Am Preacher Slam ist der Humor so sicher wie das Amen in der Kirche

Pfarrer predigen und Poetry Slammer slammen. Meistens. Am Preacher Slam ist alles ein wenig anders. Wir haben Pfarrer und Teilnehmer Jürg Scheibler getroffen.

Jürg Scheibler: «Man muss den Menschen immer zuhören, ob sie fluchen oder lachen.»

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Pfarrer predigen und Poetry Slammer slammen. Meistens. Am Preacher Slam ist alles ein wenig anders. Wir haben Pfarrer und Teilnehmer Jürg Scheibler getroffen.

Was ist der Unterschied zwischen einem Pfarrer und einem Poetry Slammer? Der eine spricht über Gott, der andere über Veganismus und Liebeskummer. Und was haben sie gemeinsam? Beide performen – stellvertretend für Gott, für die Welt oder für sich selbst.

Am ersten Preacher Slam Basel treten drei Pfarrersleute und drei Slammer unter einem Dach auf – gegeneinander. Einen Abend lang wird der Chor der Matthäuskirche für die vermeintlich höchst unterschiedlichen Rednerinnen und Redner zur Slam-Bühne.

Womöglich wird es dann im Hause Gottes nicht nur heilig zu und her gehen. Jürg Scheibler, reformierter Pfarrer und Teilnehmer, stört das aber nicht: «Man muss den Menschen immer zuhören, ob sie fluchen oder lachen.» Er selbst bevorzugt das Lachen.

Reden fällt ihm leicht, darin hat er Übung. Nach seinem Theologiestudium arbeitete er als Journalist auch im Radio. Zufällig oder «mit einem Schupf von oben» landete er 2000 bei der französischen Kirche. Heute arbeitet er im Rahmen der Projektstelle Genesis der reformierten Kirchgemeinde Basel West hauptsächlich für Kinder, Jugendliche und Familien – sporadisch hält er klassische Gottesdienste.

Wie wird ein Priester Slammer?

Und nun wird er auch noch Slammer. Im familiären Kreis hatte er schon öfters kabarettistische Auftritte. Auf der Slam-Bühne stand er aber noch nie. Wie kam er zur Teilnahme am Preacher Slam? «Wie die Jungfrau zum Kind», antwortet Scheibler lachend. Passt. Denn Slam-Erstlinge werden traditionsgemäss mit einem lauten «Virgin!» begrüsst.

«Die Kollegen haben sich wohl gedacht, der Scheibler, der wird das schon machen», ergänzt der 47-Jährige. Die Kollegen, das sind Judith Borter, Leiterin der Fachstelle für Genderfragen und Erwachsenenbildung der Reformierten Kirche Baselland, Daniel Frei, Pfarrer vom Pfarramt für weltweite Kirche, und Martin Dürr, Pfarrer vom Pfarramt für Industrie und Wirtschaft.

Frauenbilder in der Bibel und im Slam

Was geschieht, wenn solche Leute einen Slam organisieren? Schwere Themen kommen auf den Tisch – oder eben auf den Altar: Am Preacher Slam soll sich alles um Gegensätze drehen: Arm – Reich, Nord – Süd, Frau – Mann. Allen Teilnehmern wurde je ein Gegensatzpaar zugeteilt, an dem sie sich für ihre Wortkreationen orientieren sollen.

Scheibler wird sich Gedanken darüber machen, was er über Männer und Frauen zu sagen hat. Ein Thema, das die Menschheit schon seit eh und je beschäftigt – Adam und Eva lassen grüssen.

Für Scheibler liegen Predigt und Slam nicht so weit auseinander: «Bei beiden geht es darum, dass man etwas vermittelt, was einen beschäftigt.» Für ihn ist klar, dass er die Bibel automatisch in seinen Text mit einbeziehen wird. Klar ist für ihn auch, dass man die Schriften der Bibel im Kontext ihrer Zeit betrachten muss: «Einige Bilder der Frau in der Bibel können wir heute kritisch hinterfragen. Für damalige Verhältnisse waren viele Bilder aber sehr fortschrittlich, ja sogar ungewohnt», findet Scheibler.

Wie er nun mit dem Thema Mann – Frau in seinem Slam-Text umgehen wird, weiss Scheibler noch nicht ganz sicher: «Momentan hänge ich an der Typologisierung fest. Wie gehe ich mit der Einteilung Mann – Frau um, ohne einem Moralismus zu verfallen?»

Mit Humor gehts immer

Die Lösung für das Problem findet Scheibler einmal mehr im Humor. Denn gerade das Lustige kann seiner Meinung nach zum Nachdenken anregen: «Wer lachen kann, ist befreit, und nur wer befreit ist, kann die Welt verändern. Ich glaube, wenn ich die Kategorisierung Mann – Frau überspitze, kann ich sie umgehen.»

Und welche Auswirkungen hat der Slam auf Scheiblers Alltag? Wird man in Zukunft in der reformierten Kirchgemeinde Basel West einen Slam-Gottesdienst besuchen können? «Das weiss ich noch nicht», sagt Scheibler lachend. «Aber ich baue auch jetzt manchmal Slapstick-Elemente in meine Predigten ein. Einen Gottesdienst mit Humor finde ich sehr wichtig.»

Weniger wichtig findet Scheibler den Sieg am Preacher Slam, obwohl der Preis auch für ihn als Pfarrer verlockend ist: «Über eine Flasche Whisky freue ich mich natürlich schon!»

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Preacher Slam, 28. Oktober, in der Matthäuskirche an der Feldbergstrasse 81, Basel, 19.30 Uhr.

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