Einer Performancekünstlerin eine Ausstellung zu widmen, ist nicht einfach und wirkt schnell leblos. Die Kunsthalle Basel versucht es mit Georgia Sagri – und das Experiment gelingt.
In einem Overall, auf dem ihr eigener Körper – bekleidet mit Shorts und einem weissen Trägerhemd – aufgedruckt ist, steht die Performancekünstlerin Georgia Sagri vor einer imposanten Backsteinwand-Kulisse. Hier vollführt sie nun präzise einstudierte Bewegungen, zunächst der Mauer zugewandt. Als sie ihren ausdrucksvollen Blick zum Publikum wendet, bleibt er starr, durch die Menschen hindurchblickend, ohne wirklich mit ihnen Kontakt aufzunehmen.
Dann bewegt sich Sagri unvermittelt, mit einigen schnellen sprungartigen Schritten nach rechts, in die Richtung, wo die Mauer endet. Hier hält sie inne, ringt mit sich, macht Anstalten, hinter die Wand zu schauen, die sie wieder verwirft, überwindet sich dann doch, tut es schliesslich mit einem beherzten Sprung, um sich sofort wieder hinter die Mauer zurück zu flüchten. Das Ganze wirkt wie ein kindliches Versteckspiel: hide and seek – nicht sichtbar und gleichzeitig sichtbar sein.
Hier knüpft auch das Thema der Ausstellung «Mona Lisa Effect» an: Das Phänomen, sich beim Betrachten eines Porträts vom Porträtierten beobachtet zu fühlen, aus welchem Blickwinkel man ihn auch betrachtet und sich dabei im Raum bewegt. Der uns kontrollierende Blick und die Bewegung werden von der Künstlerin nicht nur physisch interpretiert, sondern auch politisch und gesellschaftlich hinterfragt. Privates und Öffentliches sind nicht mehr klar trennbar, die sozialen Medien bestimmen unseren Alltag.
Vernetzt und kopflos
Vernetzung ist für die in Athen geborene und heute in New York lebende Künstlerin aber auch ein wichtiger Bestandteil ihres komplexen Schaffens, welches performative Events, Videoarbeiten, Malerei, Fotografie, Objektkunst und Texte umfasst. So integrierte sie in die Ausstellung in der Kunsthalle verschiedene Arbeiten befreundeter Künstlerkollegen oder auch die Websites von Organisationen wie «Cage» oder «Embros Occupation», die auf ihrem Blog besucht oder mittels QR-Codes, die an den Wänden der Ausstellungsräume angebracht sind, abgerufen werden können. Eine Art Intro in Form eines Videos, das man sich vor dem Eingang in den Hauptsaal ansehen kann, erklärt den Besuchern die Vorgehensweise und führt zugleich durch die Ausstellung.
An der Rückseite der grossen Backsteinmauer, die den Oberlichtsaal in zwei Bereiche teilt, hängt der abgelegte Overall während der Performance-Pausen anschaulich an der Wand. Der fehlende Teil, Sagris Kopf, der ebenfalls als Textildruck umgesetzt wurde, schwebt unter dem Glasfenster an der Decke, getragen von einem Luftballon, und überschaut von hier aus den ganzen Raum.
Systemkritik
Im kleineren Nebenraum befindet sich eine Vitrine, in der ein plattgewalztes Vierteldollarstück zu sehen ist – eine kritische Hinterfragung der bestehenden Weltordnung oder ein Verweis auf mögliche Veränderungen? Eindrücklich auch das Panoramabild im zweiten Nebenraum, das eine mit systemkritischen Graffitis und Schriftzügen bemalte Häuserwand im Exarchia-Viertel in Athen zeigt. Hier wurde im Dezember 2008 der Schüler Alexis Grigoropoulos von einem Polizisten erschossen und dadurch die folgenden Athener Proteste ausgelöst.
Träger für die riesige Fotografie ist eine nachgebaute Drehmaschine, wie sie für Stummfilm-Kulissen verwendet wurde. Sie bewegt das Bild in horizontaler Richtung langsam vorwärts und verschafft dem Betrachter so das eigenartige Gefühl, sich selbst an diesem emotional aufgeladenen Ort zu befinden.
Die Ausstellung beschränkt sich aber nicht nur auf die Räume der Kunsthalle und das Internet: An verschiedenen Orten in der Stadt wurden Poster aufgehängt, die Georgia Sagri – oder auch nur Teile von ihr, wie ein Arm oder ein Bein – vor ihren Bildern zeigen.
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«Georgia Sagri – Mona Lisa Effect», Kunsthalle Basel. Bis 8. Juni 2014.