Was Konsumenten schon lange fordern, unterstützt jetzt auch offiziell das Gesundheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt: dass Restaurants und Lebensmittelläden dazu verpflichtet werden, die Ergebnisse der erfolgten Inspektionen sichtbar zu machen.
Um es vorwegzunehmen: Die Anforderungen an die Hygiene für Beizen und Lebensmittelläden sind in der Schweiz hoch, sehr hoch. Wahrscheinlich würden bei einer Inspektion nur wenige private Haushalte mit einer guten Note abschneiden. Insofern kann man das, was uns hierzulande vorgesetzt wird, bedenkenlos geniessen. In der Regel. Denn ein paar schwarze Schafe, respektive ein paar Grüsel, macht der Inspektor immer wieder mal aus. Zahlen dazu präsentierte heute Dienstag der Kantonschemiker des Kantons Basel-Stadt, Philipp Hübner, den Medien: Von den total 2657 Betrieben, die der Lebensmittelgesetzgebung unterstehen, erfüllten im vergangenen Jahr 2441 die hygienischen Anforderungen.
Für Anne Lévy, Leiterin des Bereichs Gesundheitschutz, ist das «insgesamt ein zufriedenstellendes Resultat. Aber: Bei 208 Betrieben wurde die Gefahrenstufe als «gross», bei acht sogar als «sehr gross» beurteilt. Zwei Betriebe seien geschlossen worden, elf mussten Teilbereiche schliessen. Die Konsequenz für alle, bei denen jeweils gröbere Mängel festgestellt werden, ist, dass sie so lange und in kurzen Zeitabständen nachkontrolliert werden, bis diese Mängel beseitigt sind. Und diese Kontrollen sind kostenpflichtig, das Interesse des Unternehmers, möglichst schnell eine gute Note zu erzielen, dürfte damit gegeben sein.
Zeitpunkt bewusst gewählt
Doch der Konsument erfährt nie, ob zum Beispiel sein Lieblings-Pizzastand um die Ecke davon betroffen ist oder nicht. Gemäss dem eidgenössischen Lebensmittelgesetz (siehe Hintergrund des Artikels) gilt für Lebensmittelkontrolleure die Schweigepflicht. Das heisst, sie dürfen die Namen der beanstandeten Betriebe nicht bekannt geben. Schon lange fordern deshalb Konsumentenorganisationen eine Änderung dieser Regelung. Der Konsument habe ein Recht darauf, zu erfahren, ob in einem Restaurant sauber oder unsauber gearbeitet werde, so ihr Argument. Nun stellt sich auch das Gesundheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt hinter diese Forderung.
Wie die Zahlen der letzten Jahre zeigten, so Lévy, verstosse zwar nur ein kleiner Anteil aller Betriebe gegen die Hygienevorschriften, aber dieser sei konstant. Wenn man die Beanstandungsquote weiter senken wolle, so Lévy, brauche es mehr als das jetzt geltende Recht zulasse. «Dafür bedarf es der Einführung des aktiven Öffentlichkeitsprinzips.» Beispiele aus anderen Ländern führten vor, wie positiv sich die Offenlegung der Kontrollergebnisse auswirke. Nicht nur auf die Hygiene, betonte Anne Lévy, sondern auch auf das Geschäftsergebnis – weil ein Wirt mit guten Noten auch mehr Gäste anzieht.
Dass das Basler Gesundheitsdepartement diese Forderung gerade jetzt öffentlich macht, ist nicht zufällig. Denn derzeit diskutiert in Bern die Kommission für Gesundheit und soziale Sicherheit die Revision des aus dem Jahr 1992 stammenden Lebensmittelgesetzes, und die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips ist ein wichtiger Teil dieser Diskussion. Und weiterhin sehr umstritten. Bei den für die Kontrolle zuständigen Ämtern in der Kantonen sei die Haltung etwa halb-halb, sagte der Basler Kantonschemiker Philipp Hübner.
Verschiedene Interessen
Wie eine Nachfrage in der anderen Basler Kantonshälfte ergab, outet sich sein Kollege zwar nicht gerade als Gegner des aktiven Öffentlichkeitsprinzips, aber doch zurückhaltend. «Ob Offenlegung oder Schweigepflicht, wir können prinzipiell mit beiden Regelungen leben», meinte der Baselbieter Kantonschemiker Peter Wenk. Die Kontrollen blieben wichtigster Bestandteil für eine gute Hygiene. Er habe keine Vorbehalte gegen das aktive Öffentlichkeitsprinzip, so Wenk, darüber habe ohnehin die Politik zu entscheiden, er wolle nur zu bedenken geben, dass die Rahmenbedingungen für alle stimmen müssten. «Es geht einerseits um das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit, aber auch um das Interesse des Unternehmers.» Immerhin handle es sich bei den gröber beanstandeteten Betrieben um einen kleinen Prozentsatz. Von den 2012 im Kanton Baselland 461 kontrollierten Betrieben habe man sechs nachkontrollieren müssen.
Umgehend nach der Medienkonferenz des Basler Gesundheitsamts meldete sich der Wirteverband Basel-Stadt mit einem Communiqué zu Wort. Und unmissverständlich gab der Verband gleich mit dem Titel seine Haltung gegenüber der geforderten Deklarationspflicht der Inspektionsergebnisse bekannt: «Hygiene-Pranger: Ein Schritt zurück ins Mittelalter.» Lebensmittelkontrollen seien stets Momentaufnahmen, Fehler passierten überall, wo Menschen arbeiteten. Deswegen ein Restaurant öffentlich zu brandmarken und dauerhaft zu schädigen sei unverhältnismässig und unnötig. Man darf gespannt sein, wie die Diskussion weitergeht und wohin sie letztlich führt.