Wer waren die geistigen Lehrer Johann Sebastian Bachs? Die Reihe «Abendmusiken in der Predigerkirche» gibt Antwort: Hier erklingt die Musik, mit der Bach einst aufwuchs. Den Anfang machen die Psalmkonzerte von Heinrich Schütz.
Es war im Jahr 1705, als sich der damals 20-jährige Johann Sebastian Bach aufmachte, um den weitherum bekannten Organisten Dieterich Buxtehude zu hören. Bach lebte damals in Arnstadt, Buxtehude wirkte in Lübeck – 400 Kilometer Wegstrecke, die Bach mangels Alternativen zu Fuss zurücklegte. Heute ist Buxtehude nur noch wenigen geläufig. So ergeht es auch fast allen Komponisten, die einst im 17. Jahrhundert Rang und Namen hatten. Ein neuer Konzertzyklus stellt ihre Musik ins Zentrum.
Jeweils am zweiten Sonntag im Monat wird in der Basler Predigerkirche ein Komponist vorgestellt, dessen Werke Bach einst studiert und aufgeführt hat: Michael Praetorius, der gelehrte Musiker und reisende Impresario; Johann Hermann Schein und Johann Schelle, Vorgänger Bachs im illustren Amt des Thomaskantors in Leipzig; Johann Rosenmüller, der klangsinnliche musikalische Grenzgänger zwischen Deutschland und Italien; Andreas Hammerschmidt und Johann Pachelbel, deren Werke in keiner musikalischen Bibliothek des 17. Jahrhunderts fehlten; Nikolaus Bruhns und Matthias Weckmann, norddeutsche Meisterorganisten und tiefsinnige Vokalkomponisten.
Vibrato und Tremoli
Die «Abendmusiken» schliessen direkt an die «Bachkantaten in der Predigerkirche» an. 2004 begannen Musiker aus dem Umfeld der Schola Cantorum Basiliensis – die Cembalisten Jörg-Andreas Bötticher und Johannes Strobl, die Geigerinnen Regula Keller und Fanny Pestalozzi, um nur einige zu nennen – sämtliche geistlichen Kantaten Bachs in solistischer Besetzung und mit historischen Instrumenten aufzuführen. Der Publikumsandrang war bis zum Schlusskonzert im vergangenen Dezember ungebrochen, und selbst die Einführungstexte zu den Kantaten erfreuten sich einer so regen Nachfrage, dass sie unter dem Titel «Wie schön leuchtet der Morgenstern» im Schwabe Verlag als Buchpublikation erschienen sind.
Auch bei den «Abendmusiken» soll nach neuesten aufführungspraktischen Erkenntnissen musiziert werden. So wird etwa nicht in der glatten, vibratolosen Art gesungen, mit der man bisher diese Musik meist interpretierte, sondern Vibrato und Tremoli sollen bewusst als rhetorisches Mittel der Gestaltung eingesetzt werden.
Wer hören möchte, wie man die Musik Heinrich Schütz’ mit dieser Gesangstechnik vortragen kann, sollte sich am 13. Januar frühzeitig einen Platz sichern. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Predigerkirche aus allen Nähten platzt.
Abendmusiken: Predigerkirche, Basel. Sonntag, 13. Januar, 17 Uhr. Eintritt frei, Kollekte.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11.01.13