Wochenstopp: CocoRosie

Die Schwestern Sierra und Bianca Casady treten in der Basler Kaserne auf.

Ungewöhnliche Schwestern: Sierra und Bianca Casady machen als CocoRosie Musik. (Bild: Jean-Marc Ruellan)

Zum zweiten Mal beehren die Schwestern Sierra und Bianca Casady mit einem Auftritt die Basler Kaserne.

«Feengleich» und «märchenhaft»: Zwei Stichworte, die immer wieder aufs Neue fallen, wenn es um CocoRosies Musik geht. Wer aber glaubt, die Musik der Casady-Schwestern erschöpfe sich in Lieblichkeit, liegt total falsch. Denn in ihrer komplett unvergleichlichen Art mag CocoRosies ­Musik zunächst Ähnlichkeit zu ­alten Volks- oder Gute-Nacht-Liedern haben – unter der Oberfläche tun sich allerdings dunkle Abgründe auf, die tiefer gehen als die ­Musik der meisten anderen Künstler. Die Geschichte der Frauen, jene von Minderheiten und Randgruppen, Unterdrückung, Mobbing oder politische Gewalt werden thematisiert – Themen, die sie auch in ­ihren Videoclips aufgreifen, und das in durchaus beängstigender Form.

Vieles, was die Einzigartigkeit der beiden Schwestern ausmacht, liegt wohl in ­ihrer Biografie begründet: So kamen Sierra als die ältere und Bianca als die jüngere Schwester als Töchter eines durch die USA reisenden Wanderpredigers auf die Welt.

Ihre Mutter, eine Sängerin und Künstlerin, die indianische und syrische Wurzeln hatte, nannte ihre beiden Kinder Rosie (Sierra) und Coco (Bianca) und blieb nach der frühen Scheidung vom Vater mit ihrer kleinen Familie ebenfalls kaum je ein Jahr am selben Ort. Somit lebten die Schwestern in ihrer Kindheit in Iowa, Hawaii, Kalifornien, Arizona und New Mexiko und verbrachten die Sommer jeweils bei ihrem Vater in indianischen Reservaten, wo er sie auch zu mehreren Initiationsriten mitnahm.

Zwei Schwestern in der Grossstadt

Kaum hatten sie ihre Volljährigkeit ­erreicht, zog es die Schwestern nach New York. In der Grossstadt verloren sich die beiden bereits nach kurzer Zeit aus den Augen – und als Sierra nach Paris zog, wo sie am Montmartre in einem Mini-Appartement lebte und am Konservatorium eine Operngesangsausbildung begann, war dies der Auftakt zu jahrelanger Funkstille.

Erst als Bianca, die in der Zwischenzeit Soziologie und Sprachwissenschaften studiert hatte, ein Jahrzehnt später zu einer geplanten Weltreise aufbrechen wollte, trafen sie sich wieder – in Sierras neuer Heimat Paris. In ihrem Badezimmer begannen sie bereits nach kurzer Zeit an ihrer höchst unverwechselbaren Form von Musik zu arbeiten, deren Debüt 2003 als «La maison de mon rêve» erschien.

Feministisch und feminin

Heute, weitere zehn Jahre später, leben sie noch immer gemeinsam in Paris und haben mit «Tales of a Grass Widow» ­soeben ihr fünftes Album veröffentlicht.

Ansonsten allerdings ist in ihrem Leben ein weiteres Mal kaum ein Stein auf dem anderen geblieben: Denn den sphärischen, feministisch-femininen Electro-Pop, den CocoRosie aus ihren beiden sanften (Sierra) und trotzigen (Bianca) Stimmen sowie sparsamer, klassischer Instrumentierung und Samples von allerlei Alltagsgegen­ständen kreieren, hat sie gemeinsam mit Freunden wie Antony Hegarty und Devendra Banhart zu weltweit gefeierten Künstlerinnen der alternativen «Freak Folk»- und «Chamber Pop»-Szene gemacht.

  • Kaserne, Basel. Klybeckstrasse 1b. Mittwoch, 5. Juni, 20.30 Uhr, Reithalle.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 31.05.13

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