Was hat ein Punker im bürgerlichen Theater verloren? Schorsch Kamerun antwortet

Bekannt ist er als Mitgründer und Sänger der Punk-Band Die Goldenen Zitronen: Schorsch Kamerun ist als Performer und Regisseur auch Dauergast an vielen Staats- und Stadttheatern. Einen Widerspruch sieht er darin nicht, wie er im Gespräch mit der TagesWoche sagt. Am Mittwoch, 16. November, setzt er sich im Theater Basel mit dem Stadtraum auseinander.

Schorsch Kamerun auf der Bühnenrampe seiner Konzert-Performance im Rahmen von «Paradise Lost».

(Bild: Dominique Spirgi)

Bekannt ist er als Mitgründer und Sänger der Punk-Band Die Goldenen Zitronen: Schorsch Kamerun ist als Performer und Regisseur auch Dauergast an vielen Staats- und Stadttheatern. Einen Widerspruch sieht er darin nicht, wie er im Gespräch mit der TagesWoche sagt. Am Mittwoch, 16. November, setzt er sich im Theater Basel mit dem Stadtraum auseinander.

Die Berliner «tageszeitung» bezeichnet ihn als «Spezialisten fürs Freundlich-Subversive». Nun, allzu freundlich wirkt Schorsch Kamerun nicht, wenn er als Sänger der letzten wahren deutschen Punkband Die Goldenen Zitronen auf der Bühne steht, die er in den 1980er-Jahren mitbegründete. Allzu freundlich sind auch die subversiv-politischen Texte nicht, die noch immer das Aufbegehren gegen das Establishment und gegen Autoritäten ausströmen.

Als Gesprächspartner wirkt Schorsch Kamerun aber ausgesprochen freundlich. Bereitwillig und konzentriert spricht er über seine Gratwanderung als Punkrocker und Performer an bürgerlichen Stadttheatern sowie über die Konzert-Performance, die er zusammen mit Ensemblemitgliedern und Studenten der Hochschule für Gestaltung und Kunst im Theater Basel aufführen wird. Es ist der zweite Abend des theatralen «Labors zur Untersuchung der Gegenwart» mit dem Titel «Paradise Lost».

Was für ein Paradies ging denn da verloren?

«Man kennt sich in der Jetztzeit nicht mehr aus. Wir stehen vor einem Umbruch, wo wir aufwachen müssen aus unserem gefühlten Paradies, wo wir plötzlich eine Demokratie retten müssen. Es geht um die Wahlen in den USA, den Brexit, die Regierung in Polen, die Neopopulisten überall, die es ja auch hier mit Herrn Blocher seit Langem schon gibt.»

Schorsch Kamerun spricht von einem «Aufwachen müssen».

Ist es Aufgabe von Künstlern, den Wecker zu betätigen?

«Ich weiss nicht so richtig, was ich darauf antworten soll», antwortet Kamerun. Weiss es dann aber doch:

 

 «Es geht um enger werdende Räume»

In seiner Performance geht es aber nicht in erster Linie um den Rechtsrutsch in der Politik oder um den Neopopulismus, Themen, die bei Schorsch Kamerum sonst sehr präsent sind. Konkret beleuchten will er die Entwicklung des Stadtraums, die oft gestellte Frage, wem die Stadt gehört.

Diese Frage hat viel mit Kameruns Biografie zu tun. Er ist als Teil der politischen Bewegung rund um die Hamburger Hausbesetzer-Szene in die Kunst hineingewachsen, ohne dass er das gesucht habe. In Hamburg ist Kamerun zudem Mitbetreiber des mittlerweile legendären «antiautoritären» Lokals mit dem Namen Golden Pudel Club. Im Februar ist das Lokal abgebrannt, aber mittlerweile hat sich ein Freundeskreis gebildet, der helfen will, den Club wieder aufzubauen.

«Wir sind da sehr zuversichtlich. Der Ort wird ja nicht nur von uns gebraucht, sondern von ganz vielen. Es ist einer der wenigen Orte, der eine bestimmte Haltung hat, die gewünscht ist, wo Sachen ausprobiert werden können und der eine bestimmte Freiheit hat.»

Um Orte, die eine bestimmte Freiheit haben, geht es auch in der Basler Performance:

«Widersprüche, mit denen ich umgehen muss»

Schorsch Kamerun kennt Basel ein bisschen. Zusammen mit Die Goldenen Zitronen war er bereits mehrmals Gast im «Hirscheneck». Der Punkrocker ist aber auch an den bürgerlichen Staats- und Stadttheatern ein begehrter Künstler.

Anfang der Nullerjahre gehörte er zu den Hausregisseuren des Zürcher Schauspielhauses unter Christoph Marthaler. Mittlerweile tritt er als Regisseur und Performer auf vielen renommierten Bühnen auf. Er könnte sich theoretisch sogar einen Auftritt von Die Goldenen Zitronen mit einem Sinfonieorchester in der Elbphilharmonie vorstellen (die «so viel Geld gefressen hat, wie für tausend Kindertagesstätten nötig wäre»). Wie geht das zusammen?

«Wenn Sie wollen, ist es eine Oper»

Am Mittwoch, 16. November, tritt Kamerun im Theater Basel auf. Genauer vor dem Theater, denn seine Konzert-Performance spielt sich auf dem Theaterplatz, dem öffentlichen Raum vor dem Theater ab, während das Publikum vom geheizten Foyer aus zuschauen kann, was sich draussen abspielt.

Was muss man sich eigentlich unter einer Konzert-Performance vorstellen?

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«Paradise Lost», eine Konzert-Performance aus dem «Labor zur Untersuchung der Gegenwart» des Theaters Basel. Von und mit Schorsch Kamerun sowie Emsemble-Mitgliedern des Theaters Basel und Studierenden der Hochschule für Gestaltung und Kunst. Mittwoch, 16. November, Foyer Grosse Bühne und Theaterplatz.

Wer sich das gesamte Interview als Video anschauen möchte, kann das hier tun:

 

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