9300 Euro Busse für ein Fläschchen Sand

Ein Handvoll Sand vom Traumstrand ist bei Sardinien-Reisenden ein beliebtes Souvenir. Bei fast zwei Millionen Touristen verschwindet da pro Jahr ein gutes Stück Strand. Jetzt wehren sich Aktivisten gegen die Plünderung ihrer Insel.

Sardinischer Sand – beliebt bei Touristen, und deshalb bald nicht mehr da.

(Bild: DeAgostini/Getty Images)

Ein Handvoll Sand vom Traumstrand ist bei Sardinien-Reisenden ein beliebtes Souvenir. Bei fast zwei Millionen Touristen verschwindet da pro Jahr ein gutes Stück Strand. Jetzt wehren sich Aktivisten gegen die Plünderung ihrer Insel.

Die Zielpersonen sind blond, braungebrannt, tragen Sandalen und kurze Hosen. Das Sicherheitspersonal am Flughafen von Cagliari sucht derzeit weniger nach finsteren Gestalten, die Drogen oder Waffen schmuggeln könnten. Die Security durchleuchtet die Koffer von Touristen auf der Suche nach Sand. Nicht derjenige, der sich noch zwischen Socken und T-Shirts gehalten hat, sondern flaschenweise abgepackte Souvenirs von den Traumstränden Sardiniens.

Es muss dieser Drang sein, ein Stück Ferien nach Hause, ein bisschen Mittelmeer nach Basel, Bern oder Berlin mitzunehmen. Das Phänomen hat in den vergangenen Jahren Dimensionen angenommen, die die Naturschützer auf der italienischen Mittelmeerinsel nicht mehr tolerieren wollen. Fünf Tonnen Sand, Muscheln und Steine konfiszierte die Security am Flughafen Cagliari alleine im Jahr 2015. Die erwischten Touristen werden inzwischen schon als «Sandräuber» bezeichnet.

Sand gibt es bekanntlich wie Sand am Meer. Auch auf Sardinien. Wenn aber jeder der 1,8 Millionen Urlauber, die jährlich auf die Insel kommen, sich ein Fläschchen Sand abfüllen würde, geriete Sardinien mit seinen zahlreichen Bilderbuchstränden in Schwierigkeiten. Dass es in Italien unter Androhung von Strafe verboten ist, Sand vom Strand zu entfernen, scheinen die wenigsten Touristen zu wissen. Deshalb will eine Initiative dem Sandraub nun Einhalt gebieten.

«Die Raubsaison ist eröffnet»

Die Aktivisten haben sich auf der Facebook-Seite «Sardegna rubata e depredata» zusammengeschlossen, mit der sie gegen die «Beraubung und Plünderung Sardiniens» vorgehen wollen. Dort sind Fotos der eindrucksvollsten Funde zu sehen. Eines zeigt sechs Holzkisten voller Muscheln. «Massaker» haben darüber die anonymen Aktivisten geschrieben.

Ein anderes Foto zeigt das Innere eines Koffers. Neben Einwegrasierern, Deo und Zahnpasta lagern drei Plastikflaschen mit kostbarem Quarzsand aus Is Arutas, einem der unter Naturschutz stehenden, aber bei den Sandräubern beliebtesten Strände. «Die Raubsaison 2016 ist offiziell eröffnet», schreiben die Naturschützer. Jedes Jahr zu Beginn der Urlaubssaison nehmen die Funde in Koffern und Gepäcktaschen rapide zu.

Initiatoren der Aktion sind die Sicherheitsleute des Flughafens von Cagliari. Sie sind bei einer Privatfirma angestellt, doch das Gesetz haben sie auf ihrer Seite. Nach dem italienischen Schifffahrts-Kodex ist die Mitnahme von Sand, Kies, Algen und anderem Strandgut verboten, bei Zuwiderhandlung droht eine Geldstrafe von bis zu 9300 Euro. Nur schert das auf Sardinien offenbar die wenigsten. Echte Unterstützung aus der Politik bekommen die Aktivisten bislang nämlich nicht, auch wenn es vor einem Monat erstmals eine Anhörung im sardischen Regionalparlament zum Thema gab. 

Dass inzwischen einige Gemeinden Überwachungskameras gegen die Sanddiebe installiert haben, ist ein erster Schritt. Strafen müssen die Touristen aber kaum fürchten, gebüsst wurde bisher niemand. Die Sicherheitsleute aus Cagliari begnügen sich damit, das Diebesgut wieder dahin zurückzubringen, wo es hingehört: ans Meer.

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