Wochenstopp: «Tommy»

Die Rockoper von The Who wird erstmals in Basel aufgeführt. Die in der Querfeldhalle gezeigte Inszenierung will weniger oberflächlich sein als der Film.

«Tommy», die Rockoper von The Who, ist im 21. Jahrhundert angekommen. (Bild: zVg)

Die Rockoper von The Who wird erstmals in Basel aufgeführt – in der Querfeldhalle.

Tommy Walker ist eine der ungewöhnlichsten Figuren der Rockgeschichte. Das Kind verlor Sprache, Gehör und Sehkraft, als der aus dem Krieg heimgekehrte verschollene Vater vom neuen Geliebten der Mutter erschlagen wurde (manche Quellen erzählen es anders rum) und sich danach in seiner eigenen Psyche einschloss.

Danach wurde er von Verwandten missbraucht und von Mutter und Stiefvater zu obskuren Heilpraktikern geschleppt, bis er ein Talent von weltmeisterlicher Qualität entdeckte: am Flipperkasten. Tommy, mittlerweile ein junger Mann, schlug den amtierenden Champion und wurde der neue Zaubermeister an den Kugeln, der «Pinball Wizard».

Tommys Geschichte erfunden hat Pete Townshend. In den späten 1960er-Jahren schrieb der britische Gitarrist zusammen mit seiner Band The Who die Songs zu ­dieser Passionsgeschichte. 1969 erschien das Album «Tommy», eines der erfolgreichsten der Bandgeschichte, mit dem The Who einem neuen Format der Rockmusik zum Durchbruch verhalfen: der Rockoper.

Vom Song zum Film

In 24 Songs handelte die Band linear Tommys Biografie bis zu ihrem messia­nischen Ende ab und sorgte sofort für ­Inspiration: Nur drei Jahre später führte das London Symphony Orchestra eine ­orchestrale Version erstmals auf, 1975 erschien die filmische Umsetzung, ein knallbuntes Rockmusical mit Stars wie Jack ­Nicholson, Elton John und Tina Turner ­sowie Roger Daltrey, Sänger von The Who, in der Hauptrolle. 1993 schliesslich zog der Broadway in New York nach.

Just zwanzig Jahre später wird «Tommy» als Bühnenrockoper in einer Basler Fassung neu aufgeführt, produziert von der lokalen Agentur Upstart Entertainment. Geschäftsführer Andrew Fernandes verspricht eine Adaption, die nahe am Geist des Originals bleiben soll. «Die Musicalversion vom Broadway hat den Stoff in einer abgeschwächten Version behandelt und die schwierigen Themen des Missbrauchs und der Behinderung nur oberflächlich gestreift.»

Das soll in Basel anders sein, Details verrät er aber keine – ausser dass er einen «Tommy» verspricht, der im 21. Jahrhundert angekommen ist, wo jugendliche Zocker kaum mehr am Flipperkasten stehen, sondern vor der Gamekonsole sitzen. ­Musikalisch hingegen wird der Basler «Tommy» nicht von der Opulenz eines Musicalorchesters begleitet werden, sondern von einer Rockband. Und zwar von einer, die den britischen Beatrock der Sechzigerjahre aus eigener Anschauung kennt: The Countdowns aus Basel, die als erste Schweizer Rocker den Ärmelkanal überquerten und in London ein paar Songs aufnahmen, damals in den Sixties.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 12.04.13

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