Sieben Golden Globes – und jeder einzelne ist verdient

Die Golden Globes wurden zum 74. Mal verliehen – und «La La Land» ging mit sieben Auszeichnungen als grösster Abräumer aller Zeiten aus dem Rennen. Wir haben uns den Film angesehen und dürfen sagen: richtig entschieden, liebe Jury.

Hier stehen sie, die grossen Gewinner des Abends: Die Crew von «La La Land» präsentiert sechs von ihren sieben abgesahnten Golden Globes. 

(Bild: Mario Anzuoni)

Die Golden Globes wurden zum 74. Mal verliehen – und «La La Land» ging mit sieben Auszeichnungen als grösster Abräumer aller Zeiten aus dem Rennen. Wir haben uns den Film angesehen und dürfen sagen: richtig entschieden, liebe Jury.

Die Show begann und endete mit «La La Land». Moderator Jimmy Fallon eröffnete die diesjährige Verleihung der Golden Globes mit einer humoristischen Hommage an das Musical (siehe Video): Ungeduldig sitzt er in seiner Limousine, gefangen mit einem Konglomerat an Hollywood-Stars im Stau auf dem roten Teppich vor dem Beverly Hills Hotel. Zwischen und auf den Fahrzeugen wird gesungen und getanzt, bis sich die Blechdächer biegen – genau so, nur weniger exklusiv auf einem übervollen Highway in Los Angeles, beginnt auch «La La Land». 

Gegen Ende der Veranstaltung dann die Bombe: Nach bereits sechs Auszeichnungen wird die Filmcrew ein siebtes Mal auf die Bühne gebeten, um den Preis für die beste Komödie oder das beste Musical abzuholen. Atem- und fassungslos wird auch diese Auszeichnung umklammert und damit der Rekord gebrochen: «La La Land» hat mehr vergoldete Erdkugeln eingeheimst als jeder andere Film jemals zuvor.  

Als Zuschauerin, die sich Enttäuschungen bei hochkarätigen Filmverleihungen gewohnt ist (man denke nur «American Hustle», der bei den Globes 2014 gegen Glanzstücke wie «Her» und «Nebraska» gewann), fragt man sich: Hat der Film das verdient?

Er hat, meinen wir. 

Rausch in Technicolor

«La La Land», das sind Ryan Gosling und Emma Stone. Gosling mimt den Jazzmusiker Sebastian Wilder, der stur gegen das Ausklingen einer sterbenden Musikrichtung kämpft. Stone ist Mia Dolan, die sich in einem Business behaupten will, in dem sich fast alle in Los Angeles behaupten wollen: der Schauspielerei. Ihre erste Begegnung erfolgt wenig romantisch hinter einem gestreckten Mittelfinger. Doch der erste Eindruck täuscht, und die beiden werden zum Paar, das man sich schöner und tragischer nicht vorstellen könnte. 



Tanzen sich gemeinsam durch alle Hochs und Tiefs: Emma Stone und Ryan Gosling in «La La Land».

Tanzen sich gemeinsam durch alle Hochs und Tiefs: Emma Stone und Ryan Gosling in «La La Land». (Bild: Dale Robinette)

Denn dass Hollywood ein knallhartes Pflaster ist, erkennen auch die beiden relativ schnell. Mia glänzt in ihren Vorstellungsgesprächen – wird von den Castingagenturen aber gnadenlos abgekanzelt. Wieso auch nicht, wenn zehn noch schönere Frauen vor der Türe warten. Und Sebastian: «Wie willst du den Jazz retten, wenn dir niemand zuhört?», kriegt dieser an den Kopf geworfen. 



So cool, wie ein Jazzmusiker nur sein kann: Ryan Gosling als Sebastian Wilder. 

So cool, wie ein Jazzmusiker nur sein kann: Ryan Gosling als Sebastian Wilder.  (Bild: Dale Robinette)

Doch die beiden haben sich, und würde der Film in der Mitte enden, wäre das auch schon genug: Die erste Hälfte des Filmmusicals ist ein wundervoller Rausch in Technicolor, in dem sich zu imposanten Tanzeinlagen und immer wiederkehrenden Ohrwürmern eine zarte Liebe bildet.

Der junge Regisseur und Drehbuchautor Damien Chazelle – jüngst bekannt geworden durch sein blutiges Musikerdrama «Whiplash» (2014) – erzählt die Geschichte rasch und intensiv, aber nie überhöht. Man ist ab der ersten Szene Teil seiner Welt und ihrer Charaktere, die sich singend und mit sattem Farbton unterlegt durch alle emotionalen Hochs und Tiefs tanzen. Dieses sofortige Mitgefühl mit den Figuren ist die grosse Kunst des Kinos, auf die Chazelle schon mit «Whiplash» abzielte und die er mit «La La Land» nun endgültig erreicht. 

Huldigung an vergangene Tage

Geschuldet ist dies auch den Hauptdarstellern Gosling und Stone, die besser harmonieren denn je. Nach den eher mässigen Filmen «Crazy, Stupid, Love» (2011) und «Gangster Squad» (2013) stehen die beiden zum dritten Mal gemeinsam vor der Kamera und liefern grösstenteils eine exzellente Leistung – auch ohne ausgereifte Gesangsstimmen.

Nur vereinzelte Szenen stossen dann doch sauer auf: Wenn Emma Stone etwa tränenreich das Lied «Dreamers» singt, eine von Chazelle etwas plump gestaltete Referenz an Anne Hathaways oscargekrönte Performance von «I Dreamed a Dream» in «Les Misérables» (2012). Oder wenn sie einen Hauch zu viel Blödelei in ihre Figur einfliessen lässt und beinah zur Karikatur ihrer selbst wird. Ein ruhiger und gekonnt spielender Gosling glättet die Wogen dann jedoch meist wieder.



Emma Stone gibts in «La La Land» auch in ernst. 

Emma Stone gibts in «La La Land» auch ernst.  (Bild: Dale Robinette)

In der zweiten Hälfte des Filmes hat die Blödelei dann auch nichts mehr zu suchen. Der Ernst der Realität hält Einzug in den euphorischen Traumzustand, den die Amerikaner umgangssprachlich als La La Land bezeichnen. Er will seinen eigenen Jazzclub, sie ihr eigenes Theaterstück, und eigentlich wollen die beiden sich. Etwas davon wird am Schluss auf der Strecke bleiben. 

Von dieser Tragik lebt der Film, der sich einreiht in die Riege der grossen Hollywood-Filme, auf die er mit seinen Bildern immer wieder anspielt. «La La Land» ist ein «The Artist» (2011) in Zeiten des Tonfilms und der Smartphones, eine moderne Huldigung an vergangene Tage. Und mit seinen sieben Globes ebenfalls ein Favorit für die diesjährige Oscar-Verleihung vom 26. Februar. 

Ob nun mit oder ohne goldene Pokälchen: «La La Land» besitzt für sich allein schon genügend Strahlkraft, der Sie sich unbedingt aussetzen sollten.  

Das Filmmusical «La La Land» von Damien Chazelle war der Abräumer an der diesjährigen Verleihung der Golden Globes. Für diese sieben Awards war er nominiert – und gewann sie alle: Bester Film (Kömodie/Musical), beste Regie, bester Hauptdarsteller (Komödie/Musical), beste Hauptdarstellerin (Komödie/Musical), bestes Drehbuch, beste Filmmusik und bester Filmsong. «La La Land» läuft ab dem 12. Januar in den Basler Kinos.

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