Warum die «Couscous-Pfanne» mitmuss

Die England-Tournee des Sinfonieorchesters Basel wird von viel Gepäck begleitet. Wir haben die Musiker und Mitarbeiter gefragt: Was ist Ihr wichtigstes Reiseutensil?

Unentbehrliches Utensil für David Le Clair: der Tuba-Dämpfer. (Bild: Jean-François Taillard)

Die England-Tournee des Sinfonieorchesters Basel wird von viel Gepäck begleitet. Wir haben die Musiker und Mitarbeiter gefragt: Was ist Ihr wichtigstes Reiseutensil?

Die England-Tournee des Sinfonieorchesters Basel wird von viel Gepäck begleitet. Rund 3,5 Tonnen Material dürfte den Ärmelkanal überquert haben. Zwischen den Konzerten haben wir einen Teil des Tourtrosses gefragt, welches denn für sie persönlich das wichtigste Reiseutensil sei. 

Clara Fasse, Assistentin der Geschäftsleitung:

(Bild: Jean-François Taillard)

«Mein wichtigstes Reiseutensil ist der offizielle Notfallkoffer. Der ist bei jedem Konzert mit dabei. Da sind Kopfschmerztabletten, Verbandsmaterial und so weiter drin. Aber ich habe auch noch eine private Notfalltasche für Konzertabende: mit Ersatzstrumpfhosen, Sicherheitsnadeln, Schere, Makeup und Schokolade. Wenn dennoch etwas fehlt, besorge ich es schnell; einmal musste es zum Beispiel spezielle Schuhcreme für Lackschuhe sein. Das ist zwar – vor allem kurz vor Konzertbeginn – nicht immer einfach, aber bis jetzt konnten wir alles rechtzeitig lösen um die Musiker parat auf die Bühne zu schicken.»

 

Andreas Gilly, Viola:

(Bild: Jean-François Taillard)

«Mein wichtigstes Reiseutensil ist zum Beispiel mein Stimmgerät. Man kann es vorn an den Wirbelkasten der Bratsche klemmen. Es zeigt mir auch im grössten Orchesterlärm zuverlässig an, ob meine Saiten noch auf der richtigen Tonhöhe sind. Ich bin einer der wenigen im Orchester, der Darmsaiten verwendet. Meine Kollege bevorzugen meist Nylonsaiten. Die sind günstig, halten lang und können schnell gestimmt werden. Aber ich finde den Klang mit Nylonsaiten bei weitem nicht so lebendig und modulationsfähig. Klar, Darmsaiten können auch mal zickig sein, sie verstimmen sich leicht, wenn die Feuchtigkeit und die Temperatur sich ändert – aber darauf kann man sich einstellen, öfter mal leise mit dem Stimmgerät nachstimmen etwa. Dafür wird man mit einem unglaublich warmen Ton belohnt, der viel mehr Klangfarben und Obertöne ermöglicht als Nylonsaiten. Ich bin überzeugt: Wenn alle Streicher des Orchesters auf Darmsaiten umstellen würden, hätten wir einen noch schöneren Klang!»

Lars Magnus, Hornist:

(Bild: Jean-François Taillard)

«Ich verreise nie ohne meine Laufschuhe. Man hat ja sonst keine Bewegung auf Tour, wir sind zum Sitzen verbannt: Bustransfer, Proben, Konzerte spielen, Bustransfer… Ich laufe jeden Tag – auch zu Hause. Ausser, es ist am Abend eine lange Oper zu spielen, dann genügt mir mein normaler Arbeitsweg: Ich fahre mit dem Velo von Dornach nach Basel zu den Proben. Hier in Watford gibt es zum Glück einen grossen Park ganz in der Nähe des Hotels. Da treffe ich viele Kollegen; heute habe ich bestimmt zwölf von ihnen laufen gesehen. Das war früher anders: Als wir 2004 auf Tournee in Peking waren, waren wir nur zwei, die joggten.»

 

Jean-François Taillard, Horn:

(Bild: Hannes Bärtschi)

Mein wichtigstes Reiseutensil ist meine Fotoausrüstung. Ich habe zwei Stative dabei, einen Blitz mit Kunstlichtfilter und langem Kabel, einen weissen Schirm für Studiofotos und zwei Kameras. Damit kann ich auch Videos vom Orchester aufnehmen; für die Tonspuren habe ich noch zwei Mikrophone eingepackt. Nicht zu vergessen meine vier Objektive – alles zusammen 15 Kilo! Wenn ich nicht gerade fotografiere, spiele ich im Orchester Horn – seit 30 Jahren. Auf dieser Tour bin ich nur als Fotograf dabei, aber ich muss natürlich üben, damit ich fit bleibe. Mein Horn ist also auch mit auf Tournee.»

Masja Herzog, Bibliothekarin: 

(Bild: Jean-François Taillard)

Mein wichtigstes Reiseutensil ist mein USB-Stick. Da sind alle Noten, die wir auf der Tour benötigen, als pdf-Dateien gespeichert. Es hat eine gesamte Arbeitswoche gedauert, die Orchesterstimmen der drei Konzertprogramme einzuscannen! Wenn ich einmal nicht auf einer Tournee dabei sein kann, gebe ich den Stick einfach den Kollegen mit. So sind wir auf der sicheren Seite: Wenn einmal Noten verloren gehen, können wir sie einfach wieder ausdrucken.

Zum Glück war das noch nie nötig. Für die Sinfoniekonzerte in Basel stelle ich die Stimmen ins Intranet. Die Musiker können dann online üben. Manche haben sich dafür tatsächlich bereits einen grossen Bildschirm gekauft.

 Immanuel Richter, 1. Solo-Trompeter:

(Bild: Jean-François Taillard)

«Mein wichtigstes Reiseutensil sind meine drei Trompeten – meine Babys! Eine B-Trompete, eine C-Trompete und eine Piccolotrompete. Die drei habe ich immer dabei. Hier auf der Tournee brauche ich zwar nur die C-Trompete. Aber ich übe täglich auch auf den anderen Instrumenten, um neue Stücke einzustudieren. Jeden Morgen eine Stunde mit dem Instrument, anschliessend noch mental. Für mich sind Tourneen Arbeitsphasen, wo ich ungestört von der Familie arbeiten kann. Hier erledige ich Bürokram, längst fällige E-Mails, kann auch mal Tennis mit den Kollegen spielen. Ich möchte die Zeit nicht einfach verplempern, sondern für mich nutzen. Dann habe ich auch wieder Kraft für die Familie, wenn ich zurück bin. Man sagt ja immer, hinter einem starken Mann ist eine noch stärkere Frau, und das ist bei mir der Fall. Wir wohnen auf dem Land, haben vier Kinder (12, 9, 6, 2), Hühner, Schafe und Katzen. Meine Frau ist Geigerin, aber mehrheitlich zu Hause bei den Kindern – da kann sie natürlich nicht viel üben. Die Kinder finden mittlerweile auch Spass an der Musik. Aber sie sagen immer: «Bloss nicht Trompete, da muss man so viel üben wie der Papa! Da lernen wir lieber Geige – dafür muss man viel weniger üben!»

Urs Liska, Zuzüger Klavier und Celesta:

(Bild: Jean-François Taillard)

«Mein wichtigstes Reiseutensil ist mein Laptop. In den Stunden zwischen Proben und Konzerten kann ich ohnehin nicht üben – im Hotel gibt es kein Klavier. Deshalb vertreibe ich mir die Zeit mit meiner Doktorarbeit über «Mehrfachfassungen bei Schubertliedern» oder der Vorbereitung von Vorträgen über Open-Source-Notensatzsoftware. Hier im Orchester bin ich als Zuzüger dabei. Als Pianist in einem Orchester mitzuspielen, verlangt ganz andere Kompetenzen als das solistische Spiel. Ein Orchester atmet, braucht einen Moment, bis alle Instrumente klingen und schwingen – der Klavierton hingegen ist sofort da. Deshalb muss ich stets genau darauf achten, wie die Orchestermusiker auf den Schlag des Dirigenten reagieren, was bei jedem Orchester und Dirigenten anders sein kann.»

David Le Clair, Tuba:

(Bild: Jean-François Taillard)

«Mein wichtigstes Reiseutensil ist meine Tuba! Dazu gehört diese Couscous-Pfanne! – Nein, ein Scherz: Das ist ein Dämpfer für meine Tuba. Ich benötige ihn nicht in jedem Programm, aber oft. Man kann damit andere Klangfarben erzeugen. Natürlich wird die Tuba damit auch ein wenig leiser. Im Hotel könnte ich damit auch üben, aber mir genügt ein extra Mundstück. Damit kann ich die Lippenmuskulatur trainieren und Tonhöhen üben. Das quietscht nur ein bisschen.»

 

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