Da diskutiert der Freisinn ausgiebig über eine Frauenquote. Und am Schluss brauchts stattdessen eine Kessler-Quote. Ja, Thomas Kessler, der neo-freisinnige Glamour-Politiker, hat es auf die Liste der FDP Basel-Stadt für die Nationalratswahlen 2019 geschafft.
Die Partei nominierte am Dienstagabend ihre Kandidatinnen und Kandidaten. Auf der Liste stehen: Luca Urgese, Dominique Marti, Nadine Gautschi, Christian Egeler und Thomas Kessler. Nicht nominiert wurden Daniel Seiler und Daniel Brunner-Ryhiner
Seiler opfert sich für Kessler
Kessler wurde auf den letzten Listenplatz gesetzt, und auch für den reicht es nur knapp. Und mit grossmütiger Anschubhilfe von Parteivize Daniel Seiler. Die beiden Männer erhielten von der Basis genau gleich viel Stimmen.
Grossrat Andreas Zappalà, der den Parteitag leitete, wollte schon zum Losentscheid schreiten, als sich Daniel Seiler erhob und sagte: «Ich verzichte auf eine Kandidatur zugunsten von Thomas Kessler.» Was ihn dazu trieb, behielt er für sich. «Dazu gebe ich Ihnen keine Auskunft», sagte er zur TagesWoche.
Dabei liegt Seilers Motivation auf der Hand: Er war es, der Kessler zur FDP holte. Die Partei braucht bekannte Köpfe, das hat sich in den letzten Wahlen gezeigt. Während die FDP schweizweit zulegte, holte 2015 in Basel-Stadt eine andere Kraft die liberalen Wählerinnen und Wähler ab: die LDP. Und so schnappte LDP-Urgestein Christoph Eymann Daniel Stolz den Nationalratssitz weg.
Waffe im Kampf gegen die LDP
Und so war es auch bei den kantonalen Wahlen 2016, als die FDP zwei Grossratssitze an die LDP (plus 4) verlor und Baschi Dürr das schlechteste Resultat aller Regierungsräte machte. Er musste zusammen mit Hans-Peter Wessels (SP) eine Extrarunde drehen.
Den verlorenen Nationalratssitz will die FDP nächstes Jahr zurückholen. Ein schwieriges Unterfangen, angesichts des bröckelnden Zusammenhalts der bürgerlichen Parteien. Einige Freisinnige, allen voran Daniel Seiler, sehen ihr Heil in Thomas Kessler. Weil er provokante Vorschläge zu jedem beliebigen Thema von der Ausländerpolitik bis zur Underdog-Rolle von Basel in Bundesbern abgibt und das erst noch druckreif. Da kann kaum ein Medium widerstehen, die einen holen in als Berater, welcher der Redaktion dreinreden darf, die anderen arbeiten sich an seiner Freude am Scheinwerferlicht ab.
Kessler ist das, was der FDP offenbar fehlt. So weibelte David Friedmann vom FDP Quartierverein Grossbasel Ost vor der Wahl im Zunftsaal für Kessler: «Mit ihm haben wir Medienpräsenz. Mit ihm als Kandidaten können wir unsere Partei in den Vordergrund rücken.»
Und Daniel Allemann sagte: «Wir müssen jetzt strategisch überlegen. Wenn wir eine Chance auf den Sitz haben wollen, müssen wir Thomas Kessler auf die Liste setzen.»
Die Kessler-Kritiker stimmten leise ab
Gegenstimmen? Gab es keine. Zumindest keine lauten. Dennoch überrascht es nicht, dass Thomas Kessler es nur knapp auf die Liste schaffte. Die FDP-Basis entscheidet immer wieder mal am Vorstand vorbei. Und es gibt durchaus Parteimitglieder, die es nicht so toll finden, wie Kessler zu seiner Rolle in der FDP gekommen ist: ruckzuck und mit viel Tamtam.
Kaum war er, der ehemalige Drogendelegierte, in der Partei, machte die FDP national mit einem Parteiprogramm Furore, das die Legalisierung aller Drogen fordert. Dahinter können nicht alle Freisinnigen stehen. Lieber sehen sie Fasnächtler und Zünftler auf der Liste, welche die übliche Ochsentour durch die Partei absolvieren mussten, bevor sie als Kandidaten hofiert wurden.
Viel überraschender als Kesslers knappe Wahl ist deshalb, wie elegant die FDP zwei Frauen auf ihre Liste hievte. Vor der Wahl hatte Andreas Zappalà versucht, der Basis eine Frauenquote beliebt zu machen und mindestens einen Frau auf die Liste zu setzen. Unterstützt von FDP-Frau und Vorstandsmitglied Karin Sartorius, die sagte: «Wir brauchen einen Frauensitz. Die letzten Grossratswahlen haben gezeigt, dass wir nicht fähig sind, Frauen zu wählen, auch wenn sie qualifziert sind.»
Zwar haben die Freisinnigen jetzt eine Frau im Grossen Rat, dies aber nur dank Parteiwechslerin Martina Bernasconi, die von der GLP zur FDP hüpfte. Trotzdem hatte der Jungfreisinnige Titus Hell in der Safranzunft die Mehrheit hinter sich, als er sagte: «Wir leben im 21.Jahrhundert. Wir sind vernünftig genug, auch ohne Quote zwei Frauen auf die Liste zu wählen.»
Er sollte recht behalten: Dominique Marti und Nadine Gautschi wurden gekürt. Zwar nicht auf den ersten Listenplatz – den hat Parteipräsident Luca Urgese – aber immerhin auf den zweiten und dritten. Und das ganz ohne Anschubhilfe.