Asylunterkunft Bettwil kommt nicht

Der Bund kann in der Militäranlage im aargauischen Bettwil aus rechtlichen Gründen keine Asylunterkunft mit bis zu hundert Asylbewerbern einrichten. Zu diesem Schluss kommt der Rechtsdienst des Aargauer Regierungsrates.

Bettwil wehrte sich monatelang gegen die Asylunterkunft. (Bild: Stefan Bohrer)

Der Bund kann in der Militäranlage im aargauischen Bettwil aus rechtlichen Gründen keine Asylunterkunft mit bis zu hundert Asylbewerbern einrichten. Zu diesem Schluss kommt der Rechtsdienst des Aargauer Regierungsrates.

«Nein, niemals, nie»: Was die Dorfbewohner von Bettwil AG vom geplanten Asylzentrum mit achtzig bis hundert Asylbewerben halten, machten sie auf Transparenten und Plakaten unmissverständlich klar. Ihr Protest hat jetzt gefruchtet, wenn auch nicht auf politischer, sondern auf juristischer Ebene.

Der Gemeinderat und das Kommitee gegen die Asylunterkunft hatten vor ein paar Wochen Rechtsgutachten vorgelegt, die zum Schluss kamen, dass ein Asylzentrum aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei. Jetzt bestätigt der Rechtsdienst des Aargauer Regierungsrats diese Gutachten und kommt zum selben Schluss: Weil die Militäranlage ausserhalb der Bauzone liege, wäre für eine solche Umnutzung im grossen Stil eine Baubewilligung nötig. Diese Bewilligung wiederum könne gar nicht erteilt werden, weil die rechtliche Grundlage fehle. Der Regierungsrat stellt sich hinter das Gutachten des Rechtsdienstes und verzichtet auf die Asylunterkunft in Bettwil.

Für den Bund ist das Zentrum noch nicht vom Tisch

Damit kommt von insgesamt vier rechtlichen Gutachten, einzig jenes im Auftrag des Bundesamtes für Migration zum Schluss, eine Umnutzung wäre rechtlich möglich. Michael Glauser, Sprecher des Bundesamtes, betont, noch sei die geplante Asylunterkunft in Bettwil nicht vom Tisch. Es liege lediglich ein weiteres rechtliches Gutachten vor, mit der sich die Arbeitsgruppe «Asylunterkunft Bettwil» befassen müsse. Diese setzt sich zusammen aus Vertretern von Bund, Kanton, Gemeinde und Mitgliedern des Kommitees gegen die geplante Unterkunft.

Doch weil sich jetzt auch der Aargauer Regierungsrat hinter das Gutachten seines Rechtsdienstes und damit gegen das Asylzentrum stellt, verliert das Bundesamt für Migration seinen letzten Verbündeten. Dass sich das Bundesamt für Migration über die Meinung von Kantonsregierung, Gemeinde und drei Gutachtern hinweg setzt, scheint aber so gut wie ausgeschlossen, auch wenn der Sprecher des Bundesamtes für Migration lediglich von einer «schwierigen Ausgangslage» spricht und betont, im Mediencommuniqué (siehe Rückseite) stehe lediglich, die Militäranlage «könne nicht in beabsichtigter Form als Asylunterkunft genutzt werden.»

Der Bettwiler Gemeindeammann Wolfgang Schibler hingegen sagt: «Wir sind auf der Zielline.» Der Gemeinderat werde jetzt mit dem Kommitee gegen das Asylzentrum nicht mit Champagner, wohl aber mit Bier und Rotwein anstossen. «Der Bund wird es sich nicht leisten können, gegen den Willen von Kanton und Gemeinde am Asylzentrum festzuhalten und sich über die rechtlichen Gutachten hinweg zu setzen.» Trotzdem mischt sich in die Freude auch Ärger. Ärger darüber, dass die ganze Aufregung gar nicht nötig gewesen wäre, hätte der Bund die rechtliche Situation im Vorfeld sauber abgeklärt.

Bettwil ist überall

Die Militäranlage von Bettwil ist eine von vielen, die ausserhalb der Bauzone stehen. Hat der Entscheid des Aargauer Regierungsrats respektive das Gutachten seines Rechtsdienstes folglich Signalwirkung? Klar ist: Wenn das Militär eine Anlage nicht immer schon als Truppenunterkunft nutzte, gilt die Einrichtung einer Asylunterkunft juristisch als «Umnutzung». Für eine solche Umnutzung braucht es zwingend eine Baubewilligung. Bei Bauten ausserhalb der Bauzone kann eine solche nur gestützt auf das eidgenössische Raumplanungsgesetz erteilt werden. Und gemäss diesem sind Bauten ausserhalb der Bauzone nur erlaubt, wenn sie an einen Standort gebunden (Art. 24, Raumplanungsgesetz) sind, also nicht genau so gut anderswo gebaut werden könnten. Typisches Beispiel wäre ein Bauernhof. «Eine Asylunterkunft ist nicht an einen solchen Standort gebunden und kann deshalb ausserhalb der Bauzone auch nicht bewilligt werden», erklärt Alt-Kantonsgerichtspräsident Peter Meier.

Artikelgeschichte

Artikel mehrfach ergänzt: Stellungnahme des Bundesamtes für Migration, Gemeindeammann Bettwil, rechtlicher Präzedenzfall

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