Holz, Holz und nochmals Holz: Das ist seit knapp zwei Wochen auf dem Kasernenareal zu sehen. Wo momentan noch gemessen und gehämmert wird, soll das Begegnungszentrum des Theaterfestivals Basel ab Dienstag Zuschauer und Künstler mit Getränken und Imbiss beglücken.
Von Aussen sieht es aus wie das Konstrukt einer skurrilen Fantasiewelt. Beim Betreten des Holzgebildes begegnet man aber keinen Märchenfiguren, sondern Studentinnen (und ein paar Studenten) des Studiengangs für Innenarchitektur und Szenografie der Fachhochschule Nordwestschweiz. In verschiedenen Holzboxen schlagen sie Nägel in die Bretter und vermessen die Kanten.
«Wechselspiel» heisst das Konstrukt, das von Laura Nötzli gezeichnet wurde und in einem Wettbewerb siegreicher Entwurf hervorging. Alle Zweitsemestler des Studiengangs erhielten als Semesterarbeit den Auftrag, einen Vorschlag für das Festivalzentrum zu zeichnen.
Hier wurde die letzten zwei Wochen gebaut: Auf dem Kasernenplatz. (Bild: Melanie Wüthrich)
Innerhalb der Klasse wurden acht Studentinnen und Studenten ausgewählt, die ihren Vorschlag einer Jury des Theaterfestivals vorstellen durften. Dass sie zur Siegerin ernannt wurde, erklärt sich Nötzli ganz bescheiden mit finanziellen und bautechnischen Gründen: «Mein Vorschlag war realistisch. Ausserdem werden in meiner Idee nur wenige Bretter zersägt.»
Warum ist das wichtig? Weil jedes zersägte Brett Geld kostet. Die 20 Tonnen Holzbretter, jeweils fünf Meter lang und 30 Kilogramm schwer, dürften so manch einem Basler bekannt vorkommen. Es handelt sich nämlich um die Holzbretter, die an der Herbstmesse als Untergrund dienen. Da diese nach dem Festival wieder ihrem ursprünglichen Zweck dienen sollen, sind nur ganze Bretter von Nutzen.
Holz, Holz, Holz. Und Bäume. (Bild: Melanie Wüthrich)
20 Frauen am Werk
Auf dem Bau herrscht fast ausschliesslich Frauen-Power. Das liegt weniger an einer emanzipatorischen Haltung gegenüber der Geschlechterverteilung in der Berufswelt, sondern eher an einem klischeehaften Frauenanteil des Studiengangs: Die Klasse besteht aus 20 Frauen und 2 Männern. «Da mussten wir uns schon ein paar Hilfskräfte suchen, gerade um die schweren Bretter zu heben», sagt Nötzli. Über Crowdfunding haben sie ausserdem Geld gesammelt, um einen Zimmermann bezahlen zu können. Gerade für Sicherheitsfragen sei das hilfreich gewesen, so Nötzli.
Die Rolle des Bauherrn, oder in diesem Fall der Bauherrin, hat Nötzli selbst übernommen. Für die gute Stimmung ist aber die ganze Klasse verantwortlich: «Es ist zwar mein Projekt, aber es haben alle mit Vollgas mitangepackt», sagt Nötzli.
Ab Dienstag öffnet hier die Bar, betrieben vom Turbinenhaus in der Aktienmühle. (Bild: Elin Fredriksson)
Dabei ist es für die meisten das erste Mal, dass sie selbständig an einem szenografischem Projekt arbeiten. «Wir haben sehr viel Verantwortung. Ich bin froh, dass ich schon ein bisschen Erfahrung habe», sagt Nötzli, die vor dem Studium als Dekorationsgestalterin arbeitete.
Moderne Bühnenräume
Inspiriert wurde die 29-jährige von verschiedenen Bühnenarten, die es im Laufe der Theatergeschichte gegeben hat: «Es gibt die runde Shakespeare-Bühne, die Simultanbühne mit mehreren Kulissen nebeneinander und den klassischen Guckkasten, wo Zuschauerraum und Bühne klar getrennt sind.» Die Holzboxen, die man beim Betreten des Gebildes durchquert, erinnern an eine klassische Bühne: «Alle Raumideen haben die Arbeit beeinflusst, doch hauptsächlich bin ich vom klassischen Guckkasten ausgegangen.»
Der prallen Sonne ausgesetzt: Von Regen bis Hitzewelle mussten die Studenten in jeder Wetterlage im Freien arbeiten. (Bild: Maude von Giese)
Trotz der Wahl eines klassischen Theaterraums, spielt das moderne Theater auch eine wichtige Rolle in Nötzlis Konzept: «Im modernen Theater ist die Grenze zwischen Zuschauerraum und Bühne oft verschwommen, das hat mich interessiert.» Im Festivalzentrum wird es auch so sein: Alles ist offen, sitzt man in einem Raum, sieht man in den anderen. «Die Rollen von Akteuren und Zuschauern vermischen sich», erklärt Nötzli.
Viele Bretter und Schrauben – um die Sicherheit zu garantieren wurde ein Zimmermann angestellt. (Bild: Melanie Wüthrich)
In mitten der vielen Holzbretter befindet sich auch völlig unverarbeitetes Holz: Zwei grosse Baumkronen erstrecken sich zwischen den Raumkonstruktionen. So wie die Bäume scheinbar aus dem Holzkomplex herauswachsen, sollen auch die Möbel aus dem Boden spriessen: «In diesem Raum setzt man sich in ein Loch und der Boden wird zum Tisch», erklärt Nötzli. In einem anderen Raum hängen die Tische von der Decke herunter und nochmals eine Box weiter kann man sich in schaukelnde Stühle setzen.
Der Countdown läuft: Es fehlen noch die letzen Hammerschläge und der finale Schliff und dann kann das «Wechselspiel» angepfiffen werden. Dienstag Abend können sich die Besucher der beiden ersten Performances «Of all the people in all the world» und «Transforming Acts» vom hölzernen Begegnungszentrum überzeugen lassen. Fügt man noch die sommerliche Abendstimmung und die schrägen Künstlerfiguren hinzu kann man sich die skurrile Fantasiewelt auf dem Kasernenareal vorstellen.
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Theaterfestival Basel, Kaserne Basel Klybeckstrasse 1b, Eröffnung am 30. August ab 18.30 Uhr, weitere Vorstellungen 30. August bis 11. September