Und ewig drehen sich die Tinguelys

«Stillstand gibt es nicht!» Das Museum Tinguely präsentiert das wundersame Reich der beweglichen Kunstmaschinen des namensgebenden Künstlers neu.

Der Name Tinguely prangt in grossen Buchstaben an der Fassade und über dem Eingang des gleichnamigen Museums. Doch wer über die Schwelle des Hauses tritt, muss oft konstatieren, dass der Name nicht wirklich spontan sichtbares Programm ist. Und das ist auch gut so. Mit spannenden, überraschenden und zuweilen sehr amüsanten Sonderausstellungen mit Werken zeitgenössischer Künstler hat es das 1996 eröffnete Museum vermieden, als Einkünstler-Mausoleum zu verstauben.

Es lohnt sich aber dennoch, ab und zu einen Blick in die Räume hinter, über und unter den zentralen Sonderausstellungstrakt zu werfen, wo das Museum Teile seiner umfassenden Tinguely-Sammlung präsentiert. Jetzt ist der beste Zeitpunkt dafür, weil das Haus die Sammlung in einer attraktiven und klug konzipierten Inszenierung neu präsentiert.

Im Grundsatz hielt sich die verantwortliche Kuratorin Sandra Beate Reimann an eine chronologische Ordnung.

Bedeutendes Frühwerk

Die Sammlungspräsentation beginnt in der Galerie im ersten Obergeschoss mit den frühen beweglichen Reliefs und filigranen Drahtskulpturen aus der zweiten Hälfte der 1950er-Jahren. Das Museum ergänzt die Präsentation der wegweisenden Werke aus der Sammlung mit bedeutenden Leihgaben unter anderem aus den Sammlungen der Fondation Beyeler, des Kunstmuseums Basel und des Kunsthauses Zürich. So kommt ein umfassendes und überaus sehenswertes Konvolut aus der frühen Schaffensphase zusammen, die zu den bedeutendsten in der Karriere des Künstlers zählt.

Im zweiten Obergeschoss sind dann die Schrott-Maschinen aus den 1960er-Jahren zu sehen, mit denen Tinguely über die Fachkreise hinaus den Durchbruch schaffte und zum Star avancierte. In diesen Jahren sorgte der Künstler auch mit den spektakulären, sich selbst zerstörenden Installationen in den USA für Schlagzeilen, auf die mit Filmdokumentationen und wenigen übrig gebliebenen Relikten hingewiesen wird.

Und schliesslich folgen Ende der 1960er-, Anfang 1970er-Jahre die beweglichen schwarzen Skulpturen – die typischen «Tinguelys», zu denen unter anderem auch der berühmte Tinguely- oder Fasnachts-Brunnen auf dem Theaterplatz zählt, der natürlich nach wie vor am angestammten Ort Wasser speit.

Durchzogenes Spätwerk

Im Untergeschoss schliesslich wird das Spätwerk Tinguelys präsentiert: Multimediale Installationen, artifizielle Spielereien mit Bohrmaschinen und bunten Staubwedeln, sein subversiver Entwurf für eine neue Wettsteinbrücke und die Einrichtung des Café Kyoto, die er 1987 in der gleichnamigen Stadt in Japan geschaffen hat.

In diesem Bereich zeigt sich aber auch, dass der inzwischen zu einer Art Schweizer Nationalkünstler avancierten Maschinenplastiker nur noch bedingt an die bedeutenden Schaffensperioden der früheren Zeiten anknüpfen konnte. In Erinnerung an die frühere Sammlungspräsentation offenbart sich auch eine mehr oder weniger schmerzliche Lücke, die aber zum Glück nur temporär ist: Die grossformatige Musikmaschine «Méta-Harmonie II» von 1979, eine Dauerleihgabe der Emanuel Hoffmann-Stiftung, befindet sich gegenwärtig im Restaurierungs-Atelier.

Man sollte den Rundgang durch die Sammlung also nicht im Untergeschoss beenden, sondern unbedingt noch die überragende späte Installation «Mengele-Totentanz» aus dem Jahr 1986 besuchen, der das Museum eine eigene düstere Kapelle gewidmet hat.

Zeitgleich zur neuen Sammlungspräsentation hat das Museum Tinguely einen neuen digitalen Ausstellungsguide entwickelt. Die App mit dem Titel «Meta-Tinguely»  besticht durch ihre spielerisch-interaktiven Elemente und stellt damit viele entsprechende Angebote aus anderen Museen in den Schatten.

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