Begleitet von Thomas Ankersmit spielt der Altmeister der Minimal Music im Oslo 10.
Wer am Sonntag in die Runde sagen möchte: «Konzertfreunde, es geht was ab!», der scheint mit dem Abend im Oslo 10 vielleicht nicht optimal beraten zu sein. Die Minimalmusiker Phill Niblock (US) und Thomas Ankersmit (NL), die seit zehn Jahren regelmässig zusammen auftreten, stehen auf dem Programm – da kann ein Stück schon mal 20 Minuten dauern, während denen man unter Umständen verpasst, ob sich irgendetwas verändert. Zuspitzung des Minimalismus könnte man das nennen.
Ihre Wurzeln hat die Bewegung in den USA der 1960er-Jahre, Namen wie John Cage und Steve Reich stehen an den Anfängen. Philip Glass verschaffte der vielgestaltigen Szene mit seinen Filmmusiken eine breite Wirkung. Von der Idee her ist die Minimal Music also nichts Neues. Niblock setzt trotzdem einen drauf. Zusammen mit Instrumentalmusikern nimmt er endlos lange Klänge auf, kombiniert sie am Computer, überlagert sie, fügt sie ineinander.Das ergibt «grosse Klangwolken», wie es der New Yorker am Telefon selber nennt, «big clouds of sound», die sich langsam aber andauernd verändern. Obertöne entstehen und durch «mikrotonale Abweichungen» changieren die Klangwolken zwischen Harmonie und Disharmonie.
Seit 1968 verfolgt Phill Niblock, wie er selber sagt, dieselbe Idee. Nur «breiter» sei der Sound geworden, da er seit 1990 am Computer statt mit dem Tonband arbeitet. Das wirft doch einige Fragen auf – Phill Niblock beantwortet sie gutgelaunt.
Heisst Minimal Music, bewusst auf etwas zu verzichten?
Überhaupt nicht! Ich wollte von Anfang an genau das machen und hatte seither kein anderes Bedürfnis. (Lacht laut.)
Bedeutet Minimal Music Provokation?
Nein. Der Name Minimal lässt das vermuten. Er ist schlecht gewählt.
Ihre Musik ist nicht gerade heiter, oder?
Nicht? Ich finde sehr! (Schallendes Lachen.)
Keine Frage ist ihm zu blöd. Phill Niblock ist ganz offensichtlich ein Menschenfreund. Zum Zeitpunkt des Telefonats weilt er in Belgien, im Hintergrund ist lebhaftes Gespräch zu hören, Niblock hat Freunde bei sich. In der Leitung klingt er wie 28. In Wahrheit wird er diesen Herbst 80. Nach wie vor gibt er im Jahr 30 bis 50 Konzerte, rund um die Welt.
Gar nicht müde, Herr Niblock?
Nein, nein. Ich nehme Jugendpillen und trinke genügend Wein.
Wieder scheppert der Hörer vor Lachen. Ein Phänomen, dieser Mensch. Weil er anlässlich einer Retrospektive über sein Foto-, Film- und Klangwerk sowieso in Lausanne sein wird, konnten ihn die Leute vom Oslo 10 nach Basel locken. Auch hier wird er die verschiedenen Medien kombinieren.
Übrigens sollte man seinen Sound unbedingt live hören, sagt der Meister, damit er richtig in den Körper fährt. Die Anlage muss gross sein, ebenso der Raum. «Eine Kirche wäre perfekt.» Vielleicht doch genau das Richtige für einen Sonntag?
- Phill Niblock und Tomas Thomas Ankersmit: 5. Mai, ab 20 Uhr
- Oslo 10, Oslostrasse 10, Dreispitz, Basel (Münchenstein)
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 03.05.13