Stabübergabe beim Basler Figurentheaterfestival

Vom 6. bis 8. September findet das siebte Figurentheaterfestival Basel statt – das letzte unter der Leitung des Festivalgründers Christian Schuppli, der den Stab an seinen Nachfolger Marius Kob übergeben wird.

Stabübergabe in der Festivalleitung: Der neue Leiter Marius Kob (links) und der Festivalgründer Christian Schuppli (Bild: Dominique Spirgi)

Die siebte Ausgabe des Figurentheaterfestival Basel konzentriert sich auf ein Wochenende (6. bis 8. September). Sie steht im Zeichen der Stabübergabe von Festivalgründer Christian Schuppli an seinen Nachfolger Marius Kob. Ein Gespräch mit den beiden Protagonisten, die am Festival die Puppen tanzen lassen.

Herr Schuppli, 1995 haben Sie das Figurentheaterfestival Basel ins Leben gerufen, das sie dieses Jahr zum siebten Mal leiten. Wie kamen Sie damals auf die Idee, dass Basel ein solches Festival braucht?

Christian Schuppli: Basel hatte das Marionettentheater, dann kam ich mit dem Figurentheater Vagabu dazu – nicht zuletzt auch, weil ich das Gefühl hatte, dass die Szene in Basel zu eng ausgesteckt ist. Und nach vielen Jahren mit dem eigenen Produkt hatte ich das Bedürfnis, nicht nur selber aufzutreten, sondern auch mal Gastgeber sein zu können für Kolleginnen und Kollegen, die den ganzen Reichtum des Figurentheaters aufzeigen können – etwas, was das Marionettentheater und ich alleine natürlich nicht konnten. Ich hatte auch das Gefühl, dass diese Theaterform in ihren Möglichkeiten in einer breiteren Öffentlichkeit sehr unterschätzt wurde.

Konnte das Festival mithelfen, in Basel ein breiteres Publikum für das Figurentheater zu generieren?

Schuppli: Ganz eindeutig lässt sich diese Frage nicht beantworten, aber ich denke, dass sich durchaus ein interessiertes Publikum gebildet hat und dass sich auch das institutionalisierte Theater für solche neue Formen zu interessieren begann. Ich konnte, und das wäre vorher vielleicht weniger denkbar gewesen, am Theater Basel in einer Opernproduktion als Figurenspieler mitwirken. Ich muss aber auch sagen, dass der Beginn des Festivals gewissermassen mit dem Theater Basel zusammenhing, namentlich mit dem damaligen neuen Direktor Michael Schindhelm. Er hatte vor seiner Basler Zeit in Gera ein Vierspartenhaus geleitet – mit dem Figurentheater als vierter Sparte – das war in Osteuropa damals gar nicht so unüblich. Ich konnte diesen Umstand als Sprungbrett nutzen.

Herr Kob, Figurentheater spielt ja mittlerweile auch bei den grossen Theaterfestivals eine wichtige Rolle – so auch beim Theaterfestival Basel im vergangenen Jahr. Was wollen Sie denn mit einem speziellen Figurentheaterfestival erreichen?

Marius Kob: Es ist tatsächlich so, dass das Figurentheater von den grossen Festivals berücksichtigt wird und dadurch auch an Aufmerksamkeit gewinnen konnte. Bei einem spezialisierten Festival kann man neben solchen Zugpferden aber auch Produktionen zeigen, die vielleicht noch nicht so ausgefeilt sind, dass sie auf den grossen Festivals gezeigt würden – spezielle Projekte, die neue Formen ausloten –, was aber nicht heisst, dass sie weniger interessant sind.

«Es spielt keine Rolle, ob das Figurentheater als Kunstform für Kinder oder Erwachsene wahrgenommen wird.»

Das Figurentheater, Sie haben es angesprochen, wurde lange unterschätzt. Es wird überdies noch immer oft mit Kindertheater gleichgesetzt. Jetzt haben Sie für das Festivalplakat mit dem Krokodil und der Kasperlefigur gerade eine typische Kinder- oder Kasperletheaterszenerie gewählt. Schüren Sie dadurch nicht alte Vorurteile?

Kob: Für mich persönlich spielt es keine Rolle, ob das Figurentheater als Kunstform für Kinder oder Erwachsene wahrgenommen wird. Als Kunstschaffender ist es für mich wichtig, dass meine Kunst ankommt, und ein gutes Kindertheaterstück ist auch für Erwachsene interessant und tiefgehend. Wenn die Leute unser Plakat erst einmal mit Kindertheater assoziieren, bereitet mir das keine Mühe.

Schuppli: Vielleicht gelingt es uns gerade damit, die Klischees aufzuweichen. Man kann ja durchaus ins Staunen geraten über das, was unter dem Begriff Kasperlitheater alles möglich ist.

Nach sieben Ausgaben des Festivals geben Sie nun den Stab ab. Mit was für einem Gefühl?

Schuppli: Eigentlich mit einem guten Gefühl, weil ich weiss, dass jemand da ist, der das Festival mit der nötigen Leidenschaft weiterführen wird. Schlimmer wäre es gewesen, wenn ich das Festival hätte weiterleiten müssen, bis ich nicht mehr dazu fähig gewesen wäre. Dazu kommt, dass ich mich ja nicht vollständig verabschieden werde.

«Wir wollen zeigen, welche Rolle die bildende Kunst beim Figurentheater spielt.»

Der neue Festivalleiter, so ist zu lesen, werde dem Festival mit seiner Experimentierlust ein neues Gesicht geben. Was wird anders werden, Herr Kob?

Kob: Das Festival wird natürlich sein Hauptprogramm behalten. Aber es soll sich über eingekaufte Produktionen hinaus auch direkt mit künstlerischen Fragen auseinandersetzen, die das Figurentheater betreffen. Es soll also nicht nur das berauschende Erlebnis des eigentlichen Theaterabends, sondern auch das Forschende zum Zuge kommen. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass man verschiedene Gruppen einlädt, die alle mit demselben Material – etwa Holzstöcken und Plastikfolie – innerhalb von einer Stunde eine Präsentation entwickeln. Damit könnte man untersuchen, wieviel im Material selber steckt und wieviel die Spieler einbringen müssen. Daraus könnte sich die Gelegenheit ergeben, auch als Zuschauer miterleben und nachvollziehen zu können, wie Figurentheater entsteht. Das ist aber nur ein Beispiel.

Sie haben das Festival ja bereits zusammen mit ihrem Vorgänger auf die Beine gestellt. Ist von solchen Momenten bereits etwas zu spüren?

Kob: Die Ausstellungen sind ein Punkt, der in diese Richtung weist. Wir wollen zeigen, welche Rolle die bildende Kunst beim Figurentheater spielt. Und dann ist da der Workshop, der aufzeigen soll, welche Geschichte in einer Puppe selber drin steckt. Aber Workshops gab es ja auch bereits zuvor am Festival.

Schuppli: Man könnte auch noch die Strassentheater-Produktionen nennen.

Was sollte man am Festival auf keinen Fall verpassen?

Schuppli: «Jenseits von Gut und Böse» und die Ausstellung – aber die verpasst man eh nicht, wenn man kommt.

Kob: Von den Kinderstücken möchte ich «Das Mädchen im Löwenkäfig» erwähnen.

Schuppli: Aber natürlich stehen wir hinter allen Produktionen, die wir eingeladen haben.

 

Ein prall gefülltes Festivalwochenende

Die siebte Auflage des Figurentheaterfestivals Basel kommt zumindest quantitativ bescheidener daher als die letzte Ausgabe vor zwei Jahren. So beschränkt sich die Dauer auf drei prall gefüllte Tage (6. bis 8. September) mit drei grossen Projekten, vier kleineren Stücken, drei Strassentheateraktionen, zwei Ausstellungen, einem Workshop und der speziell inszenierten Stabübergabe bei der Festivalleitung. Aufführungs- und Ausstellungsorte sind das Foyer und die Kleine Bühne des Theater Basel, der Aussenraum rund um den Theaterplatz sowie das Vorstadttheater.

Zu sehen sein werden Stücke für Kinder (und immer auch für Erwachsene, wie die Festivalleiter betonen) sowie Projekte, die sich speziell an ein erwachsenes Publikum richten. Auch wenn klassische Puppentheaterfiguren, wie etwa der unsterbliche Kasperle, nach wie vor sehr präsent sind (etwa beim Projekt «Herzkasper» von Florian Feisel), sind den Stilmitteln des zeitgenössischen Figurentheaters kaum mehr Grenzen gesetzt. So werden zum Beispiel in mehreren Produktionen auch neue Medien eingesetzt. Und dass die Puppenspieler nicht mehr unbedingt unsichtbar zu bleiben versuchen, sondern aktiv als Mitspieler mitwirken, ist ja bei weitem keine neue Tendenz im Figurentheater mehr.

Feisel, der als eine Art «närrischer Begleiter» das Festival auch mit Strassentheaterszenen bereichern wird, will sich in einer Lecture-Performance mit dem Titel «Puppen sterben besser» entsprechend zu den «Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Figurentheaters» äussern. Um ähnliche Themen geht es auch im Workshop mit dem Titel «Eine Puppe sucht ihre Geschichte» und in den Ausstellungen, nämlich darum, wie sehr bereits  die Figuren an und für sich oder gar das Material, aus denen sie hergestellt sind, Geschichten erzählen.

Das siebte Basler Figurentheaterfestival steht überdies im Zeichen der Stabübergabe in der Festivalleitung. Christian Schuppli (mit seinem Figurentheater Vagabu eine Basler Institution auf diesem Gebiet), der das Festival 1995 ins Leben gerufen hat, wird künftig nur noch in der zweiten Reihe aktiv sein. Sein Nachfolger, der am Programm der siebten Ausgabe bereits mitgewirkt hat, heisst Marius Kob. Der 33-jährige deutsche Figurenspieler lebt seit zwei Jahren in Basel und wird, wie im Programmheft zu lesen ist, «mit seiner Experimentierlust dem Festival ein neues Gesicht geben».

Figurentheaterfestival Basel
6. bis 8. September Theater Basel, Vorstadttheater
Mehr auf www.figurentheaterfestival.ch

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