Werbefotografie aus einer anderen Zeit

Das Kunstmuseum Basel zeigt 100 Fotografien, die einst von der Pariser Werbeagentur Paul-Martial in Auftrag gegeben worden waren. Alltagsgegenstände wie Reissverschlüsse oder Schreibmaschinen wurden ebenso dokumentiert wie die Arbeit in Fabriken. So erzählen die Aufnahmen immer auch ein Stück Zeitgeschichte.

Frau posiert neben Radiator, Werbeaufnahme für "Gaz et Eaux", April 1936 (Bild: ©Kunstmuseum Basel)

Das Kunstmuseum Basel zeigt 100 Fotografien, die einst von der Pariser Werbeagentur Paul-Martial in Auftrag gegeben worden waren. Alltagsgegenstände wie Reissverschlüsse oder Schreibmaschinen wurden ebenso dokumentiert wie die Arbeit in Fabriken. So erzählen die Aufnahmen immer auch ein Stück Zeitgeschichte.

Die Basler Sammlung Herzog, eine der grössten in Sachen Fotografie (300’000 historische Exemplare), hat vor zwei Jahren 500 Fotos an das Kunstmuseum Basel übergeben: einen Teil verkauft, einen Teil geschenkt oder ausgeliehen. Das Ziel: die Aufnahmen öffentlich zu machen.

Mit «Paul-Martials Welt der gewöhnlichen Dinge» erfüllt sich dieser Wunsch. Hundert Schwarz-Weiss-Fotografien der Pariser Editions Paul-Martial sind in einer Sonderschau im Kunstmuseum zu sehen.

Die Werbeagentur gehörte in den 1920er- und 1930er-Jahren zu den wichtigen Schnittstellen im Bereich der Werbe- und Kunstfotografie, wie die Ausstellung verdeutlicht. Zwar ist weitgehend unbekannt, wer hinter den einzelnen Fotografien steht, da nicht die Urheber von Bedeutung waren, sondern die Resultate – und die Auftraggeber: Citröen, SNCF oder Olympia, um die bekannteren Marken zu nennen, die in Szene gesetzt wurden.

Referenzen an die Filmästhetik

«Zu einer Zeit, als die Werbung vorzugsweise mit Typografie und Illustrationen arbeitete, förderte Gründer Paul-Martial die Fotografie, indem er in der Werbeagentur eigens ein Atelier einrichten liess», sagt Kuratorin Anita Haldemann. Tatsächlich stehen die Aufnahmen nicht nur für klassische Produktefotografie, sondern auch für die Avantgarde. Denn «Les choses ordinaires» mussten nicht zwingend ordinär inszeniert werden, wie dieses Beispiel eindrücklich vor Augen führt: 

 

Auto-Scheinwerfer Marchal, um 1929/30 (Bild: ©Kunstmuseum Basel)

Erinnert Sie das ebenfalls an die Ästhetik von Fritz Langs «Metropolis»? Gut denkbar, dass dies Absicht war. Auf jeden Fall haben wir bei unserem Rundgang einige Referenzen an Film-Genres, sei es Film Noir, Surrealismus oder Science Fiction, ausgemacht. Hier zum Beispiel ein Entwurf für ein «Gratte-Ciel»-Plakat, das uns an Georges Méliès’ Reise auf den Mond erinnert.

(Bild: ©Kunstmuseum Basel)

Andere Fotos sind auch als historische Dokumente von Bedeutung. So etwa dieses mit schweissenden Frauen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Man kann die Aufnahme vor diesem Hintergrund auch als Propagandamaterial betrachten.

(Bild: ©Kunstmuseum Basel)

Besonders avantgardistisch und kunstvoll: diese mehrfachbelichtete Fotografie aus der Zeit von 1930/31, auf der Eiffelturm, Tank und Eisenbahnbrücke zu sehen sind.

(Bild: ©Kunstmuseum Basel)

Weitere Eindrücke aus diesen frühen Jahren der Werbefotografie macht man sich am besten selber – im Zwischengeschoss des Basler Kunstmuseums.

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Paul-Martials Welt der gewöhnlichen Dinge, Kunstmuseum, Basel. Bis 19. Oktober. Am 8. August 2014 findet im Kunstmuseum ein eintägiges wissenschaftliches Kolloquium zu den Fotografien statt.  

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