Blechgewordener Albtraum für die einen, nützliches Helferlein für die anderen: Das Museum für Musik widmet dem Metronom eine gelungene Sonderausstellung.
Taktlose Menschen haben es im Alltag nicht leicht. Noch schwieriger ist es aber für Menschen, die sich in der Welt der Musik bewegen: Um dem Rhythmusgefühl ihrer Schüler oder ihres Orchesters auf die Sprünge zu helfen, wandten sich Komponisten wie etwa Beethoven mit dem Wunsch nach einem Zeitmesser für die Musik an Instrumentenbauer und Ingenieure.
Entstanden ist daraus ein aus der westlichen Musikwelt nicht wegzudenkendes Gerät: das Metronom. Dieses steht im Zentrum der neuen Ausstellung des Museums für Musik. «Auf Takt!» nimmt das Metronom unter die Lupe, zeigt die Geschichte des unscheinbaren – und oft missverstandenen Geräts und dessen Wirkung auf die Musikgeschichte der letzten 200 Jahre.
Taktvolle Herangehensweise
Die Besucher werden behutsam an das Objekt, welches in der Ausstellung den Takt angibt, herangeführt. Nicht wenige, die als Kinder im Musikunterricht mit dem Metronom Taktgefühl lernen mussten, ist es als Folterinstrument in Erinnerung geblieben. Deshalb heisst es beim Eingang erst einmal, selbst zu experimentieren und seinen eigenen Rhythmus zu finden.
Hier kann man sich wortwörtlich auf Herz und Nieren prüfen lassen: Pulsmesser, Laufband und elektronisches Drumset stehen bereit. Wie schnell ist mein Ruhepuls? Wie steht es um mein eigene Treffsicherheit beim Taktklopfen?
Plagiats-Krimi im ehemaligen Knast
Was wenige dabei wissen: Die Geschichte um die Entstehung des Metronoms ist ein Krimi, der gut in die Mauern des ehemaligen Gefängnisses im Lohnhof passt, wo das Museum für Musik heute untergebracht ist.
Als Vater des Metronoms gilt der österreichische kaiserliche Hof-Maschinist Johann Mälzel (der schon die für den schwerhörigen Beethoven typischen Hörrohre angefertigt hatte). Allerdings half er damals seinem Erfindergenie etwas auf die Sprünge: Ein essenzieller Bestandteil seines Metronoms, nämlich das mit verschiebbaren Gewichten versehene Pendel, das sich platzsparend einbauen lässt, und dank dessen das Einstellen verschiedener Tempi möglich ist, stammt von Diedrich Winkler. In einem klassischen Fall von Werkspionage kopierte Mälzel bei einem Besuch in Winklers Amsterdamer Werkstatt diesen Mechanismus und gab ihn als den seinen aus.
Metronom von Johannes Mälzel in Paris um 1816. (Bild: Basel Historical Museum)
Es folgte ein Patentstreit, den Mälzel schliesslich gewann. Das Plagiat von Winklers Erfindung gab er unumwunden zu, wies jedoch darauf hin, dass die von ihm erfundene und hinzugefügte Skala das sei, was sein Metronom so einzigartig mache. Mälzel: 1, Winkler: 0, Musikschüler der Welt: –1000.
Eindrucksvolle Sammlung
Neben dieser kuriosen Erfindungsgeschichte bildet eine eindrucksvolle Sammlung das Herzstück der Ausstellung: 179 Metronome aus der imposanten Sammlung des Londoner Instrumentenhändlers Tony Bingham. Über 40 Jahre hat dieser antike Schmuckstücke, kuriose Designermetronome und andere Trouvaillen zusammengetragen. Dass diese wohl einzige und grösste Sammlung von Metronomen nun in der neuen Sonderausstellung im Museum für Musik in Basel zu sehen ist, ist dessen Kurator Martin Kirnbauer zu verdanken, der ein langjähriger Freund Binghams ist.
Hübsch, oder? (Bild: Basel Historical Museum)
Nun sind sie alle erstmals öffentlich ausgestellt und in einem aufwändig produzierten Katalog verzeichnet worden – Bingham hat sie persönlich an Basel ausgeliehen und die Publikation begleitet.
Eine solche Menge an Exponaten ist keine einfache Ausgangslage – wer hat schon Zeit und Geduld, sich durch 150 Metronome zu lauschen? Kirnbauer und sein Team aber meistern diese Aufgabe glücklicherweise exzellent: «Auf Takt!» nähert sich von verschiedenen Richtungen dem Metronom, bietet historische Fakten und spielerische Auseinandersetzungen. Die Ausstellung eignet sich ideal zum Stöbern in einem bis jetzt eher stiefmütterlich behandelten Kapitel der Musikgeschichte – und zum Aufarbeiten musikschulischer Kindheitstraumen.
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«Auf Takt! Metronome und musikalische Zeit», 20. Januar bis 20. August 2017, Museum für Musik, Im Lohnhof 9, 4051 Basel.