Die Zivilschutzorganisation Basel-Stadt liess Zivilschützer ein asbesthaltiges Gebäude abreissen. Dabei kam es zu einem gravierenden Vorfall, bei dem krebserregende Asbestfasern freigesetzt wurden. Doch statt zu handeln, bestreiten die Behörden jede Gefahr.
Obwohl die Behörden Asbest längst verboten haben, ist es in alten Gebäuden noch häufig anzutreffen. «Das hat gravierende Konsequenzen», warnt die Schweizerische Unfallversicherung Suva. Trotzdem schickte die Zivilschutzorganisation Basel-Stadt Ende August Zivilschützer in einen Asbest-Einsatz. Vergeblich hatten die Zivilschützer gegen den gefährlichen Einsatz protestiert. Doch selbst nachdem die TagesWoche den Fall publik gemacht und über einen gravierenden Zwischenfall berichtet hatte, beschönigen die Behörden den Vorfall, statt zu handeln.
Inzwischen haben sich mehrere am Einsatz beteiligte Zivilschützer bei der TagesWoche gemeldet. Sie bestätigen alle übereinstimmend, dass ein Arbeiter der Gemeinde mit einem Vorschlaghammer asbesthaltige Fassadenplatten in einer Mulde zertrümmert hat. Eine Todsünde. Denn asbesthaltige Platten dürfen auf keinen Fall zerschnitten, gefräst, zersägt, zerbrochen oder anderweitig beschädigt werden, sonst werden sofort giftige Asbestfasern freigesetzt. Gelangen diese in die Lunge, können schon kleine Mengen in zehn oder zwanzig Jahren Krebs und die Staublungenkrankheit Asbestose auslösen.
Zivilschutz widerspricht Zivilschützern
Die Zivilschutzorganisation bestätigt: Nachfragen aufgrund der TagesWoche-Recherchen hätten ergeben, dass ein Gemeindearbeiter Eternitplatten in der Mulde zerschlagen habe. «Zu diesem Zeitpunkt hielten sich keine Schutzdienstpflichtigen im Bereich der Mulde auf.»
Diese Aussage verschlägt den Asbest-Zivilschützern die Sprache: Das stimme schlicht nicht. Sie seien damit beschäftigt gewesen, die alte Lagerhalle der Gemeinde Göschenen abzureissen, als der Gemeindearbeiter begonnen habe, das Asbest-Material zu zertrümmern. «Viele von uns waren keine zehn Meter entfernt», bestätigen sie übereinstimmend.
Doch das ist nicht die einzige Ungereimtheit: Die Zivilschutzorganisation Basel-Stadt behauptet auch, Instruktoren hätten beim Arbeitsstart «explizite und detaillierte Anweisungen» für die Behandlung und Demontage von Eternitplatten erteilt. Die Zivilschützer hingegen sagen, ein Vertreter der Gemeinde hätte ihnen nur gesagt, sie sollten vorsichtig mit den Platten umgehen. Wie «detailliert» diese Anweisungen waren, zeigt nur schon, dass die Zivilschützer die Platten nicht befeuchtet haben. Dazu rät jeder Fachmann: Um den Staub zu binden und damit bei beschädigten Platten möglichst wenig giftige Fasern freizusetzen.
Zürcher handelten umgehend
Mit dem gravierenden Vorfall konfrontiert, bleiben die Basler Behörden weiterhin untätig. Zum Vergleich: In Zürich räumten Zivilschützer vor rund einem Jahr ein ehemaliges Schrebergartengelände in Zürich-West. Auch dort stiessen die Zivilschützer auf asbesthaltige Eternitplatten. Als über die Hälfte der sechzig Pioniere in den Streik trat, stoppten die Verantwortlichen den Einsatz umgehend. Zusammen mit Fachleuten der Stadt Zürich fand schon am nächsten Tag eine Begehung statt. Dann brach die Leitung den Einsatz ab. «Das Risiko, dass beim Abbau weitere Eternitplatten zerstört und Asbestfasern freigesetzt würden, war uns zu gross», erklärt Sprecher Roland Portmann.
Doch damit nicht genug. Der Zürcher Zivilschutz bot allen im Einsatz stehenden einen kostenlosen Gesundheitscheck an, gab bei der Suva umgehend einen Bericht in Auftrag, um gesundheitliche Folgen abzuklären. Die Suva untersuchte daraufhin Kleider von Zivilschutzangehörigen und nahm Proben auf dem Gelände. Schutz & Rettung bestellte zusätzlich ein externes Gutachten, um zu erfahren, wie es überhaupt zu diesem Einsatz kommen konnte. Die Ergebnisse des Gutachtens wurde letzte Woche veröffentlicht: Die Gutachterin ortete dabei erhebliche Fehler beim verantwortlichen Kader.
Nicht einmal eigene Fachleute kontaktiert
Und in Basel? Eine Nachfrage bei der für Asbest zuständigen Fachstelle des Amtes für Umwelt und Energie zeigt: Bis heute hat der Zivilschutz nicht einmal die Fachleute der eigenen Kantonsverwaltung kontaktiert. Die Suva über den Vorfall informiert hat nicht etwa die Zivilschutzorganisation, sondern am Asbest-Einsatz beteiligte Zivilschützer. Dabei würde die Suva ihre Hilfe gerne anbieten, wie sie auf Anfrage der TagesWoche bestätigt: «Was die Suva den Verantwortlichen unterstützend anbieten kann, ist die Erstellung einer neutralen Einschätzung der Asbestbelastung, die bei den Arbeiten anzunehmen war.»
Die Suva könnte abschätzen, wie stark die Belastung im Worst-Case war und die Zivilschützer aufklären, wie gravierend sich der Asbest-Einsatz auf ihre Gesundheit auswirkt. Stattdessen bleiben die Zivilschützer weiter im Ungewissen darüber, wie gesundheitsschädigend ihr Dienst in den Alpen tatsächlich war.