Wochenstopp: Lightopia

Das Vitra Design Museum in Weil am Rhein widmet seine neue Ausstellung dem elektrischen Licht.

Licht in all seinen Facetten findet Verwendung im Design. Hier Daniel Rybakkens und Andreas Engesviks «Colour Light für Ligne Roset», 2011. (Bild: Kalle Sanner / Daniel Rybakken)

Das Vitra Design Museum in Weil am Rhein widmet seine neue Ausstellung einer technischen Errungenschaft, die so selbstverständlich den menschlichen Alltag (und vor allem die Nacht) bestimmt, dass ohne sie unsere Zivilisation wahrhaftig ins Dunkel stürzen würde: das elektrische Licht.

Wie wichtig das Licht für den Kreationsprozess ist, wusste schon Gott höchstselbst: Erst nachdem es Licht ward, sah er, dass gut war, was er schuf. Ein anderer Erfinder mit einer ebenfalls respektablen Schaffenskraft, Thomas Alva Edison, meldete 1879 schliesslich die Glühlampe zum Patent an. Mit seiner Erfindung, die er erfolgreich kommerziell herzustellen und zu vermarkten wusste, beeinflusste Edison den Prozess der Individualisierung einschneidend und damit die Lebensbedingungen der westlichen Zivilisation: Elektrisches Licht verlängerte die Arbeitszeit in die Nacht hinein, begünstigte ein erweitertes Freizeitangebot, forcierte das Wachstum der Städte und beschleunigte die Entwicklungen in Industrie, Medizin und Kultur.

Diese Zivilisationsgeschichte des Lichts illuminiert das Vitra Design Museum mit einer umfassenden Ausstellung, und der Titel der Schau unterstreicht, welches Potenzial die Erfindung des elektrischen Lichts freigesetzt hat: «Lightopia». Präsentiert wird hier weniger ein spröder, technologiehistorischer Abriss, sondern ein Nachvollzug dessen, wie sich die Verbreitung von Licht verändert hat, die Form der Träger, die Wirkung des Tons. Der Fokus auf der Entwicklung von Lichtdesign wird anhand der 300 Exponate  –  darunter auch bisher nicht öffentlich gezeigte Werke aus der Leuchtensammlung des Vitra Design Museums von Wilhelm Wagenfeld oder Ingo Maurer – deutlich: Dazu gehören der «Licht-Raum-Modulator» von László Moholy-Nagy, ein Lichtspiel als kinetische Plastik zur Demonstration von gleichrhythmischen Licht- und Bewegungserscheinungen aus der Bauhaus-Ära, oder die Rekonstruktion einer Diskothek aus dem Jahr 1968, die aus komplett durchsichtigem Plexiglas gebaut ist – ein Beispiel von mehreren, die «Lightopia» als Ort begehbarer und interaktiver Installationen zeigt.

Im Zentrum hingegen stehen Entwürfe aus der Gegenwart von Künstlern und Designern, an denen die neuen digitalen Möglichkeiten des Lichtdesigns ablesbar sind: Waren in den letzten 100 Jahren etwa neue Kunststoffe, farbiges Licht oder Halogen-Leuchten Triebfedern für neue Entwürfe, so sind es heute die Digitalisierung oder die Technologie organischer Leuchtdioden (Oled) für Bildschirme und Displays. Sie haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass sich Licht immer stärker vom klassischen Träger, der Leuchte, löst und in Textilien oder Gebäudefassaden integriert werden kann. Daran schliessen sich Problemstellungen der Nachhaltigkeit an, die «Lightopia» sowohl interdisziplinär als auch mit einem Rahmenprogramm aus Vorträgen, Symposien und Workshops behandeln will, etwa zur Ressourcen sparenden Architektur oder zum Phänomen der «light pollution», der Lichtüberflutung der Städte.

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