Wunderschöner Balkan-Blues

Der schweizerisch-serbische Film «Odumiranje/Withering» zeigt mit schwarzem Humor, dass Einwanderer nicht nur Habseligkeiten im Rucksack mitbringen, sondern auch Kultur.

Balkan-Blues: Zu zweit trinkt es sich harmonischer. (Bild: zVg)

Der schweizerisch-serbische Film «Odumiranje/Withering» zeigt mit schwarzem Humor, dass Einwanderer nicht nur Habseligkeiten im Rucksack mitbringen, sondern auch Kultur.

Die Mutter rennt Janko entgegen. Der Hund tanzt an der Kette. Der Boden unter ihren Füssen ist karg. Es hat seit Monaten nicht mehr geregnet. Sogar der Nachbar eilt herbei. Doch Janko kann nicht lachen. Er will weg aus dem Hinterland – nach Europa.

So beginnt Miloš Pušics serbisches Heimatlied. Mit der erzählerischen Genauigkeit der frühen Brüder Taviani schafft «Withering» mit den Stars der Belgrader Theaterszene einen heiteren und tieftraurigen Abgesang auf das Land-Patriarchat. Regisseur Miloš Pušic erzählt die Fabel in herben Bildern – und vertraut ganz auf die Authentizität der Spieler aus dem Theaterstück des Autors Dušan Spasojevic.

Das Patriarchat hat noch nicht ganz ausgedient

Janko ist nach Hause gekommen, um das Land seiner Väter zu verkaufen. Nur so kann er die Vergangenheit hinter sich lassen. Für kein Land der Welt würde er sein Leben und seine Zukunft opfern. Zudem hat in seiner Heimat – wie in der Welt von Pirandello – das Patriarchat noch nicht ganz ausgedient. Seine Diener leben ohne Herren weiter: Die Männer prügeln und singen. Und schweigen – am liebsten über die Vergangenheit.

Die Frauen hingegen kennen keine eigene Sprache. Die Frau des Nachbarn verweigert jedes Wort. Die Nachbarstochter sagt erst zum Schluss ein paar Sätze. Nur die Mutter redet, wobei Janko ihr nicht zuhört. Die Frauen sind die eigentlichen stummen Heldinnen dieses Films.

Am Ende steht Janko auf Gleis acht im Hauptbahnhof Zürich, in der Menschenmasse, die zur Arbeit eilt. Er steht für eine Generation von Vätern, die in diesem wehmütigen Balkan-Lied ein Gesicht erhalten. Es sind die Väter unserer Secondos.

«Odumiranje/Withering» lässt aufhorchen. Die Secondos, die diese schweizerisch-serbische Produktion ermöglicht haben, taten das ohne Förderung von Schweizer Gremien. Sie beweisen mit einer schwarzhumorigen Geschichte, dass Einwanderer nicht nur Habseligkeiten im Rucksack mitbringen, sondern auch Kultur. In diesem Fall einen wunderschön herben Balkan-Blues über die Bergbauern im serbisch-bosnischen Grenzgebiet.

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«Odumiranje/Withering» läuft u. a. im Basler Kino Pathé Küchlin.

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