Bei den Syrien-Gesprächen standen am Donnerstag die Sicherheitslage und der Terrorismus auf der Tagesordnung. Die Delegationen der Konfliktparteien gedachten zudem der Bürgerkriegsopfer. Die in Homs eingeschlossenen Menschen haben aber noch immer keine Hilfsgüter erhalten.
Nach den Worten von Lakhdar Brahimi, dem Vermittler der UNO und der Arabischen Liga für Syrien, hat es am Donnerstag bei den Gesprächen in Genf angespannte und auch vielversprechende Momente gegeben. Auf der Tagesordnung stand die Sicherheitslage. «Es gibt Terrorismus innerhalb Syriens und er ist dort ein sehr schwieriges Problem», sagt Brahimi am Donnerstagabend vor den Medien. Es gebe noch keine Einigung, wie damit umzugehen sei. Diese Frage müsse aber gelöst werden, wenn es in Syrien wieder Frieden und Sicherheit geben solle.
Bereits zuvor hatte er erklärt, der Terrorismus habe sich mit dem Krieg in Syrien ausgebreitet, die verschiedenen Dschihadisten-Gruppen nannte er dabei nicht beim Namen. Die Regierung bezeichnet allerdings alle Aufständischen als Terroristen. In einem Text rief die Regierungsdelegation am Donnerstag alle Staaten auf, die «Finanzierung terroristischer Aktivitäten zu unterlassen». Damaskus wirft dem Westen vor, die Rebellen finanziell und mit Waffen zu unterstützen. Vertreter der syrischen Opposition kritisierten den Text als einseitig, er vernachlässige die vom Regime begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
«Diese Politisierung der humanitären Hilfe ist mittelalterlich.»
Trotz der angespannten Atmosphäre einigten sich die Delegationen der syrischen Opposition und der Regierung darauf, ein gemeinsames Zeichen zu setzen. Sie erhoben sich für eine Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer des Bürgerkriegs. «Das war ein hoffnungsvoller Moment», sagte Brahimi. Der Vorschlag kam von Oppositionsvertretern, die Regierungsdelegation stimmte laut Brahimi sofort zu.
Politisierte humanitäre Hilfe
Die am Sonntag vereinbarte humanitäre Hilfe für die in der Altstadt von Homs von den Regierungstruppen eingeschlossenen Menschen, konnte noch immer nicht in die Stadt gebracht werden. Die Regierung hat die Bewilligung bisher nicht erteilt. Die Verhandlungen zwischen den UNO-Hilfsorganisationen und den syrischen Behörden werden nach Angaben von Brahimi fortgesetzt. Strittig sei, ob zuerst die Hilfsgüter hineingebracht werden sollten und die Menschen das abgeriegelte Viertel danach verlassen könnten oder umgekehrt. «Es handelt sich leider um eine Bürgerkriegssituation», sagte Brahimi.
Das Problem ist offenbar, eine Lösung zu finden, mit der weder die Regierung noch die eingeschlossenen Rebellen ihr Gesicht verlieren – beziehungsweise keine der beiden Seiten eine Hilfsgüterlieferung als Sieg verbuchen kann. Der Genfer Arzt Tawfik Chamaa von der Union of Syrian Medical Relief Organizations (UOSSM) bezeichnete diese Politisierung der humanitären Hilfe als «mittelalterlich».
Die Verweigerung von humanitärer Hilfe ist ein Kriegsverbrechen. Laut Brahimi konnten Hilfsorganisationen am Donnerstag dagegen Lebensmittel für mehrere Hundert Familien in das palästinensische Flüchtlingslager Jarmuk bei Damaskus bringen, das ebenfalls von den Regierungstruppen belagert ist, und wo offenbar Dutzende Menschen verhungert sind.
Positionen klären
Dass bis zum Ende der ersten Verhandlungsrunde am Freitag substantielle Ziele erreicht werden, erwartet Brahimi nicht. Dies sei der Beginn des Verhandlungsprozesses, er hoffe, bei der nächsten Runde im Februar werde strukturierter diskutiert. «Ich denke es war nötig, dass die Konfliktparteien (in dieser Gesprächsrunde) ihre Sichtweise, ihre Ängste und Hoffnungen klar ausdrücken konnten», sagte er. Am Mittwoch hatte er davon gesprochen, dass das Eis zwischen den beiden Delegationen langsam schmelze, wichtig sei, dass der Dialog anhalte.
Die Vertreter der Opposition hatten damals gesagt, es gebe einen «Schritt nach vorn», weil die Regierungsdelegation sich bereit erklärt habe, über die Genfer Erklärung vom Juni 2012 zu verhandeln. Diese hat einen Stopp der Kämpfe und die Bildung einer Übergangsregierung zum Ziel. Die Erklärung ist allerdings die offizielle Verhandlungsgrundlage, dem haben die beiden Lager allein mit ihrer Teilnahme an den Gesprächen in Genf bereits zugestimmt.
Oppositionsvertreter machten zudem Druck, dass als einer der ersten Punkte über die Übergangsregierung, also die Machtfrage, beraten wird. Brahimi winkte aber ab. Dies sei die heikelste Frage, darüber werde erst am Schluss verhandelt.
Keine Geheimverhandlungen in Bern
Obwohl Brahimi versucht, die Grossmächte, vor allem die USA und Russland, in die Verhandlungen einzubeziehen, indem diese die syrischen Delegationen zu Kompromissen drängen, stellte er keine grosse Änderung der Positionen fest.
Zu den vom katarischen Sender Al-Dschasira am Donnerstag verbreiteten Berichten, in Bern würden Geheimverhandlungen zwischen den USA, Russland, dem Iran und der syrischen Regierung stattfinden meinte der 80-jährige Brahimi: «Das wäre grossartig, dann könnte ich nach Hause gehen». Leider gebe es aber keine parallelen Verhandlungen. Am Freitagmittag wird die erste Runde der Syrien-Gespräche in Genf beendet. Danach werden sich die Aussenminister der USA und Russlands, John Kerry und Serge Lawrow, mit Brahimi und Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon an der Münchner Sicherheitskonferenz treffen.