Konkret hätte Anfang August eine knappe, absolute Mehrheit von 53 Prozent den beiden Einzelvorlagen zur Altersvorsorge zugestimmt – also sowohl dem obligatorischen Referendum zur Erhöhung der Mehrwertsteuer wie auch dem fakultativen Referendum zur eigentlichen Reform der Altersvorsorge 2020.
41 Prozent der teilnahmewilligen Stimmberechtigten wären gegen die Mehrwertsteuer-Erhöhung, 42 Prozent wären gegen die Reform. 5 beziehungsweise 6 Prozent sind noch unentschieden. Dies geht aus der ersten von zwei Trendumfragen zum Urnengang am 24. September hervor, die das Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag der SRG-Medien realisiert hat.
Erste Gfs-Umfrage: knappe Mehrheit ist für Rentenreformen und Ja zur Ernährungssicherheit. Lesen Sie selbst: https://t.co/FDolBfKOUM
— SRF News (@srfnews) 18. August 2017
Doch auch wenn in der SRG-Trendumfrage unter dem Strich gleich viele Teilnahmewilligen Ja zur Mehrwertsteuer-Erhöhung wie zur Reform sagen, beurteilen dennoch nicht alle die beiden Einzelvorlagen gleich.
Denn obwohl bei der Ablehnung der einen Vorlage auch die andere Vorlage hinfällig und die Vorsorgereform damit gescheitert wäre, wollen 7 Prozent der Teilnahmewilligen die Erhöhung der Mehrwertsteuer annehmen, aber die Reform ablehnen. Weitere 7 Prozent geben genau das Gegenteil an.
In einer Umfrage des Medienkonzerns Tamedia, die am 9. August veröffentlicht worden war, hatte nur die Mehrwertsteuererhöhung eine Mehrheit gefunden, das Gesetz zur AHV-Reform hingegen war bei den Befragten durchgefallen.
Frauen eher gegen Reform als Männer
Die Autoren der SRG-Umfrage gehen jedoch davon aus, dass es bis zum Urnengang weniger Stimmberechtigte geben wird, welche die beiden Vorlagen unterschiedlich beurteilen. Denn die Meinungsbildung ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gefestigt, sondern laut den Autoren erst «mittel fortgeschritten».
Das meistgeteilte Pro-Argument ist die Überzeugung, dass es nach zwanzig Jahren ohne gelungene Reform Zeit für einen Kompromiss wird (71 Prozent voll oder eher einverstanden). Ebenfalls von einer Mehrheit gutgeheissen werden die Argumente, dass von der Erhöhung der AHV-Rente tiefe und mittlere Einkommen profitieren (54 Prozent) und dass die Reform ausgewogen ist (51 Prozent).
Das Pro-Argument, dass mit der Reform die ungerechte Verteilung von Jung zu Alt gestoppt werden kann, findet hingegen bei einer klaren Mehrheit (62 Prozent) keinen Glauben. Gleichzeitig findet auch ein wichtiges Argument der Kontra-Seite, wonach die Jungen durch die Reform zu stark belastet würden, keine Mehrheit (53 Prozent eher oder überhaupt nicht einverstanden).
Die Gegner verfügen dafür über ein anderes populäres Argument: 59 Prozent stimmen zu, dass die Erhöhung der AHV mit der Giesskanne auch jenen zugutekommt, die nicht darauf angewiesen sind. Nur knapp absolute Mehrheiten erhalten die Kontra-Argumente, dass die Reform die Renten in Zukunft nicht sichern wird (52 Prozent) und dass das Frauenrentenalter nicht ohne gleichzeitige Lohngleichheit erhöht werden soll (51 Prozent).
Die Umfrage zeigt zudem, dass in der Debatte um die Altersvorsorge die Konfliktmuster «überwiegend politisch bestimmt» sind. Klare Mehrheiten für die Reform zeigen sich bei den Parteilagern der SP (74 Prozent bestimmt oder eher dafür), CVP (69 Prozent) und Grüne (66 Prozent).
Bei den SVP- und FDP-Sympathisanten hingegen, deren Parteien sich aktiv gegen die Reform engagieren, sprechen sich laut der Umfrage bloss knappe Mehrheiten gegen das Paket aus. Bei der SVP-Basis sagen 55 Prozent bestimmt oder eher Nein zu Alain Bersets Projekt, bei der FDP-Basis sind es lediglich 51 Prozent.
Bei den Parteiungebundenen überwiegt laut der Umfrage die Zustimmung, wenn auch weniger stark als bei den Mitte-Links-Parteien.
Anders als vielleicht vermutet ist bei der Altersreform der Alterskonflikt hingegen nur schwach ausgeprägt. Jüngere sind verstärkt unentschieden. Sowohl 40- bis 64-Jährige als auch Personen im Rentenalter wollen mehrheitlich der Vorlage zustimmen.
Rentenreform 2020: Das sind die Vor- und Nachteile für die Frauen
Bei den Frauen ist eine Ablehnung der Reform zwar etwas stärker verbreitet als bei den Männern. Dennoch würde aktuell eine hauchdünne Mehrheit der teilnehmenden Frauen Ja stimmen – auch wenn bei einem Ja zur Reform das Frauenrentenalter auf 65 Jahre erhöht wird.
Viel Zustimmung für Ernährungssicherheit
Relativ unbestritten scheint die neue Verfassungsbestimmung über die Ernährungssicherheit. Hier hätten Anfang August mit 65 Prozent fast zwei Drittel der teilnahmewilligen Stimmberechtigten bestimmt oder eher für den Bundesbeschluss über die Ernährungssicherheit gestimmt. 18 Prozent wären dagegen gewesen und lediglich 17 Prozent noch unschlüssig.
Umstritten ist, ob es für die Versorgungssicherheit der Schweiz einen Verfassungsartikel braucht: 45 Prozent stimmen dem zu, 51 Prozent lehnen es ab.
Für die SRG-Trendumfrage wurden zwischen dem 31. Juli und dem 10. August insgesamt 1205 repräsentativ ausgewählte Stimmberechtigte befragt. Der statistische Unsicherheitsbereich beträgt plus/minus 2,9 Prozent.