Die junge Zürcher Künstlerin Stella hat an der Liste ihren eigenen Stand eingerichtet, der zugleich Kunstwerk und Shop ist – und einen Besuch wert.
Bei unserem Besuch an der Liste ist der Aufbau noch in vollem Gang. In den Stägeli-uf-Stägeli-ab-Räumen des Warteck-Areals herrscht emsiges Treiben. Stella – ihren Familiennamen behält sie für sich – begrüsst mich herzlich, während sie mit ihren Helfern dem Stand den letzten Schliff verpasst.
An der Wand hängen Handtaschen aus Paketschnur. Handbemalte Seidentücher unterteilen den Raum subtil, es gibt eine Sitzbank, die den Namen Stella als Muster trägt. Die Ästhetik ist jener von Modeläden oder Wohlfühl-Oasen der Kosmetikindustrie entnommen.
Stellas Soloprojekt ist ein von Weitem sichtbarer Shop und trägt den Namen «No Money – No Original». Sie verkauft ihre Werke gleich direkt, so der Plan. «Das ist ja auch ein Shop», sagt sie und zeigt in Richtung einer benachbarten Galerie. «Sie sagen es einfach nicht so deutlich wie ich.»
Von der Hochschule an die Liste
Die Möglichkeit zu dieser Installation erhielt die 25-jährige Künstlerin, nachdem ihre Arbeit «American Dream» in der Ausstellung Plattform 16 in Zürich zu Beginn dieses Jahres mit dem Helvetia Kunstpreis bedacht worden war. Damit hängt nicht nur ein Preisgeld zusammen, sondern auch eine Einzelausstellung an der Liste.
Das ist schon eine grosse Sache, zumal Stella doch erst kürzlich ihren Bachelor an der Zürcher Hochschule der Künste gemacht hat. Weniger als ein Jahr nach der Kunsthochschule hat sie bereits alle Hände voll zu tun, eine Ausstellung folgt der nächsten, und für alle wird immer neu produziert.
Ihre Abschluss-Arbeit war ein Duty-Free-Shop mit dem treffenden Titel «InStellation», und das brachte sie auf eine Idee. Sie erkannte die Eingeschränktheit der Art und Weise, wie Kunst an Messen und in Galerien normalerweise gezeigt wird, der White Cube ist ihr ein Dorn im Auge.
Stella plädiert für Offenheit und Autonomität. Es sei doch total altmodisch, dass man Kunst ‹richtig› oder ‹falsch› betrachten und bewerten wolle. Dass Emotionen oft als minderwertig, als anti-intellektuell betrachtet werden, findet sie störend. Entwickelt hat sie ihre visuelle Sprache in der Zeit als Grafikerin vor dem Kunststudium – und schnell gemerkt, dass dies ebenfalls eine Einbahnstrasse ist, eine eingeschränkte Welt.
Pop ist bloss das Vehikel, denn Stella will keine Dienstleisterin sein. Was sie macht, hat keinen Auftrag, ist keine gegenseitige Abmachung, sondern nur sie selbst. Und dies nach ihren eigenen Regeln: «In meiner Welt ergibt eins und eins nicht unbedingt zwei, sondern vielleicht fünf oder sechs.»
Folglich ist ihre Aneignungskunst mehr als die reine Übernahme von Formen und Inhalten, von Logos und Markendenken. Die Künstlerin will sich nicht dem Konsummarkt und dessen Symbolen anbiedern, gleichzeitig auch nicht die übliche, platte Kritik daran üben.
Für Stella geht es um Direktheit, Ehrlichkeit und das unmittelbare Erlebnis. Sie möchte die Sinne als ein mögliches Zentrum der Erfahrung verteidigen und glaubt, dass sich die Popkultur besser darauf versteht als die oft steife, distanzierte Kunstwelt.
Zwischen Kunst und Pop
Macht sich Stella selbst zum Produkt, zur käuflichen Ware? Nein, denn was so vorwitzig daherkommt, hat nicht das Ziel, irgend etwas vorzutäuschen. Es sind denn auch keine fertigen Massenprodukte, welche die Künstlerin anbietet, sondern Einzelstücke in Handarbeit. Aus Paketschnur eben und als aufwendig hergestellte Seidenmalereien, alles echt.
An keinen Ort passt diese Haltung besser als exakt an diese Schnittstelle zwischen Kunst und Pop, mitten unter die jungen Galerien der Liste, die selbst oft noch mit einem Bein in der Selbstfindungsphase stehen und sich ständig beweisen müssen. «Das ist keine Show, die ich hier abziehe, das mein ich ernst, mit ganz viel Respekt und ganz viel Liebe», bekräftigt Stella.
Und: «Ich verstecke mich nicht und halte den Kopf hin, wenn es darauf an kommt.»