Im letzten Teil unserer Fragrunde mit den Regierungskandidaten geht es um den Riss, der sich durchs Baselbiet zieht, um Wünsche nach höherer Autonomie und wirtschaftliche Perspektiven. Die Grundlage waren unsere Besuche in Roggenburg und Arlesheim.
Anfangs Woche besuchten wir im Rahmen unserer Wahltour durchs Baselbiet eine stadtnahe und eine stadtferne Gemeinde – Arlesheim und Roggenburg. Ausgesucht haben wir die beiden Gemeinden anhand der Abstimmung im Baselbiet über die Erhöhung der Subventionen ans Theater Basel. Während in Arlesheim fast zwei Drittel dafür waren, wurde die Vorlage im Laufentaler Roggenburg heftig mit über 80 Prozent Nein-Anteilen verworfen. Diese Realitäten müsse man akzeptieren, sagen die drei Regierungsratskandidaten Thomas Weber (SVP), Eric Nussbaumer (SP) und Gerhard Schafroth (GLP) in unserer letzten Fragerunde.
Alle wollen ins Laufental investieren
So unterschiedlich die beiden Dörfer sind, haben sie auch eine gemeinsame Forderung an die Regierungsratskandidaten. Beide Gemeinden legen Wert auf eine hohe Autonomie vom Kanton. Deutlicher sind aber die Differenzen: Während Arlesheim wirtschaftlich boomt, kommt Roggenburg nicht vom Fleck. Alle drei Regierungsräte erachten deshalb Investitionen im Laufental für wichtig. Weber und Schafroth wollen in die Verkehrsinfrastruktur investieren, Nussbaumer möchte das Laufental zum Schwerpunkt der Wirtschaftsförderung erheben.
Unsere Fragen an die Regierungskandidaten:
2. Die Gemeinden möchten möglichst viel Eigenautonomie. In welchen Bereichen wollen Sie ihnen mehr Mitsprache- und Selbstbestimmungsrecht geben (konkrete Vorschläge)?
3. Das klamme Roggenburg kann seinen Anteil an der PK-Sanierung nur schwer begleichen – wenn überhaupt. Sollte der Kanton die BLPK selber sanieren? Brauchen finanzschwache Gemeinden Unterstützung?
4. Im Laufental, nicht nur der Gemeinde Roggenburg, stagniert die wirtschaftliche Entwicklung. Was sind Ihre Ideen, das Laufental wirtschaftlich voranzubringen?
Die Antworten der drei Kandidaten:
1. Das Baselbiet ist eine Einheit in der Vielfalt. Jede Gemeinde hat ihre besonderen Gegebenheiten und legitimen Interessen. Wesentlich ist, dass alle stetig daran arbeiten, von einem «Die-da-» zu einem «Wir-zusammen»-Gefühl zu gelangen. Die bestehenden Plattformen des VBLG, Charta von Muttenz usw. sollen gestärkt werden. Die Finanz- und Kirchendirektion, die auch für Gemeindefragen zuständig ist, kann und soll hier eine Mediatorenrolle übernehmen.
2. In anderen Kantonen haben die Gemeinden mehr Aufgaben und auch die Mittel dafür: Die Gemeindesteuern sind dort deutlich höher als die Kantonssteuern, bei uns ist es (noch) umgekehrt. Ansatzpunkte für mehr Gemeindeautonomie sehe ich beispielsweise bei den Primarschulen, dem Baubewilligungswesen oder den Kinder- und Erwachsenenschutzbehörden, die jeweils eine grosse oder mehrere kleinere Gemeinden im Verbund freier als heute gestalten könnten.
3. Jeder Arbeitgeber ist grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, seine Deckungslücke gemäss den rechtlichen Vorgaben zu schliessen. Dies gilt für den Kanton und die Gemeinden wie auch für die übrigen der BLPK angeschlossenen Arbeitgeber gleichermassen. Der Kanton kann jedoch mit seinem nach wie vor ausgezeichneten Rating (AAA) den Gemeinden helfen, falls sie das wollen, zu günstigen Konditionen auf dem Kapitalmarkt Geld aufzunehmen.
4. Jede wirtschaftliche Entwicklung erfordert Standorte mit guter Verkehrserschliessung durch Strassen und Schienen. Die Bedeutung der Achse Basel-Delémont-Neuchâtel-Lausanne wird zunehmen. Das Laufental erachte ich als wirtschaftlichen Entwicklungsschwerpunkt, da es auf dieser Achse liegt und über Landreserven verfügt. Folglich sollte sich der Kanton gemeinsam mit dem Bund und den Gemeinden verstärkt für Investitionen in die Laufentaler Verkehrsinfrastruktur einsetzen.
1. Es gibt in unserem Kanton verschiedene Lebensrealitäten. Wenn ich das weiss, bin ich genügend gerüstet für den nötigen Ausgleich. Es gibt immer einen Weg, der die gemeinsamen Interessen am besten abbildet – das ist meine Anforderung an gute Regierungsarbeit.
2. Im Baubewilligungsbereich können die Gemeinden jederzeit selber entscheiden und eine grosse Autonomie leben. Die Gemeinden sind auch TrägerInnen der Primarschulen, der Musikschulen, der Kindergärten – die bestehende Autonomie darf und soll man auch hier gestalten. Und ein guter Regierungsrat spielt nicht auf dem Klavier «Kanton gegen Gemeinden», sondern «Kanton mit den Gemeinden». In dem Sinne ist mir von Seiten des Regierungsrates eine gelebte Mitwirkungskultur wichtig.
3. Bei der Pensionskasse ist nicht nur das Problem der Gemeinden schwierig. Es sind auch die FHNW und viele andere Arbeitgeber betroffen. Das Sanierungsmodell muss für alle fair und tragbar sein – darum bin ich froh, wenn politisch neben der jetzt angestrebten Vollkapitalisierung auch die Teilkapitalisierung noch vertieft angeschaut wird. Schlussendlich entscheidet sich die Lösung an einem realistisch angenommenen Finanzierungsplan für alle beteiligten Arbeitgeber.
4. Das Laufental braucht zuerst wieder mehr Autonomie. Die Zentralisierungsbemühungen nach Liestal (notabene Bemühungen der langjährigen bürgerlichen Regierung) bringen grossen Unmut in die Bevölkerung des Laufentals, wie ich an Standaktionen vor Ort mehrmals hören musste. Zudem muss die kantonale Wirtschaftsförderung unter der Leitung von NR de Courten einen Schwerpunkt Laufental im direktionsübergreifenden Kompetenzzentrum für die Wirtschaftsentwicklung festlegen. Als Regierungsrat werde ich einen solchen Schwerpunkt einfordern und finanziell auch ermöglichen.
1. Unterschiedliche Bedürfnisse der Gemeinden sind kein Problem, wenn der Kanton ihnen eine maximale Freiheit gibt, sich so zu organisieren, wie sie (und nicht der Kanton) das für richtig erachten. Als Regierungsrat würde ich mich für eine deutliche Stärkung der Gemeindeautonomie einsetzen.
2. Mein Konzept als Landrat und als Regierungsrat beruht darauf, den Gemeinden das Recht zu geben, aus einer breiten Palette möglicher Aufgaben diejenigen vom Kanton zu übernehmen die sie wollen. Dafür erhalten sie eine finanzielle Abgeltung. Dies gibt den Gemeinden die maximale Freiheit die eigene Entwicklung selber zu gestalten.
3. Ob wir als Gemeindesteuerzahler oder als Kantonssteuerzahler die PK sanieren macht keinen Unterschied. Zahlen müssen wir ohnehin. Die Sanierung der BLPK ist aber viel einfacher, wenn der Kanton dies macht und nicht noch die 86 Gemeinden und die Bürgergemeinden und die Altersheime und die Spitex-Vereine und die Musikschulen usw. auch noch.
4. Als Regierungsrat würde ich mich einsetzen für den Doppelspurausbau der SBB ins Laufental und eine Wirtschaftsoffensive, die KMU’s mit gut bezahlten Arbeitsplätzen und Wohnmöglichkeiten in die Dörfer bringt. Das stärkt die Gemeinden finanziell, gibt ihnen neue Entwicklungsperspektiven und reduziert die Pendlerströme.