Drinnen oder draussen? Zwei Zäune in der Elisabethenanlage stellen uns vor ein Wahrnehmungsproblem. Sie stammen vom Künstler Erik Steinbrecher.
Zwei weisse Zäune, beide in einem Kreis angelegt. Im Zentrum des einen Zaunes wachsen hohe, mächtige Bäume, im anderen hohes, wildes Gras. Die Zäune haben Tore, sie sind verschlossen. Wer davor steht, steht draussen.
Oder doch nicht?
Die Zäune befinden sich in der Elisabethenanlage beim Bahnhof SBB, neben dem Strassburgerdenkmal. Gestaltet hat sie der Basler Künstler Erik Steinbrecher, «Polka» und «Landler» heissen die Werke.
Die weissen Holzlattenzäune entsprechen in ihrer Machart handeslüblichen Gartenzäunen, sind aber masstäblich verzerrt. Auf einer Seite vertikal angeordnete Holzlatten, oben stumpf abgeschnitten, auf der anderen Seite horizontale Querverstrebungen. Diese Verstrebungen befinden sich normalerweise, so der Zaun zur Abgrenzung eines Gartens dient, auf der Innenseite des Gartens – dem Haus und seinen Bewohnern zugewandt.
Gewohnheit ausser Kraft
Bei Erik Steinbrechers Zäunen befinden sie sich aussen, zum Betrachter hin. Die gewohnte Wahrnehmung wird verdreht: Das, was sich normalerweise ausserhalb des Zaunes befindet, die Wildheit, die Natur, wird hier vom Zaun eingeschlossen.
«Polka» und «Landler» entstanden im Jahr 2008 im Zuge der Umgestaltung der Elisabethenanlage. Dabei ging es vordergründig darum, den Park offener und freundlicher zu gestalten. Das Wettbewerbsteam bestehend aus dem Landschaftsarchitekten Günther Vogt, dem Architekturbüro Christ & Gantenbein und dem Künstler Steinbrecher setzte sich mit ihrem Beitrag durch. Vogt also gestaltete den Park inklusive Beleuchtung und Möblierung, Christ & Gantenbein bauten den alten Pavillon zum Café um. Erik Steinbrecher, so erzählt der Künstler, beabsichtigte mit seinen Zäunen «das Ensemble Strassburgerdenkmal, Musikpavillon und Parterre zu erweitern».
Der Übersichtlichkeit des Parkes zuliebe sollten, so der Wunsch des Baudepartements, zahlreiche Pflanzen weichen. Hier setzte Steinbrecher an: «Mein Impuls war, die aufgeräumten Pflanzen zu sammeln und einzufrieden», erklärt er.
(Bild: Karen N. Gerig)
Nun also sind die Pflanzen umzäunt. In Sicherheit gebracht? Auf dem ihnen zugewiesenen Terrain jedenfalls können sie wild wuchern und sich ausbreiten, geschützt vor Eingriffen. Sie sind drinnen in ihrem Gehege, und sie sind draussen, ausserhalb des Geländes des Park-Besitzers.
Gleichsam wirken sie ausgestellt, wie Tiere in ihrem Käfig. Wie eine exotische Spezies, die es zu schützen gilt. «Polka» und «Landler» hat Steinbrecher die runden, bewegten Formen genannt. Man mag an Reigen denken, oder besser an längst vergangene Tänze, irgendwo auf dem Land, auf einer Wiese. An etwas, was höchst folkloristische Züge aufweist. Das nicht mehr ganz echt ist, nicht mehr zeitgemäss. Eine fremde Seltenheit eben. Schützenswert.