Floss-Kapitän Krattiger kreuzte dieses Jahr in ruhigen Gewässern. Das Geschehen an Land weckt jedoch den Strassenkämpfer.
Tino Krattiger, mit dem Wetter- und Wasserglück gibt es beim Floss 2016 selbst für den Kapitän keinen Grund zur Klage, oder?
Nein, aber ich habe ja selber für neue Probleme gesorgt, indem ich nun auch auf der anderen Seite der Häuserzeile spiele.
Nun reden wir aber nicht über die Rheingasse, sondern das Floss. Die Bühne war nach 17 Jahren zum letzten Mal im Einsatz. Hatte sie ein schönes Finale?
Ah ja. Das neue Floss liegt schon in der Werft bereit, drei Meter breiter. Das hat keinen Einfluss auf das Programm.
«Der Programmzirkus ist so schlimm geworden, dass unser Booker Heinz Darr nicht mehr machen kann, was er eigentlich will.»
Der Abgang des langjährigen musikalischen Programmverantwortlichen Heinz Darr dagegen schon.
Ja.
Das ist nach all den Jahren alles, was Sie dazu sagen?
Nun, wer gehen will, geht – und seine Gründe sind einleuchtend: Der Programmzirkus ist so schlimm geworden, dass er nicht mehr machen kann, was er eigentlich will. Wobei ich finde, dass er wieder grossartige Arbeit geleistet hat.
Der grösste Publikumserfolg dieses Jahr war Brandhärd. Dabei haben Sie doch bewusst weniger Basler Bands engagiert.
Ja, die haben dieses Jahr alle Rekorde gebrochen. Da waren wohl 4000 Leute am Rheinufer. Aber ich glaube, Marla Glen könnte das heute noch toppen.
Wenn Basler Bands derart ziehen, werden nächstes Jahr wieder mehr als zwei lokale Gruppen spielen?
Warum nicht? Das ist alles nicht in Stein gemeisselt.
Anscheinend waren die Hip Hop Fans nicht nur zahlreich, sondern auch spendabel?
MC Fetch hat ja ausgerufen, der gute Ruf stünde auf dem Spiel. Sie sind rehabilitiert. Das kann man schreiben. Es war gut, bravo. Die Mädchen und Buben sind gross geworden.
Sie sagten auch, es sei nur eine Frage der Zeit, bis alle grossen Basler Bands auf dem Floss gespielt haben: wer fehlt noch?
Hmm, die Lovebugs hatten wir auch schon. Nun müssen erst neue Bands gross werden.
Mögen sie noch darauf warten? Ist der alte Kämpfer Krattiger nicht langsam müde?
Doch, aber es geht gerade um vieles. Es gibt noch immer Leute die meinen, sie können die Filetstücke in Klein– und Grossbasel privatisieren. Das ging leider unter früheren Regierungen. Ich meine, was ritt die Politiker 1996, als…
«Mein Engagement bedeutet gratis schaffen, angepisst werden und viel Energie investieren.»
Sie schweifen weit in die Vergangenheit und wirken dabei weit lebendiger als beim Résumé des Floss-Jahrganges. Da waren Sie für Ihre Verhältnisse sehr maulfaul. Ist das Floss für Sie ein Auslaufmodell, das einfach läuft und läuft?
Es geht doch einfach darum, den öffentlichen Raum für Begegnungen zu öffnen. Da hat man für Millionen ein Konzept gemacht, den Autoverkehr verboten und versprochen, man mache das für die Aufenthaltsqualität.
Der Kämpfer ist geweckt, die Frage aber nicht beantwortet.
Weil beim Floss alles stimmt, so wie es ist. Klar könnte man ein paar zusätzliche Essstände platzieren und mit mehr Geld berühmtere Bands buchen. Aber ich hätte lieber noch mehr als das eine Floss. Darum ist es so spannend, was am Hafen und in der Rheingasse passiert. Das Leben findet draussen statt. Aber das bringt mir viel Ärger. Das ist nicht toll. Das bedeutet gratis schaffen, angepisst werden und viel Energie investieren. Dabei könnte ich mich ja auch auf den Lorbeeren ausruhen.
Kokettieren sie mit dem Ärger als Übel nicht etwas? Er scheint Ihnen viel Energie zu verleihen.
Da haben sie recht.
Vielleicht trotzdem noch ein Résumé, etwas Spezielles zum diesjährigen Floss?
Hmm, war was? Vielleicht, dass es noch immer Leute gibt, die das erste Mal am Kleinbasler Ufer stehen und dies per se anrüchig finden. Ansonsten nein: dieses Jahr ist nichts wahnsinnig Aufregendes passiert.
Man kann ja auch mal einen ruhigen Sommer geniessen?
Ja.
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Heute abend beendet die Bluessängerin Marla Glen den Konzertreigen im Rhein.