«Tanz der Vampire» – Liebe auf den ersten Biss

Bei Roman Polanskis romantischem Vampirfilm wird unser Autor wieder zum Kind. Eine Hommage an ein verkanntes Meisterwerk zum 50-Jahr-Jubiläum.

(Bild: imago)

Die Schwerkraft gewinnt immer, über kurz oder lang geht es bergab. Aber was für ein Abenteuer, solange die Talfahrt dauert! Besonders auf zwei Brettern. Oder auch in einem Sarg.
Die grossartige Horrorkomödie «Dance of the Vampires» erblickte nur deshalb das Licht der Projektoren, weil Roman Polanski seiner Leidenschaft für den Wintersport ein Denkmal setzen wollte; nicht von ungefähr besitzt der französisch-polnische Filmemacher ein Chalet in Gstaad.

Zuerst war da also die Abenddämmerung über einer einsamen Skipiste, aus der sich schwarz konturiert die Idee zu einem bezaubernden Schauermärchen löste: zwei Vampirjäger, die in Erfüllung ihrer Pflicht (und aus Liebe!) ihrem Schicksal entgegenrutschen.

Klirrend kalte Pracht

Nach der Londoner Uraufführung am 13. Februar 1967 startete der Film im Herbst desselben Jahres international – und wurde gnadenlos verrissen. «Armselig, leblos, blutleer», höhnte die «New York Times», und die Beisslust der Kritiker war nicht ganz unbegründet.

Polanski hatte seinem Produzenten das Recht auf den Final Cut eingeräumt: Zwanzig Minuten fielen dem internationalen Release zum Opfer, der einen läppischen Zeichentrickfilm als Vorspann zeigte und den Titel zu «The Fearless Vampire Killers or Pardon Me, But Your Teeth Are in My Neck» verhunzte. «Niemand hat gelacht», urteilte Kritiker-Legende Roger Ebert, selbst Polanski distanzierte sich von der Stümmelversion.

Dabei mochte der Regisseur seinen Film, eben weil er so unprätentiös ist. «Ich wollte eine romantische Geschichte erzählen, die ebenso lustig wie beängstigend ist. Das sind die Dinge, die wir als Kinder gerne sehen.» Und genau so ist der Film in seiner originalen Fassung, voller Slapstick, Situationskomik und drolliger Einfälle, visuell überwältigend in seiner klirrend kalten Pracht und durchdrungen von dunklen Ahnungen und Sehnsüchten.

Wenn es einen Winterfilm gibt, der einen mit der kalten Jahreszeit versöhnt und wärmt: Das ist er.

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Mit «Dance of the Vampires» verbindet der Regisseur zudem Erinnerungen an «die schönste Zeit» seines Lebens. Der politisch verfolgte Regisseur war von Polen nach Frankreich und später nach England emigriert, wo er in seinem Gruselfilm auch gleich eine Hauptrolle übernahm. Als naiver Schüler seines nicht weniger unbeholfenen Lehrmeisters verguckt sich Alfred (Polanski) in die rothaarige Tochter (Sharon Tate) eines jüdischen Gastwirts.

Was im Film Liebe auf den ersten Blick ist, dauerte abseits der Kamera zwar etwas länger – Polanski wollte die Rolle der Wirtshaustochter urspünglich mit Jill S. John besetzen –, aber nach den Dreharbeiten waren die beiden ein Paar. Das Glück sollte nicht lange währen, nur zwei Jahre später wurde die schwangere Tate in Los Angeles von Anhängern der Manson Family ermordet.

Perverses Happy End

Doch auch ohne diesen blutrünstigen Epilog ist «Dance of the Vampires» eine abgründige Komödie. Polanski, der 1943 als Zehnjähriger aus dem Ghetto von Krakau geflüchtet war, nutzte seinen Vampirfilm, um ein saftiges Stück jüdischer Alltagskultur zu zeichnen, wie sie nach dem Holocaust und den stalinistischen Säuberungen in Polen nicht mehr zu finden war.

Dieser historische Schrecken läuft leichtfüssig mit, besonders eindringlich während des grossen Balls, wenn die Vampire vor einem Wandgemälde von Pieter Brueghels «Triumph des Todes» ihren schaurigen Reigen aufführen. Zuletzt ist alle Unschuld dahin, das Reine verdorben, und trotzdem fühlt sich der finale Biss an wie ein – perverses – Happy End: Die beiden Liebenden haben sich jetzt für alle Ewigkeit.

Das macht «Dance of the Vampires» zur unvergleichlichen Schlittenfahrt durch die Nacht, mit den Wölfen im Nacken, dem Wind in den Ohren – und den überirdisch schönen Chorälen von Krzysztof Komeda.

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