Afrika-Cup 2015: Ein Turnier zwischen Ebola, Improvisation und Diktatoren-Werbung

Weil Marokko die Austragung aus Angst vor Ebola kurzfristig zurückgegeben hatte, wird der Afrika Cup 2015 in Äquatorialguinea und noch etwas improvisierter über die Bühne gehen als sonst schon. Das Turnier könnte Ebola wieder vermehrt in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit rücken.

A man paints letters ahead of Saturday's opening African Cup of Nations Group A soccer match in Bata, Equatorial Guinea, Friday Jan. 16, 2015. (AP Photo/Themba Hadebe) (Bild: AP Photo/Themba Hadebe)

Weil Marokko die Austragung aus Angst vor Ebola kurzfristig zurückgegeben hatte, wird der Afrika Cup 2015 in Äquatorialguinea und noch etwas improvisierter über die Bühne gehen als sonst schon. Das Turnier könnte Ebola wieder vermehrt in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit rücken.

Claude Le Roy ist ein echter Veteran des afrikanischen Fussballs. Zum achten Mal erlebt der Franzose einen Afrika-Cup als Trainer, diesmal mit dem Kongo, der am Samstag das Eröffnungsspiel gegen den Gastgeber Äquatorialguinea bestreitet.

Nach der Ankunft in dem kleinen westafrikanischen Land hat Le Roy aber erstmal tief durchgeatmet. Im Hotel der kongolesischen Delegation, der auch Igor Nganga (Aarau) und Chris Malonga (Lausanne-Sport) angehören, gibt es «nicht genügend Zimmer», erzählt Le Roy, «ausserdem sind die elektrischen Installationen fürchterlich, alles liegt offen in den Wänden.» Und als der Trainer seine Hände waschen wollte, gab es kein Wasser.

Le Roy erzählt diese Geschichte ohne jede Empörung. «Ich bin nicht enttäuscht, ungefähr so habe ich das erwartet», sagt er und nutzt die Widrigkeiten als Motivationshilfe. Er habe den Spielern gesagt, wenn sie «in ein sehr schönes Hotel» umziehen wollen, müssen sie eben die Runde der besten Acht erreichen. Dann werden die Unterkünfte der ausgeschiedenen Teams frei.

Reise zurück zu den Ursprüngen

Der Afrika-Cup ist für viele Spieler, die sich in Europa an ein luxuriöses Leben gewöhnt haben, immer eine Reise zurück zu den Ursprüngen. Doch diesmal trifft das ganz besonders zu. Denn Äquatorialguinea hat die Ausrichtung des Turniers erst vor zwei Monaten übernommen, was die Organisatoren und auch die Teilnehmer an vielen Stellen zur Improvisation zwingt. Marokko hatte auf die Gastgeberrolle verzichtet, weil die dortigen Behörden fürchteten, Turnierbesucher könnten das Ebola-Virus einschleppen.

Möglich war diese spontane Verlegung nur, weil die Äquatorialguinea schon 2012 an der Ausrichtung der Kontinentalmeisterschaft beteiligt war, damals aber lediglich mit zwei Spielorten. Die anderen Partien fanden in Gabun statt.

Diesmal werden neben den Arenen in der Metropole Bata (35’700 Plätze) und der Hauptstadt Malabo (15’000) auch die kleinen Stadien in Mongomi (10’000) und Ebebiyin (5000) genutzt. Die Rasenfelder für diese Stadien mussten aus Europa eingeflogen werden, vieles wird nur notdürftig eingerichtet sein. Vermutlich werden in den kommenden Wochen zahllose Seltsamkeiten von diesem Turnier zu hören sein und die Berichte über Ebola verdrängen.

Ebola ist das grosse Thema

Noch ist aber die fürchterliche Krankheit das grosse Thema dieses Turniers. Denn Äquatorialguinea liegt sogar näher an den drei am stärksten betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone als Marokko. Daher werden «alle Delegationen für einen Gesundheitstest in der Hauptstadt Malabo landen», teilt der afrikanische Fussballerverband CAF mit, und natürlich sollen auch alle anderen Besucher auf Ebola-Symptome untersucht werden.

Schon während der Reisen zu den Qualifikationsspielen im vorigen Herbst sei «zweimal am Tag Fieber gemessen» worden, erzählt Guineas Captain Ibrahima Traoré im Kicker. Der Angreifer von Borussia Mönchengladbach setzt sich intensiver als andere Spieler mit dem Thema Ebola auseinander, schliesslich gehört Guinea zu den am stärksten betroffenen Ländern. Seine Antrittsprämie von immerhin 25’000 Franken hat Traoré an eine Organisation gespendet, die sich im Kampf gegen das Virus engagiert.

Dass der Afrika-Cup das weiterhin ungelöste Ebola-Problem inmitten des wendungsreichen Weltgeschehens noch einmal in den Fokus der Öffentlichkeit rückt, begrüssen die meisten Afrikaner. Dass sich eine der fürchterlichsten Diktaturen des Kontinents im Glanz des Turniers sonnen darf, ist hingegen nicht nur für Menschenrechtler ein Ärgernis. «Natürlich wird das Regime versuchen, das Image des Landes im Ausland zu verbessern», sagt Victor Nogueira von Amnesty International in einem Gespräch mit der Deutschen Welle.

Das höchste Pro-Kopf-Einkommen kombiniert mit tiefer Armut

Äquatorialguinea ist zwar das afrikanische Land mit dem grössten Pro-Kopf Einkommen, aber der Grossteil der auf rund 700’000 Einwohner geschätzten Bevölkerung lebt in tiefer Armut. Amnesty beklagt, dass in Äquatorialguinea «mutmassliche Oppositionelle willkürlich inhaftiert» und «politische Gegner «gefoltert oder auf andere Art misshandelt» würden.

Präsident Teodoro Obiang hat sich in dieser Woche aber erst mal als Wohltäter profiliert und 40’000 Eintrittskarten für die Spiele gekauft, um diese an sein Volk zu verschenken. «Mögen diejenigen, die die Mittel haben, den Armen helfen», sagt er, gibt aber auch offen zu, dass es sich bei seiner Geste nicht um eine reine Wohltat handelt: «Wir müssen die Stadien füllen». Beim Turnier vor drei Jahren gab es nämlich Spiele, zu denen gerade einmal 200 Leute gekommen sind. Das soll nicht wieder passieren. Schliesslich ist der sportliche Wettbewerb offen wie selten und hat eine grössere Aufmerksamkeit verdient.

Algerien gilt als Favorit

Titelverteidiger Nigeria scheiterte ebenso in der Qualifikation wie Rekordsieger Ägypten. Das Team Kameruns wurde nach der fürchterlichen Weltmeisterschaft massiv verjüngt, Trainer Volker Finke hat die grössten Stars Samuel Eto’o und Alex Song aussortiert und setzt vor allem auf eine gut harmonierende Gruppe, der auch Franck Etoundi vom FC Zürich angehört. «Nach einer WM wie dieser ist der Afrika-Cup speziell für uns, eine grosse Herausforderung. Wir können aber auch viel gewinnen», sagt der ehemalige Bundesligatrainer Finke, der wie die meisten Experten Algerien zum Favoriten auf den Turniersieg erklärt.

Die Nordafrikaner waren das beste afrikanische Team bei der Weltmeisterschaft in Brasilien, spielen auch nach dem Trainerwechsel von Vahid Halilhodzic zu Christian Gourcuff den modernsten Fussball und sind ohne Probleme durch die Qualifikation gekommen.

Den wie immer stark besetzten Traditionsmannschaften von der Elfenbeinküste (mit dem Basler Geoffroy Serey Die) und aus Ghana wird natürlich auch ein gutes Turnier zugetraut. Sie scheitern aber meist an sich selbst, sodass auch Aussenseiter wie Burkina Faso, Tunesien mit Yassine Chikhaoui und Amine Chermiti vom FC Zürich oder Sambia mit Nathan Sinkala (Grashoppers) auf eine Überraschung hoffen können. Oder eben der Kongo – beflügelt von der Hoffnung auf den Umzug in ein besseres Hotel.

» Zum Spielplan auf der Website des Afrikanischen Kontinentalverbandes

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