Der Kaskadenkondensator ist ein Raum, der künstlerische Experimente und Projekte möglich macht. Noch immer kennt ihn nicht jeder – dabei wird er nun schon 20 Jahre alt.
Das Konzept des Kaskadenkondensators kann in der öffentlichen Wahrnehmung schon etwas verwirren. Da ist dieser Raum, im Gebäude des Warteck PP am Burgweg in Basel, 120 Quadratmeter gross und vier Meter hoch. Und jedesmal, wenn man da hinkommt, geht darin etwas anderes vor. Einmal ist es eine Performance, einmal eine Ausstellung, es haben auch schon Kunstschaffende hier gewohnt und mit Besuchern Kaffee getrunken und diskutiert. Manchmal, da ist sogar das Schild über der Tür weg, auf dem das Wort «Kaskadenkondensator» prangt, und da steht etwas anderes. «Vogelhaus» zum Beispiel, wie im November 2012.
Ja was nun?, mag man sich denken. Dabei ist doch alles ganz einfach. Hinter dem Kaskadenkondensator steht ein Verein. Und diesem Verein ist vor allem etwas wichtig: dass der Kaskadenkondensator ein offener Raum bleibt, der Möglichkeiten bietet. Möglichkeiten aller Art. Und so kommt es, dass man sogar den Namen des Ortes entfremden darf, wenns denn passt.
Den Kaskadenkondensator – wir nennen ihn ab jetzt Kasko, so wie der Volksmund das der Einfachheit halber tut – gibt es nun seit 20 Jahren. Am Samstag steigt deswegen ein grosses Ausstellungsfest. Und dieses bringt, was das Programm des Kasko immer wieder birgt: viele Überraschungen.
«So solls sein», sagt Chris Regn, die seit nunmehr fünf Jahren im Kasko als Kuratorin die Zügel in der Hand hält. Regn ist selbst Künstlerin – wie alle, die im und für den Kasko arbeiten. Neben Regn gehören zum Team im Moment die Kunstschaffenden Anna Nitchaeff, Axel Töpfer, Marcel Schwald und Nicole Boillat, der Vorstand setzt sich zusammen aus den Künstlerinnen Monika Dillier, Sus Zwick und Muda Mathis.
Ein Raum als Gastgeber
Der Verein Kasko versteht sich grundsätzlich als Gastgeber. Selber formuliert das Kasko-Team den Auftrag so: «Der Kaskadenkondensator versteht sich als ein Ort der Vermittlung und des experimentellen, forschenden und prozesshaften Kunstschaffens mit Schwerpunkt auf Performance und anderen performativen Ausdrucksformen.» Wobei man Performance nicht zu eng sehen sollte, betont Regn: «Wir verstehen Performance als Werkzeug, sie muss nicht immer konkret im Zentrum stehen.» Trotzdem: Als Performance-Raum ist der Kasko bis heute im deutschsprachigen Raum einzigartig geblieben und weit über die Region hinaus bekannt – wenn auch einem eher engen Kreis von Leuten. Insidern, würden einige wohl sagen.
Beispiele dafür, wie der Raum genutzt werden kann (aus dem Jahresbericht des Kasko 2013).
Auch in Basel kennt die Szene den Kasko, und die Kantone Basel-Stadt und Baselland honorieren seine Arbeit mit Beiträgen aus dem Lotteriefonds, die wenigstens die Miete decken. Ansonsten: Fast alles hier beruht auf Eigeninitiative. Die Projekte derjenigen, die hier ausstellen oder aufführen, ebenso wie das Projekt Kasko an und für sich. Die Idee dazu entstand, als das Warteckgebäude sich zum Werkraum Warteck PP wandelte. Man bewarb sich und mietete diesen Raum, der sich damals noch roh – ohne weisse Wände, ohne glatten Boden – zeigte. Mit der Zeit erst verwandelte er sich in das, was er jetzt ist. Immer wieder kam etwas Neues dazu.
Ein Loch verschwindet
Gerade eben wurde wieder etwas umgebaut. Weil das danebenliegende Malzsilo mit neuen Zwischenböden versehen wurde, gibt es von da nun neu eine Tür in den Kasko hinein. An der Stelle befand sich aber ein grosses, quadratisches Loch im Boden, das als separater Raum genutzt werden konnte. Für dieses hat man nun eine Holzdecke konstruiert, die aufgeklappt werden kann, damit der Raum darunter nicht verloren geht, und gleichermassen als Boden dient. Die Fläche für Experimente wurde damit noch vergrössert, der Raum noch attraktiver.
«Die Leute können hierher kommen und ihre Projekte verwirklichen, ohne gleich einen eigenen Offspace aufmachen zu müssen», sagt Regn. Es gibt regelmässige Formate, zum Beispiel die Reihen «Ferien» oder «Nest». Das klingt familiär, und eine solche Atmosphäre vermittelt der Kasko. Organisation gibt es trotzdem, und sie ist auch wichtig. Seit rund anderthalb Jahren ist nicht nur das Team für die aufwendige Organisation besorgt, sondern greift auch der Vorstand wieder aktiver ein, sagt Regn. Mit ganz konkreten Ideen: So sagt Vorstandsmitglied Monika Dillier, es sei ihnen wichtig, das Publikum immer wieder neu aufzumischen, es stärker zu durchmischen. Dazu gehöre, dass man es für wichtig erachte, generationenübergreifender zu arbeiten.
Jung und Alt
Das Jubiläumsjahr macht dies deutlich mit Ausstellungen und Projekten, die von ganzen jungen Positionen (zum Beispiel einem Workshop des Kollektivs Dr. Kuckuckslabrador) bis zu älteren reicht – wenn etwa Guido Nussbaum eine Ausstellung mit Werken des Illustratoren und kommunistischen Aktivisten Heiri Strub ausrichtet.
Doch egal, was der Kasko macht: Es fehlt noch immer ein Stammpublikum. Jedes Projekt, jede Gruppe bringt ihre eigenen Leute mit, lockt sie mit eigenen Mails und Flyern. Doch die meisten kommen nur sporadisch – sogar jene, die hier Projekte durchführen. Durch die Lage im zweiten Stock des Warteck fehlt auch ein Laufpublikum. Eigentlich ist dies erstaunlich, wenn man bedenkt, dass man nach der 20-jährigen Geschichte mit ihren unzähligen Projekten heute über ein Netzwerk verfügt, das sehr weitreichend ist. Denn jeder war wohl schon mal im Kasko. Vielleicht sollte man doch öfter mal hin – Überraschungen mag schliesslich jeder, und enttäuscht wird man hier eigentlich nie.
Wie wäre es mit einem Besuch an diesem Samstag? Dann feiert der Kasko sein Jubiläum, mit einer Ausstellung in drei Akten. Mehr dazu finden Sie in unseren Wochenstopp.
Wem dieser Termin nicht passt:
Ab 14. März richtet die Künstlerin Silvia Bergmann die Ausstellung «Studiostücke» im Kasko ein. Bergmann verbindet in ihren Arbeiten Musik und Video, oft in direkter Zusammenarbeit mit Bands. Im ersten von zwei neu entstandenen Videos, die sie in einer Kinosituation präsentieren wird, spielen Musiker und Musikerinnen am Computer entstandene Sounds nach – ein nicht ganz stimmiges Playback entsteht. Zentral in der zweiten Arbeit ist ein Schiff, auf dem das Duo «Landi Bandi» einen Song spielt. Das Schiff wird als Requisite zur Vernissage am 14. März als Bühne für Kurzkonzerte dienen. Die Ausstellung bleibt dann bis 23. März geöffnet.
Ein paar Tage später, am 28. März, wird die Ausstellung «Prints & Tunes» eröffnet. Auch sie verknüpft die Kunstsparten Musik und bildende Kunst, jedoch auf ganz andere Weise: Im Mittelpunkt steht hier das künstlerisch gestaltete und handgedruckte Siebdruck-Konzertplakat – oder internationaler ausgedrückt: das Gigposter. Die Exponate stammen von Blackyard (CH), Damien Tran (F), Error! Design (E), Lars P. Krause (D), Luke Drozd (UK), Märt Infanger (CH), Marco Papiro (CH), Markus Stähli (CH), Michel Casarramona (CH), Ron Hunger (CH) und Travis Bone (USA), und sie zeigen eine Kunst, die man selten im Ausstellungsraum sieht. Ein Leckerbissen. Bis 12. April.