Am Freitag wollen die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) der eidgenössischen Räte in Thun den Fall Hildebrand aufarbeiten. Im Zentrum dabei: Neue Regeln für die Verwaltung privater Vermögen von Magistratspersonen.
«Auswärts» steht als Tagungsort auf dem Sitzungsplan der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte. Doch in Bern ist längst bekannt, dass sich die vereinigten GPKs der beiden Kammern morgen Freitag nach Thun zurückziehen werden. Und dort steht dann nach einer ersten Einführung der neu gewählten Kommissionsmitglieder in die Kunst der Geschäftsprüferei gleich ein brisantes Thema auf der Traktandenliste: Der Fall Hildebrand.
Welche Kontrollinstanzen haben versagt?
Drei Themen wollen die Abgeordneten, die darüber wachen, dass Regierung und Verwaltung richtig funktionieren, dabei diskutieren:
• Die Frage, welche Kontrollinstanzen in dieser leidigen Affäre geschlampt haben. Vorab geht es dabei um die Wahlbehörde für den Präsidenten der Nationalbank (SNB), den Bundesrat. Er war schon Anfang Dezember konkret über das Finanzgebaren des SNB-Präsidenten Philipp Hildebrand informiert worden. An zwei Sitzungen hatte sich die Landesregierung mit dem Fall befasst. Doch eine knappe Mehrheit von vier Mitgliedern gegen drei wollte die Sache nicht vertieft abklären – und stellte Hildebrand einen Persilschein aus. Voreilig, wie inzwischen feststeht. Genauso die Fachleute der Finanzmarktaufsicht und der Bankrat, der zudem das völlig untaugliche «Reglement» zu verantworten hat.
• Zweitens will die GPK überprüfen, ob es über die Anpassung dieses Reglements hinaus noch weiteren Handlungsbedarf gibt. Thematisiert wird «die private Vermögensverwaltung aller Magistratspersonen». Also auch der Bundesräte, der Bundesrichter und weiterer hoher Funktionäre. Das entspricht einer Forderung von SVP-Nationalrat Christoph Blocher, der am 5. Dezember die damalige Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey diskret über Hildebrands private Geschäfte informiert hatte.
• Schliesslich muss die Kommission entscheiden, ob sie aus ihrer Mitte eine Subkommission wählen will, welche die ganze Affäre vertieft untersuchen und Empfehlungen für die Zukunft formulieren soll.
Whistleblower so oder so ein Thema
Einzelne Kommissionsmitglieder möchten auch die Problematik der hierzulande immer noch ungeschützten Whistleblower aufs Tapet bringen. Wenn sie Unregelmässigkeiten entdecken und aufdecken, sind sie am Schluss nicht selten die einzigen, die entlassen und gerichtlich verfolgt werden. Während die meist höhergestellten Ertappten und Entlarvten ungeschoren davon kommen – und sogar noch entschädigt werden. Auch im vorliegenden Fall bekommt der über seine Finanztransaktionen aus dem Amt gestrauchelte Philipp Hildebrand nun noch ein Jahresgehalt von 995000 Franken ausbezahlt.
Ob die Kommission für diese Aspekte des Falles zuständig sei, ist jedoch nicht klar. Doch wird das Thema «Whistleblower» das Parlament so oder so noch beschäftigen: Mehrere Abgeordnete haben Vorstösse für einen bessern Schutz der Warner eingereicht. So auch der Zürcher SP-Nationalrat und Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch. «Sie handeln nicht eigennützig, sondern für die Allgemeinheit», stellt Jositsch fest. Und weil sich die Warner «in einem Notstand» befänden, fordert er für sie spezielle Regelungen im Strafrecht – ähnlich wie bei «Notwehr».
Furcht vor US-Steuerbehörden
Inzwischen kommen weitere interessante Elemente des Falles ans Tageslicht: Kashya Hildebrand habe hinter dem Rücken der US-Steuerbehörden über das Sarasin-Konto ihres Mannes und mit dessen Wissen 75000 Franken mit Dollarkäufen erspekuliert, berichtet die neuste «SonntagsZeitung». Das Blatt stellt fest: «Mit den Steuerproblemen seiner amerikanischen Frau wäre Philipp Hildebrand möglicherweise zur Belastung für das Land geworden.»
Die Hildebrands hätten das dubiose Konto der US-Steuerbehörde nämlich nicht gemeldet gehabt. Erst jetzt wollten sie diese Anmeldung durch eine «stille Offenlegung» mitsamt Unterlagen für die letzten Jahre und einem «beigelegten Check für Begleichung aller Schulden» nachholen.
Zu spät: «Eine solche Hypothek beim obersten Notenbanker hätte die Position der Schweiz in den laufenden Gesprächen im US-Steuerkrieg geschwächt.» Auch darum sei Hildebrand „auf verlorenem Posten“ gewesen, hält die Zeitung fest. Und: «Der Rücktritt entschärfte die Situation.»