Wochenstopp: Au Revoir Simone

Grazilitäten aus dem Synthesizer, Ohrwürmer mit der Folkklampfe: Die Konzertsaison an der Klybeckstrasse 1b beginnt.

Betörender Synthie-Pop: Au Revoir Simone aus New York. (Bild: Sebastian Kim)

Grazilitäten aus dem Synthesizer, Ohrwürmer mit der Folkklampfe: Die Konzertsaison an der Klybeckstrasse 1b beginnt.

So schleppend dieser Sommer in die Gänge kam, so schnell flieht er dahin, und nur noch ein paar Akkorde trauern ihm hinterher. Die Kaserne und das Parterre Basel eröffnen die herbstliche Konzertsaison beide mit je einem Act, bei dem spröder Minimalismus und klimpernde Vergänglichkeit aus den Melodien tropfen.

Au Revoir Simone, das Trio der drei New Yorker Grazien Erika Forster, Annie Hart und Heather D’Angelo, besucht die Kaserne bereits zum zweiten Mal. Mit dabei haben sie ihr neues, viertes Album «Move In Spectrums», erschienen nach einer vierjährigen Schaffenspause, gefüllt mit Studienabschlüssen und Nebenprojekten. Mit spürbaren Neuausrichtungen haben diese Sabbaticals nicht geendet: Auch «Move in Spectrums» schwebt auf geisterhaften Synthesizerflächen, die das Trio aus ihren Vintage-Keyboards entweichen lässt und mit kühlen Melodien verwoben werden.

Hinreissend lächelnder Weltschmerz

Wie betörend Au Revoir Simone als scheue Undinen mit zarten Mädchenhänden einen hinreissend lächelnden Weltschmerz verströmten, lässt sich bereits auf ihren ersten drei Alben anhören, etwa im Schlüssellied «Sad Song» mit dem keusch lächelnden Melancholiebedürfnis: «Play me a sad song, cause that’s what I want to hear, I want you to make me cry.» Solch luminiszierender Dornröschenzauber muss Fans finden, und bei Au Revoir Simone hiessen die David Lynch, der sie für eine Ausstellungseröffnung nach Paris holte, oder das französische Äther-Pop-Duo Air, die sie gleich für eine komplette Tournee voranstellten.

Ihre Rückkehr mit «Move In Spectrums» weicht hier auf keine bisher unerkundeten Wege aus und gefällt sich in den schmalbrüstigen Synthesizersalven, die immer wieder an die New Romance der Achtzigerjahre erinnern. Allerdings erlauben Au Revoir Simone ihren Liedchen auf dem neuen Album manchmal einen etwas gar kleinen Tod: Etwa die Single «Somebody Who» nimmt das Gebot der Zurückhaltung überrissen ernst und verwechselt die regungsarme Lieblichkeit mit glatter Gefälligkeit. Sowieso: Die Grazilitäten, zu denen Au Revoir Simone in der Erscheinung wie im Sound fähig sind, entfalten sich auf der Bühne, nicht in den Kopfhörern.

Dunkle Sphären

Die Empfehlung gilt auch für das Londoner Quartett To Kill A King, vor zwei Jahren entdeckt vom Ben Lovett, Sänger der 2011-Überflieger Mumford & Sons, und man hört sofort, warum Lovett von ihnen angetan war: In der Stimme von Ralph Pelleymounter liegt dieselbe selbstvergessene Empathie, die man auch von Mumford & Sons oder Win Butler (Arcade Fire) kennt. Lyrisch ist die Lyrik und vorgetragen von einem charmvollen Bariton, und zum Himmel strecken sich die Lieder, bis in die Sphären, wo nur noch Dunkelheit herrscht. Hingegen kommt, der Titel ihres Debüts «Cannibals with Cutlery» kündet davon, auch der Humor nicht zu kurz. Very British, dieser Folk.

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