Wochenstopp: Win-Win

Die Basler Komödiantin Anet Corti tritt mit ihrer Büro-Persiflage im «Tabourettli» auf.

(Bild: DANISH SIDDIQUI)

Die Basler Komödiantin Anet Corti tritt mit ihrer Büro-Persiflage im «Tabourettli» auf.

Sobald Anet Corti vor der Kamera sich selbst sein soll, geniert und ziert sie sich. Ohne die schützende Rolle einer Bühnen­figur tut sich auch eine erfahrene Schauspielerin schwer mit dem Posieren für den Fotografen. Nie könnte sie Model sein, sagt sie zwischen einem kecken Lächeln und einem süffisanten Grinsen.

Anet Corti, aufgewachsen in Muttenz, wohnhaft in Zürich, kommt nächste Woche mit ihrem zweiten abendfüllenden Kabarett-Programm «win-win» ins «Tabourettli». Darin persifliert sie den Büroalltag, gibt die schusslige Sekretärin, die intrigierende Empfangsdame und die kokettierende Praktikantin. Die Businesswelt hat es Corti angetan, ihr letztes Solo-Stück behandelte die bizarren Abgründe von Motivations­seminaren und Teambildungsanlässen; die Versuche, der Belegschaft einer Firma – dieser Schicksalsgemeinschaft – trivial-­pädagogische Kniffe und lehrbuchhafte Verhaltensregeln einzubläuen.

Vom Klassenzimmer auf die Bühne

Nun hat das Leben einer Bühnenschauspielerin mit dem profanen Büroalltag doch nichts gemein, wäre man geneigt zu sagen. Aber Corti hat vor ihrer Ausbildung an der Scuola Teatro Dimitri in Verscio (TI) als Lehrerin gearbeitet. Und noch davor die unterschiedlichsten Berufe ausgeübt. Im Reisebüro hat sie das Telefon bedient und in einem Laden Massagesessel an den (zumeist reiferen) Mann gebracht. Ihr schlimmster Job aber war ein Auftritt an der Generalversammlung eines Dachdeckerverbandes irgendwo in der Ostschweiz. Weder hatte es eine Bühne noch eine adäquate Lichtanlage noch interessierte sich jemand für ihre Kabarettnummern. Statt Applaus erntete sie anzügliche Bemerkungen und ebensolche Blicke.

Inspiration für ihre Büro-Satire holte sich Corti auch an den Firmenanlässen, die sie nebenbei moderiert. Da muss sie dann manchmal den Chef interviewen, damit die Angestellten über ihn lachen können (aber bitte schön nur ein bisschen – und nur für diesen einen Abend!). Spannend und lehrreich seien ­diese Momente dennoch, wo sie um die Aufmerksamkeit der Zuschauer kämpfen müsse, da die Leute an Firmenanlässen nicht primär ihretwegen dasässen.

«Klischees sind nötig»

Als Kabarettistin lebt sie von Klischees und mag sie doch nicht. «Die wiederkehrende Frage, ob Frauen oder Männer lustiger sind, kann ich nicht mehr hören», erzählt sie – und wir sind froh darüber, sie nicht gestellt zu haben. Ihre Rollen sind in ihrer Überzeichnung stets Klischee, und doch amüsiert nur, was auch überrascht. Timing ist alles, Pointen müssen auf Anhieb verstanden werden. Die Klischees bereiten dadurch, dass man sie schnell begreift, dem geistreicheren Witz den Weg.

An ihrem eigenen Job als Schauspielerin liebt sie die Einmaligkeit jedes Auftritts, wie sie sagt: «Die Stimmung, die kreiert wird, der Kontakt mit den Zuschauern, meine Leistung auf der Bühne, all das entsteht in dieser Form nur ein einziges Mal.» Eine Win-win-Situation also? Passt!

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 12.10.12

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