Alle AKW vom Netz und nichts passiert – die Erklärung

Obwohl sämtliche Schweizer AKW vorübergehend abgeschaltet wurden, kam es nicht zu einem Strom-Engpass. Europäischem Strom sei Dank.

Das AKW Gösgen ist vom Netz und niemanden störts.

(Bild: SIGI TISCHLER)

Obwohl sämtliche Schweizer AKW vorübergehend abgeschaltet wurden, kam es nicht zu einem Strom-Engpass. Europäischem Strom sei Dank.

Die Schweiz ist seit einem halben Tag ohne Atomstrom – und nichts ist passiert. In der Nacht auf Montag musste das Atomkraftwerk (AKW) Gösgen ausserplanmässig abgeschaltet werden, weil Wasserdampf ausgetreten war. Die übrigen AKW in Leibstadt, Beznau und Mühleberg sind zurzeit ebenfalls deaktiviert, sie befinden sich in der jährlichen Revision.

Droht jetzt ein Versorgungsengpass?

Bei Swissgrid, der nationalen Netzgesellschaft, können die Strom-Importe und -Exporte in Echtzeit verfolgt werden. Ein Blick auf deren Website zeigt: Auch ohne AKW produziert die Schweiz ausreichend Strom. Am Vormittag reicht die Stromproduktion sogar noch aus, um Energie zu exportieren. Seit dem Nachmittag jedoch wird wieder mehr Strom ein- statt ausgeführt.

Engpässe werden europaweit überbrückt

Die Schweizer Stromversorgung könne den spontanen Wegfall eines AKW wie Gösgen problemlos wegstecken, sagt Andreas Schwander, Mediensprecher bei Swissgrid. «Das gilt insbesondere für den Sommer, wo die Schweizer Stromproduzenten meist mehr produzieren als benötigt wird.» Dies ändert sich im Herbst, wenn es in den Bergen zu schneien beginnt und deshalb die Stromproduktion durch Wasserkraft eingeschränkt ist.

Problematisch werde die Versorgungslage ohnehin erst, wenn der Strom auch in den Nachbarländern knapp wird. «Die Schweiz ist Teil eines europäischen Netzverbundes, der die Versorgung auch bei Engpässen sicherstellt», sagt Schwander. Es sei deshalb Unsinn, die Schweizer Stromversorgung isoliert zu betrachten.

Der Strom, den die Schweiz aus Europa importiert, stammt aus verschiedenen Quellen. Felix Nipkow, Projektleiter bei der Schweizerischen Energiestiftung, spricht gegenüber dem «Tages-Anzeiger» von «europäischem Graustrom», der grundsätzlich nicht «sauber» sei, weil er zu zwei Dritteln Kohle- und Atomstrom enthalte.

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Der Wegfall sämtlicher Schweizer AKW ist kurz vor dem Wahlherbst eine Steilvorlage für die Grünen. Lesen Sie dazu unseren Kommentar: «Endlich atomfrei – da lacht das grüne Herz»

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