Theater in der Beiz mit Kommissär Hunkeler und dem Seemannschor

Der zweite Teil der Hunkeler-Krimireihe des Theaters Basel nach Hansjörg Schneider dringt tief in die Psyche der Titelfigur ein. Und als zuschauender Gast in der Beiz ist man ganz nahe mit dabei.

Kommissär Hunkeler (Andrea Bettini) und Detektiv-Wachmeister Madörin (Martin Hug) in der Beiz.

(Bild: Kim Culetto)

Der zweite Teil der Hunkeler-Krimireihe des Theaters Basel nach Hansjörg Schneider dringt tief in die Psyche der Titelfigur ein. Und als zuschauender Gast in der Beiz ist man ganz nahe mit dabei.

Das Restaurant Schiff an der Hochbergerstrasse ist voll. An einem langen Tisch am Rand haben die schnauzbärtigen Männer des Seemannschors «Störtebekers» Platz genommen (sie werden später von der ewigen Sehnsucht nach der Ferne und der Heimkehr singen). Auf den Tischen stehen Stangen, Weingläser oder ein Kaffee im Glas, für die man hier einiges weniger bezahlen muss als in der Umgebung der Theater-Stammhäuser im Stadtzentrum.

So werden alle Anwesenden noch stärker als im ersten Teil im Rhybadhüsli, als die Zuschauer und die Spieler noch klarer voneinander getrennt waren, zum Teil der Szenerie. Der Unterschied ist zu Beginn eigentlich lediglich, dass die Zuschauenden Kopfhörer tragen und die Spielenden, der Kommissär, seine Freundin und sein Assistent, mit Mikros ausgerüstet sind.

Intimes Spiel

Dass bei diesem zweiten Teil der Hunkeler-Krimireihe des Theaters Basel («Kommissär Hunkeler: Ein Fall für Basel») Mikroports getragen werden, erstaunt im ersten Moment. Vor einer Woche, als die Schauspieler und Laien draussen gegen den Wind und grössere Distanzen zum Publikum ankämpfen mussten, stellte sich diese Frage nicht. Aber drinnen in der Beiz? Zumal der Saal des Restaurants Schiff akustisch wenig Probleme zu bieten scheint.

Es ist wohl eine stilistische Frage, die die Regisseurin Daniela Kranz zu diesem Entscheid geführt hat. Sie inszeniert diesen zweiten Teil, der tief in die Psyche des Kommissärs (Andrea Bettini) eindringt, als intimes und untheatralisches Spiel – wie im Film. Die Protagonisten sprechen so, als wären sie unter sich und nicht auf einer Bühne, die es in diesem Fall ja auch gar nicht gibt.

Langsam kommt die Handlung in Gang

Das hat ab und an auch etwas weniger angenehme Auswirkungen, wenn man als Zuschauer über die Kopfhörer etwas zu deutlich die Schlürf- und Schmatzgeräusche von Hunkeler mitbekommt, der sein «Schnitzel Obelix» und den Beaujolais nicht ganz so gesittet herunterschlingt. Gleichzeitig aber öffnet dieses technische Hilfsmittel den Zugang zum introvertierten, etwas selbstquälerischen Wesen der Titelfigur, der im rätselhaften Tod des alten Seemanns Parallelen zum Tod seines Vaters sieht.

Ein kurzer Blick zurück: Hunkeler verbringt seine Ferienzeit im Rhybadhüsli St. Johann. Dort bekommt er mit, wie ein Mann von der Johanniterbrücke in den Rhein stürzt und später stirbt. Weil er sich nicht überwinden konnte, in den Rhein zu springen und den Gestürzten rauszufischen, plagt Hunkeler das schlechte Gewissen. Und es erinnert den Kommissär an den Tod seines Vaters, den er im Sterben in Stich gelassen hat.

Noch ist es kein erwiesener Mord

Während im ersten Teil noch nicht viel passierte, kommt die Handlung im zweiten Teil nun langsam in Gang. Die Theaterfassung von Daniela Kranz und Andrea Bettini schafft es geschickt, die langen inneren Monologe aus der Krimivorlage Schneiders auf ein Minimum zu beschränken oder sie in Dialoge zu verpacken. Stimmig gezeichnet ist die Figur Hunkelers, der sich durch seine eigene unbewältigte Geschichte dazu gedrängt sieht, dem Fall, der noch nicht richtig einer ist, auf den Grund zu gehen.

Der Abend gewinnt aber vor allem an dramatischer Spannung, weil nun auch Hunkelers Gegenpol, der Detektiv-Wachmeister Madörin, stärker ins Spiel kommt. Martin Hug verkörpert in dieser Figur einen hinreissend mürrischen Columbo-Verschnitt, der aber im Gegensatz zu diesem Vorbild spürt, dass er ohne seinen Chef letztlich nicht weiterkommt. Bettini und Hug sind ein wunderbar gegensätzliches Ermittlerpaar, dem man gerne zuschaut.

Nebenfiguren bleiben im Hintergrund

Dies hat aber zur Folge, dass die von Laien gespielten Nebenfiguren – mit Ausnahme von Hunkelers Freundin Hedwig (Àgota Skorski) und dem alten Beizensitzer Willi Holzherr (Martin A. Steiner) – mehr oder weniger nur noch als Statisten agieren. Dafür aber hat der Seemannschor «Störtebekers» mit zwei Seemannslieder, die von der Welt des Opfers handeln, seinen grossen Auftritt.

Noch ist am Schluss des zweiten Teils nicht ganz klar, ob es Mord war – obschon bereits ein möglicher Täter ins Visier gelangt. Aber jetzt ist die Krimihandlung in Gang gebracht, und gespannt wartet man darauf, wie es in der kommenden Woche ab dem 20. April weitergehen wird.
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«Kommissär Hunkeler: Ein Fall für Basel». Folge der Krimireihe nach Hansjörg Schneiders Roman «Flattermann» des Theaters Basel. Die nächsten Vorstellungen: 14. und 15. April im Restaurant Schiff.

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