«Tsch Tsch Dnnnnngg! … KK!» – So klingen die Musikmaschinen von Jean Tinguely

Jean Tinguelys Kunstmaschinen klingen. Manche klingen ganz besonders, weil es ihr Kernzweck ist: Das Museum Tinguely hat erstmals alle vier Werke der «Méta-Harmonie»-Serie zu einem fulminanten Maschinenmusik-Konzert zusammengeführt.

Fatamorgana – Méta-Harmonie IV aus dem Jahr 1985: die letzte und grössete Musikmaschine Tinguelys.

(Bild: Daniel Spehr ©, Zürich 2016)

Jean Tinguelys Kunstmaschinen klingen. Manche klingen ganz besonders, weil es ihr Kernzweck ist: Das Museum Tinguely hat erstmals alle vier Werke der «Méta-Harmonie»-Serie zu einem fulminanten Maschinenmusik-Konzert zusammengeführt.

«Tsch Tsch Dnnnnnng! … KK!» erklingt es von hinten her in den grossen Saal des Museums Tinguely. So zumindest besagt es die lautmalerische Synchron-Übersetzung der Töne, welche die Musikmaschine «Méta-Harmonie III» erzeugt. Die Basler Designer berger + stadel + walsh haben für die Ausstellung «Musikmaschinen/Maschinenmusik» im Museum Tinguely ein spezielles Computer-Übersetzungsprogramm geschaffen, das die Töne lesbar macht.

Wir würden eher schreiben, dass es scheppert, rattert, quietscht, schlägt, zirpt und zuweilen flötet und trötet. Mit Ausnahme von flöten und tröten tun dies eigentlich fast alle Werke von Jean Tinguely. Sie sind immer ein audiovisuelles Spektakel. Bei den «Méta-Harmonie»-Werken spielen die Töne oder Tonfolgen aber eine besondere Rolle.

Einmaliges Zusammentreffen

Tinguely hat vier dieser Werke geschaffen, die mit ihren ausladenden Ausmassen und grossen Rädern die typischen Merkmale seines Spätwerks zeigen. Die erste Maschine entstand 1978 für die legendäre Hammerausstellung, die letzte und grösste 1985. Nummer II und IV befinden sich als Dauerleihgabe und Teil der Sammlung permanent im Museum Tinguely. Die beiden anderen sind Leihgaben – eine davon, die Nummer III, um genau zu sein, hat eine achtwöchige Schiffsreise von Japan hinter sich. (Eine fünfte «Méta-Harmonie» ist Bestandteil des Monsterwerks «Le Cyclop» in Milly-la-Forêt und damit nachvollziehbarerweise nur im Film zu sehen und zu hören.)

Dass die Museumsmacher die vier «Méta-Harmonie»-Werke zusammengebracht haben, ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Erstens ist es das erste und sicher für sehr lange Zeit letzte Zusammentreffen der vier Musikmaschinen. Und zweitens sind in den Haupt-Ausstellungsräumen des Museums Tinguely tatsächlich wieder einmal Werke des namensgebenden Künstlers zu sehen.

Vereint zum Monster-Maschinenkonzert

Die vier Werke teilen sich den grossen Ausstellungsraum im Erdgeschoss des Museums. Und mittendrin steht mit dem fahrbaren «Klamauk» die vierte Musikmaschine. In regelmässigen Abständen spielen die fünf Werke zu Einzelkonzerten auf. So richtig zur Sache geht es aber jeweils dann, wenn alle fünf sich zum Monster-Maschinenkonzert vereinen.

Wie klingen sie denn nun, die Musikmaschinen von Tinguely? Von Harmonien, wie wir sie aus der Musik kennen und wie sie die Titel suggerieren, kann nicht die Rede sein. Aber es sind ja auch Méta-Harmonien – das Präfix Méta bedeutet, dass man sich in eine höhere Stufe von Harmonien begibt, also dorthin, wo sie quasi über das Harmonische hinausgewachsen sind.

Tinguely selber sagte einst: «Meine Apparate machen keine Musik, meine Apparate benützen Töne, ich spiele mit den Tönen, (…) ich lass die Töne gehen, ich gebe ihnen Freiheit.»

Wie das klingt, ist unten zu hören. Aber noch besser natürlich in der Ausstellung selber, zu der es ein ausführliches Begleitprogramm gibt mit Konzerten und Gast-Musikmaschinen anderer Künstler, die sich abwechseln.

«Méta-Harmonie I» aus dem Jahr 1978 ist die erste der vier Musikmaschinen. Geschaffen hat sie Tinguely für die legendäre Hammerausstellung, heute spuckt sie am Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien ihre Töne. (Foto: mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien ©ProLitteris, Zürich 2016)

«Méta-Harmonie II» entstand 1979 für eine Ausstellung im Frankfurter Städel-Museum und wurde von der Emanuel Hoffmann-Stiftung angekauft. Sie steht als Dauerleihgabe im Museum Tinguely. (Foto: Daniel Spehr ©ProLitteris, Zürich 2016)

«Pandämonium N°1 – Méta-Harmonie III» aus dem Jahr 1984 war ein Auftragswerk für eine japanische Supermarktkette und ist noch immer in Japan zu Hause. (Foto: Daniel Spehr ©ProLitteris, Zürich 2016)

«Fatamorgana – Méta-Harmonie IV» aus dem Jahr 1985 ist die letzte und grösste Musikmaschine Tinguelys. (Foto: Daniel Spehr ©ProLitteris, Zürich 2016)
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Museum Tinguely: «Musikmaschinen/Maschinenkunst», bis 22. Januar 2017. Die Ausstellung wird ergänzt durch ein reichhaltiges Begleitprogramm mit Konzerten und Gastauftritten von zeitgenössischen Künstlern, die sich mit Maschinenmusik und Musikmaschinen befassen.

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