wegener und Francis Etique (der sich vor einigen Jahren aus der hiesigen Musikszene verabschiedet und ins Bündnerland zurückgezogen hat) veranstalteten gemeinsam Konzerte (Wasteland 90), ehe die 80er-Ausläufer der «IG Rock», dieser Hilfe zur Selbsthilfe, zur Gründung der Institution RFV führten. Als Jurist bei der Suisa, Verfasser zweier Standardwerke zum Urheberrecht und als Vorstandsmitglied im RFV beriet Wegener jahrelang Musiker und gab sein Wissen immer wieder an die Szene weiter. Zuletzt führte er den RFV sieben Jahre lang als Präsident.

Erst vor einigen Wochen teilte er dem Vorstand mit, dass er für ein achtes Amtsjahr nicht mehr zur Verfügung stehe. An seiner Stelle wurde Ramon Vaca (Jahrgang 1965) zum Präsidenten gewählt. Er ist seit Jahrzehnten als Bassist, Sänger, aber auch Studiobetreiber (Helium Records) ein Knotenpunkt in der regionalen Rockszene, hat in unzähligen Bands gewirkt und in seiner launigen Antrittsrede an seinen ersten Auftritt erinnert: 1980, im Globus-Restaurant, mit einer Punkrockband, «deren Namen ich vergessen oder verdrängt habe», wie Vaca mit Humor anfügte.

Würdigungen der Gründerväter

Siegrist selber, der heuer 60 wird (aber noch immer jünger wirkt), rückt die Musik wieder in den Lebensmittelpunkt. Ein neues Album soll noch in diesem Frühjahr veröffentlicht werden, wie Vaca in seiner Laudatio auf den Abwesenden sagte.

«Ich hoffe, dass wir ihn dabei ebenso unterstützen werden wie er in den vergangenen Jahren uns unterstützt hat», sagte der Neo-Präsident und umschrieb Siegrists Werdegang liebevoll mit den Worten «vom Berner Hippie zum amtlichen Popförderer». 

Und was macht Poto Wegener künftig? Er lebt und arbeitet schon länger in Zürich. Damit er seine Heimatregion nicht ganz vergisst, schenkte ihm Vorstandsmitglied Sebastian Kölliker unter anderem eine Veloroutenkarte fürs Elsass, mit der hoffnungsvollen Bemerkung, dass man ihn künftig nicht nur an FCB-Spielen sehen werde, sondern er auch sonst hin und wieder den Weg hierher finde.

Eine weitere Würdigung steht Ende Jahr bevor: Jene eines noch zu bestimmenden Musikers (oder einer Gruppe). Denn gegen Ende der Versammlung gaben Wegener und Schäfer bekannt, dass eine Anregung, die Roli Frei im Jahr 2013 ins Rollen brachte, umgesetzt wird: Frei fragte nach, ob man nicht ein Gefäss schaffen könnte, das älteren Musikern zugute komme. Tatsächlich sind viele Förderinstrumente auf den Nachwuchs fokussiert. Und auch in der Spitzenförderung, dem Pop-Preis, gelten Kriterien, die eine retrospektive Auszeichnung ausschliessen (was auch erklärt, weshalb etablierte Nominierte wie die Lombego Surfers, die Lovebugs oder Pink Pedrazzi bislang stets leer ausgingen).

Neu: Anerkennungspreis in Höhe von 5000 Franken

Frei erklärte im letzten Jahr, dass das (Über-)Leben eines älteren freischaffenden Musikers ja nicht unbeschwerlicher sei als jenes eines Youngsters. Womit er natürlich recht hat. Was dazu führte, dass Vorstand und Geschäftsstelle zum Schluss kamen, ab diesem Jahr 5000 Franken abzuzwacken, für einen Preis «an verdiente Musiker», wie Schäfer sagte. Durch wen ein Preisträger bestimmt wird, welche Kriterien erfüllt werden müssen, – sprich das ganze Prozedere – ist noch nicht definiert. «Der Entscheid für den Anerkennungspreis fiel erst vor kurzem, die Kriterien werden nun ausgearbeitet.»

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